Mayra und der Prinz von Terrestra (German Edition)
reichen kurze Ärmel!“
Monde gab es keine. Das wiederum fand Mayra schade. Die fünffachen Mondaufgänge bei ihrem Onkel auf dem Landwirtschaftsplaneten XZ 13 hatte sie immer sehr genossen. Die Bevölkerung auf Terrestra schätzte ihr Großvater auf etwa 30 000 Personen. Die meisten siedelten in Dörfern und betrieben dort Landwirtschaft. Alle anderen lebten in der einzigen Stadt Terrestras, die gleichzeitig Regierungssitz war. Es gab in den Wüstenregionen auch einige Nomadenstämme, über die noch keine näheren Informationen vorlagen, deren Mitgliederzahl vermutlich aber gering war.
Die Sozialstruktur gab noch Rätsel auf. „Fein!“, brummte Mayra vor sich hin. So hatte sie ein Studienobjekt. Neben der Königsherrschaft, die ihr Großvater schon erwähnt hatte, gab es einige reiche Familien, die anscheinend über bedeutenden Einfluss verfügten. Ihr Großvater war sich noch nicht sicher, ob die Zugehörigkeit zu diesen vor allem in der Stadt mächtigen Familien über Geld oder über Vererbung erfolgte. Die Königsherrschaft erfolgte eindeutig über Vererbung. Soweit Rogers erkennen konnte, sogar nur über die männliche Nachkommenschaft. „Kann ja wohl nicht wahr sein!“ Mayra hielt das eindeutig für einen Recherchefehler oder einen merkwürdigen Zufall. Einen Menschen qua Geschlecht von etwas auszuschließen, erschien Mayra völlig absurd.
Ihre Mutter kam in Mayras Zimmer, wie üblich ohne anzusummen. Sie ging zu ihr, hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und meinte: „Du musst ins Bett, Kleines! Morgen ist noch mal Schule. Da willst du doch konzentriert sein.“
Mayra protestierte kurz. Doch dann ging sie ins Bad, zog sich ihren Schlafanzug an und setzte sich wieder an ihren Rechner. Die Vegetation und die Tierwelt auf Terrestra im Standardjahr 10210 war vermutlich eine Kreuzung aus der von den Kolonisten ursprünglich vorgefundenen und den mitgebrachten Nutztieren und -pflanzen. Um die einzelnen Dörfer wuchs naturbelassener Wald, der teils als Nahrungsquelle für Schweineabkömmlinge genutzt wurde. Andere Teile des Waldes waren nahezu undurchdringlich, von der Föderation noch nicht erforscht und daher als Gefahrenzone deklariert. „Ein Wald, der noch von keinem Menschen betreten wurde.“ Das war für Mayra eine seltsame Vorstellung. Sie musste feststellen, dass es auch eine reizvolle Vorstellung war. Mayra musste grinsen. Das durfte sie ihrer Mutter nie sagen. Die hätte ihr den Ausflug nach Terrestra sofort verboten.
Bei der Liste der Nutztiere fand Mayra auch Pferde. Das beruhigte sie ungemein. Pferde waren so freundliche Tiere, da konnte Terrestra nur ein angenehmer Aufenthaltsort sein. Den letzten Gedanken fand Mayra selbst etwas verdreht. Sie gestand sich ein, dass sie müde war, reckte sich ein wenig und stand auf. Kurz schaute sie auf die Gleiter draußen, die durch die Nacht flitzten, ohne dass es jemals ein Aufhören des Verkehrs gab. Mayra gähnte und ging ins Bett. Über dem Gedanken, wie wohl die Medizin auf Terrestra funktionierte, ohne Diagnosecomputer und ohne Medikamente in Fabriken herstellen zu können , schlief sie ein.
Kapitel 15
Der Morgen in der Schule zog sich endlos hin. Alle sieben anderen in der Lernkammer kicherten, während sie gemeinsam etwas in der Spielwelt spielten, das Mayra nicht verstand und auch nicht verstehen wollte. Mitspielen mochte sie nicht, aber einsam fühlte sie sich trotzdem. Ihre Mutter hatte darauf bestanden, dass Mayra ihr Schulpensum durchbekam, obwohl sie drei Tage vor Ende des Schuljahrs nach Terrestra abfliegen würde. Mayra konzentrierte sich so gut sie konnte und versuchte, die ihr vom Lerncomputer gestellten Aufgaben in Rekordzeit zu lösen, was ihr ganz gut gelang. Geschichte und Aufbau der Föderation hatte sie fertig, die lästige Integralrechnung auch, ebenso wie Unionssprache für Fortgeschrittene. Blieben für den Nachmittag noch Chemie, Biologie und Physik. Das waren Fächer, wo sich Mayra keine Sorgen machte, schnell fertig zu werden. Sie hatte so viel über Tiermedizin gelernt, dass sie fast schon das Wissen aus dem Grundstudium hatte. Alles, was für ihre Altersklasse an Wissen vorgesehen war und nur irgendwie in Physiologie hineinspielte, beantwortete Mayra, ohne auch nur nachdenken zu müssen.
In der Mensa blieb Mayra mittags nichts anderes übrig, als sich mit dem Essen zufriedenzugeben, das ihr Fingerabdruck an Bestellung zuließ. Appetit hatte sie sowieso nicht. Dazu war sie wegen ihrer Reise nach Terrestra zu aufgeregt.
Weitere Kostenlose Bücher