Mayra und der Prinz von Terrestra (German Edition)
niemand, der ihr, der Djuma helfen konnte. Immer noch tränenblind zog sie den Pfeil heraus, wohl wissend, dass es die Blutung noch verstärken würde, wenn sie den Pfropfen, den der Pfeil bildete und der das Blutgefäß teilweise verschloss, entfernte. Mayra zog den Pfeil heraus und sofort quoll ihr ein Strom Blut entgegen, hellrot, pulsierend, arterielles Blut, das sich mit Djumas Herzschlag verströmte. Weinend presste Mayra ihren Pullover auf die Wunde. Das half nicht viel. Der Pullover färbte sich rot.
Mühsam richtete Mayra ihre Aufmerksamkeit weg von dem Rot, weg von all dem Blut, das ihr über die Hände floss, und konzentrierte sich auf die innere Verletzung. Sie sah, sie spürte die zerrissene Ader in Djumas Brust. Krampfhaft versuchte sie sich daran zu erinnern, was Djuma in der Hütte des Köhlers gesagt hatte. Sie musste dem Körper den Weg vorgeben, wie er sich selbst heilen konnte. Der Weg der Heilung war, dass die Ader das Loch in ihrer Wand schloss. Mayra stellte es sich vor, so genau sie konnte. Sie visualisierte, wie das Loch, wie es in diesem Augenblick war, sich schloss – und genau das tat es auch. Mayra verschluckte sich vor Schreck und dachte, sie hätte sich das eingebildet. Doch vor ihrem inneren Auge hatte sich die Hauptschlagader geschlossen und auch die anderen Adern und Äderchen reparierten sich nun wie durch Zauberhand.
Vorsichtig, ganz vorsichtig hob Mayra ihre Hand ein wenig an und schaute unter den Pullover. Es hatte aufgehört zu bluten! Die Wunde, die gerade noch weit offen klaffte, hatte sich geschlossen. Selbst der Riss in der Haut war gerade dabei, sich zu schließen. Sekunden später erinnerte nur noch eine hellrote Narbe daran, dass da eben noch eine tödliche Verletzung gewesen war. Mayra fing an, gleichzeitig zu lachen und zu weinen, und beruhigte sich gerade wieder, als Djuma aufwachte.
Djuma schlug die Augen auf, brauchte einen Moment, erkannte Mayra, und ein Lächeln trat in seine Augen. „Hej!“, sagte er leise.
„Hej!“, grüßte Mayra zurück.
Djuma rappelte sich hoch auf die Ellenbogen. Einen Augenblick schaute er sich verwirrt um. Dann wusste er wieder, wo er sich befand. „Silvio!“, sagte er leise, so als ob er es nicht glauben konnte. „Hat wirklich Silvio auf mich …?“, fragte er.
Mayra nickte bedrückt. Djuma sah ungläubig an sich hinunter, wo auf seiner Lederjacke nur noch ein Schnitt und viel getrocknetes Blut zu erkennen war. „Und du hast mich gerettet!“, meinte er dann, fast zu sich selbst.
„Und du hast ihn gerettet“, sagte Mayra und sah ihn liebevoll an.
„Wen gerettet?“, Djuma war verwirrt.
„Den Pferdedieb!“
Djuma schien peinlich berührt. „Woher weißt du das denn?“, fragte er.
Mayra lächelte. „Auf die altmodische Art. Jemand hat es jemand berichtet, der es einem anderen weiter gesagt hat. Die hat es mir erzählt!“ Sie schüttelte den Kopf. „Warum hast du es mir nicht gesagt, dass du ihn freigelassen hast? Den ganzen Tag waren wir zusammen, um Loru und ihrem Kind zu helfen, und die ganze Zeit über warst du so was von abweisend und total unfreundlich!“
Als Djuma nicht sofort antwortete, setzte Mayra nach. „Dein Vater hat dich verletzt, Djuma. Abends in der Höhle bei Myrddin ging es dir so schlecht, dass ich Angst bekam. Und ich bin schuld! Ich wollte, dass der Pferdedieb gerettet wird. Aber ich wollte dich nicht in Gefahr bringen!“
Djuma richtete sich auf. Mit beiden Händen strich er ihr sanft die Haare aus dem Gesicht. Dann fasste er sie an den Schultern und sagte, während er ihr gerade in die Augen schaute: „Mayra, du bist an überhaupt nichts schuld. Gehandelt habe ich selbst und ich wusste, was ich tue. Ich wollte nie, dass durch ein Urteil, das ich ausspreche, ein Mensch stirbt. Aber es war von Anfang an klar, dass ich meinen Vater nicht enttäuschen kann. Bekomme ich ein Todesurteil vorgelegt, muss ich es bestätigen. Tue ich es nicht, kommt Silvio an die Macht – und mein Handlungsspielraum ist gleich null. Meine einzige Möglichkeit war, nach außen Philippus’ Befehl zu befolgen und heimlich mein Wissen zur Befreiung des Diebes zu nutzen!“
Mayra nickte. Ihr Herz zog sich zusammen, als sie sich daran erinnerte, dass Djuma ihr bei ihrem großen Streit versprochen hatte, dem Dieb werde nichts passieren. Sie hatte ihm nicht geglaubt.
Ohne Unterbrechung fuhr Djuma fort: „Warum ich dir nichts gesagt habe? Weil ich Angst hatte, dich da mit hereinzuziehen. Und weil mein Plan nur
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