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Mayday

Mayday

Titel: Mayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas H. Block , Nelson DeMille
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Gehirn schien sich vom Körper gelöst zu haben und frei im Raum zu schweben.
    Seine Gehirnzellen starben an Sauerstoffmangel, aber ein einziger Gedanke strahlte in der Dunkelheit des Cockpits wie einLeuchtturm in finsterer Nacht. Seitdem Stuart Überschallflugzeuge flog, hatte er sich Gedanken über einen schlagartigen Druckabfall in Reiseflughöhe gemacht. Er wußte, daß er dann den Autopiloten ausschalten und die Maschine in den Sturzflug bringen mußte. Lieber sterben, als durch ein Wunder heil herunterkommen und taubstumm, blind, gelähmt, schwachsinnig weiterleben. Stuart dachte an seine Familie. Nein, lieber Gott, nur das nicht!
    Der Captain tastete nach dem Knopf am Steuerhorn, mit dem sich der Autopilot ausschalten ließ. Nein, das genügte nicht. McVary konnte ihn wieder einschalten. Stuart tastete weiter und fand den Schalter, den er eigentlich suchte: den Hauptschalter des Autopiloten, den es auf McVarys Seite nicht gab. Er schob die Schutzhaube zurück und spürte den kleinen Kippschalter zwischen den Fingern.
    Er zögerte. Sein Überlebenstrieb war stärker als sein aussetzender Verstand. Er mußte rasch handeln. Rasch! Aber was? Seine Finger rutschten von dem schwergängigen Schalter ab. Der Captain lehnte sich zurück und starrte nach vorn. Er runzelte die Stirn. Er hatte Kopfschmerzen. Irgend etwas beunruhigte ihn. Kaffee. Brasilien. Er sollte Kaffee aus Brasilien holen. Alan Stuart lächelte. Über sein Kinn lief ein dünner Speichelfaden.
    Der Autopilot steuerte die Straton 797 weiterhin präzise durch den vorprogrammierten Notabstieg. Sein Magnetspeicher und seine Elektronik spürten nichts von dem Sauerstoffmangel, unter dem die Menschen an Bord litten. Der Autopilot würde die Maschine auf 11 000 Fuß hinunterbringen, wo die Luft wärmer und sauerstoffreicher war, und den Kurs nach Tokio beibehalten. Das alles konnte er mühelos. Aber er konnte die Straton nicht landen.
    John Berry spürte die Wirkung der verdünnten Luft. Er hatte begonnen, zu hastig zu atmen. Jetzt hatte er stechende Kopfschmerzen und fühlte sich schwindelig. Er stützte sich auf den Waschtisch, bis er sich einigermaßen erholt hatte.
    Er richtete sich wieder auf und rüttelte erneut an der Tür. Sie gab noch immer nicht nach. Er fühlte sich zu schwach, um einen energischen Versuch zu machen. Sein Blick fiel auf seine abgenommene Armbanduhr. 11.04. Seit dem leichten Schlag waren erst zwei Minuten vergangen. Sie kamen ihm wie eine halbe Ewigkeit vor.
    Berry bearbeitete die Tür mit beiden Fäusten. »Aufmachen! Macht die verdammte Tür auf! Ich sitze hier fest!« Er legte ein Ohr an die Tür. In der Kabine waren seltsame Geräusche zu hören. Er klopfte weiter, mußte erschöpft eine Pause einlegen und nahm sich vor, einen weiteren Anlauf zu nehmen, sobald er wieder zu Kräften gekommen war. John Berry wußte, daß die Rettungsinseln für ihn unerreichbar waren, falls die Maschine im Meer notwasserte. Er würde ertrinken, falls das Flugzeug sank. Er nahm seinen schmerzenden Kopf zwischen die Hände und mußte sich plötzlich übergeben. Dann richtete er sich auf und atmete mehrmals tief durch, aber das Schwindelgefühl überrollte ihn wie eine gewaltige Woge. Als er sich Gesicht und Hände waschen wollte, fiel ihm ein, daß der Wasserhahn ausgelaufen war. Warum?
    In der Toilette schien es stetig dunkler zu werden, und er fühlte sich schwächer. Er sackte zusammen, empfand eine seltsame Euphorie und hatte die Gewißheit, daß der Tod nicht allzu schlimm sein würde. Das hatte er eigentlich nie geglaubt. Bruchstückhafte Erinnerungen zogen vor seinem geistigen Auge vorbei. Er erinnerte sich an seine Kindheit, dachte an seine Kinder und hatte Jennifer vor sich, wie sie früher gewesen war. Dann wurde es ihm schwarz vor den Augen.
    Die Klimaanlage versorgte die Toilette gleichmäßig mit unter Druck stehender, temperierter Luft. Sie entwich zum größten Teil durch die Türspalte, aber der Innendruck blieb trotzdem so hoch, daß die Tür sich nicht öffnen ließ. Und der Druckverlust ging so langsam vor sich, daß die Verhältnisse in dem kleinen Raum im schlimmsten Fall einer Flughöhe von 31 000 Fuß entsprachen.
    John Berry lag auf dem Fußboden zusammengesackt und atmete unregelmäßig. Fünf Minuten in einer Höhe von 31 000 Fuß hätten sein Gehirn unheilbar geschädigt. Aber der Autopilot brachte die Straton 797 rasch in tiefere Schichten.
    Um 11.08 Uhr, sechs Minuten nach dem Einschlag der Phoenix-Rakete, erreichte die

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