Mayra und der Prinz von Terrestra (German Edition)
in seinem Rücken nicht sehen konnte, musste Myrddin sie gehört haben, denn er sagte: „Setz dich. Ich bin gleich fertig.“ Still setzte sich Mayra auf die freie Bank rechts von Myrddin und sah zu, wie er die Hand verband und der Frau eine Salbe in einem Tontopf mitgab. Beide, die Patientin und ihr Begleiter, waren einfach gekleidet. Hose und Rock waren an den Rändern zerfranst, wenn auch sauber. Schuhe trugen sie keine. Neugierig linste die Frau unter ihren Lidern zu Mayra hinüber, aber Myrddin stellte sie nicht vor, und Mayra war das auch ganz recht. Für seine Dienste bekam Myrddin einen großen Schinken überreicht, den dieser mit einem Kopfnicken dankend annahm.
Als die beiden weg waren, wandte sich Myrddin an Mayra: „Fasse nie eine mannshohe Pflanze mit einem Stängel an, der große sechszackige Blätter trägt. Sie verätzt die Haut. Was Terrestraner eigentlich wissen müssten.“ Er machte eine kleine Pause und fuhr dann fort: „Aber diesmal bist du nicht gekommen, um Ratschläge über Pflanzen zu erhalten, nicht wahr?“
Mit einer Gewalt, die Mayra selbst überraschte, brach es aus ihr heraus: „Gestern war ich mit Djuma unterwegs. Und da waren plötzlich die Soldaten, und die haben Djuma abgeführt. Wie einen Verbrecher und er hat mir Halda geschenkt.“ Mayra bremste sich. Nach einer kleiner Pause brachte sie heraus: „Ich rede Unsinn. Entschuldige.“ Myrddin schüttelte kaum merklich den Kopf, und irgendwie fand Mayra dadurch den Mut weiterzureden. „Ich habe seither nichts mehr von ihm gehört. Weißt du etwas?“ Myrddin schwieg einen Augenblick und schaute sie einfach nur offen und sanft an. Allein dadurch, merkte Mayra, verlangsamte sich ihr Herzschlag. Sie wurde ruhiger.
Dann sagte Myrddin: „Nein, ich habe keine Nachricht. Aber das ist für den jungen Mann auch nichts Ungewöhnliches.“
Die Enttäuschung, dass Myrddin auch nicht wusste, was passiert war, traf Mayra wie ein Schlag. Fieberhaft überlegt sie weiter, fragte dann: „Wo wohnt er? Wo sind seine Verwandten? Wen kann ich fragen?“
Der Alte nahm sich Zeit für seine Antwort. Dann meinte er: „Unser junger Freund ist von Soldaten abgeführt worden, sagst du.“
„Ja!“, bestätigte Mayra ungeduldig.
„Dann könntest du die Soldaten fragen. Sie haben ihr Quartier oben im Palast. Im ersten, dem Außenhof.“ Der lange Rothaarige fiel Mayra ein. Sie hatte nicht die geringste Idee, wie sie an den Wachen vorbei in das Quartier der Soldaten kommen sollte. Aber sie war entschlossen. Diesen Mann würde sie finden!
„Wie geht es deinen Händen, deinen Füßen? Sind sie wärmer?“, fragte Myrddin.
Mayra nickte. „Ja. Besser!“ Myrddin lächelte in sich hinein. Es war klar, dass er es nicht anders erwartet hatte. Fredi fiel Mayra ein. „Da ist noch etwas.“ Mayra zögerte kurz. „Kannst du auch jemand helfen, der auf einem anderen Planeten lebt?“, fragte sie dann.
Myrddin schaute sie aufmerksam an. „Aus der Entfernung einen Eindruck davon zu bekommen, was einem Menschen fehlt, ist schwierig. Es kommt darauf an, wie gut jemand den Leidenden beschreiben kann.“ Sofort fing Mayra an, von Fredi zu erzählen. Manchmal suchte sie nach Worten, weil ihr Vokabular in Terrestranisch immer noch begrenzt war. Aber was ihr nicht einfiel, umschrieb sie, und sie gab Myrddin, der immer wieder Fragen stellte, ein so genaues Abbild von Fredi, dass der Heiler schließlich nickte.
„Ich würde deinen Freund gerne einmal kennenlernen. Er scheint ein sehr zarter und ein sehr liebevoller junger Mann zu sein. Mit viel Mut!“, sagte er zu Mayras Überraschung.
„Ja“, bestätigte sie leise. „Das trifft es.“
Myrddin stand auf und kam kurz danach mit einem Beutelchen und einem Tongefäß zurück. Sorgfältig erklärte er Mayra, wie der Tee für Fredis Verdauung zuzubereiten sei und wie man einem Essen die Paste aus Wurzeln beimengt, die helfen sollte, Fredis Nerven neu aufzubauen. „Vor dem Schlafengehen soll Fredi noch eine Übung machen. Sich hinlegen, so gut er kann, entspannen. Und dann sich vorstellen, sein ganzer Körper bestehe aus blauem Licht und dann, wenn es sich gut anfühlt, so als ob er aus silbrig-weißem Licht bestehe.“ Mayra nickte. Sie hatte sich alles sehr genau gemerkt. Die Übung kam ihr zwar höchst seltsam vor, aber das mit den Farben gefiel ihr, und es konnte sicher nicht schaden. Mit den Medikamenten war es kritischer. Die waren entgegen jedem in der Föderation herrschenden medizinischen Standard
Weitere Kostenlose Bücher