Mayra und der Prinz von Terrestra (German Edition)
noch nie gesehen hätte.“ Sie stellte sich neben den Kopf der Stute, nahm die Zügel kurz, gab ein kurzes Kommando: „Komm!“ und ging mit energischem Schritt vorwärts. Diesmal folgte ihr Halda, wenn auch immer noch schnaufend und mit geblähten Nüstern. Beide gingen in die Schleuse. Die äußere Tür schloss sich, die Luft wurde ausgetauscht und die innere Tür öffnete sich. Halda drängte so schnell nach draußen, dass Mayra anfangen musste zu laufen, um nicht von ihr umgerissen zu werden. Nun standen sie auf dem Stück Wiese zwischen Schleuse und dem Missionsgebäude. Hier könnte Halda bleiben, hätte eine schöne große Weide. Aber natürlich musste Mayra erst um Erlaubnis fragen. Zu spät fiel ihr ein, dass ihr Großvater vielleicht nicht begeistert davon war, dass sie Halda, also etwas nicht Sterilisiertes aus Terrestra, einfach durch die Schleuse nach innen gebracht hatte.
Ursula kam aus der Mission nach draußen. Sie trug ein besticktes, weiß gebleichtes Leinenkleid terrestranischer Fertigung. „Ja, was ist denn hier los?“, fragte sie schon von Weitem und fügte im Näherkommen hinzu: „Ich habe drinnen auf dem Monitor gesehen, dass du zurück bist. Mit einem Pferd.“ Sie war bei Mayra angekommen und sah sie fragend an. Mayra zuckte ein bisschen hilflos die Schultern. Es war gut, dass Ursula eine so geduldige Frau war, denn der Bericht, den Mayra nun gab, war einigermaßen verworren und durcheinander. Schließlich war Mayra am Ende angelangt, und Ursula drückte sie ein bisschen, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und meinte dann: „Das tut mir leid für dich. Dein Djuma schien mir so ein Netter! Vielleicht ist das Ganze auch nur ein dummes Missverständnis.“
Ursula betrachtete Halda nachdenklich. Mayra fragte ängstlich: „Meinst du, Großvater ist böse, dass ich Halda hereingebracht habe?“
Ihre Großmutter wiegte den Kopf. „Nein“, meinte sie bedächtig. „Wir müssen es ihm nur als Erfolg verkaufen, dass du nun, ohne gegen das Handelsverbot zu verstoßen, über ein zuverlässiges Transportmittel auf Terrestra verfügst.“ Sie machte eine kurze Pause und fügte dann hinzu: „Von den Soldaten erzählen wir ihm besser nichts. Sonst macht er sich nur im Nachhinein Sorgen – und es ist ja nichts Schlimmes passiert.“
Will kam durch die Schleuse, die zum Raumhafen führte, wie immer in Arbeitsuniform und wie immer leicht ölverschmiert. Sie wollte eigentlich direkt in das Wohngebäude, sah dann aber Ursula und Mayra und kam zu ihnen. Sie stemmte die Arme in die Seiten, betrachtete Halda und sagte: „Aha!“
„Wie Sie sehen, haben wir Zuwachs bekommen, Maat Williamsen“, kam es nonchalant von Ursula. „Ob wir wohl etwas im Materiallager haben, aus dem sich ein Zaun basteln lässt?“
„Und eine Tränke?“, ergänzte Will. Sie nickte, lachte in sich hinein. „Bin gleich wieder da!“
Will brauchte wirklich nicht lange, bis sie mit einem kleinen Transportgleiter wiederkam, auf dem Stangen, vier kleine Stabilisatoren und eine Ölwanne für einen Lastroboter gestapelt waren. Ursula und Mayra halfen ihr, die Stangen in einem Viereck auszurichten und dann mithilfe der Stabilisatoren drei Stangen auf jeder Seite übereinander bis auf Schulterhöhe aufzurichten. Will betrachtete zufrieden ihr Werk. Sie zeigte Mayra, wie sie die Stangen auf einer Seite senken konnte, indem sie einen der Stabilisatoren ausschaltete. Halda hatte sich an die neue Umgebung schon gewöhnt. Als ihr Mayra innerhalb der Umzäunung Sattel und Zaumzeug abnahm, fing sie sofort an, die frischen Grashalme abzurupfen. Will stellte ihr noch die blank polierte Ölwanne, die sie schon mit Wasser gefüllt hatte, in die Umzäunung und verschloss dann die Öffnung.
Mayra ging in ihr Zimmer. Sie musste jetzt unbedingt allein sein. Der Länge nach warf sie sich auf ihr Bett und legte sich einen Arm über die Augen. Diese Körperhaltung hatte sie schon als kleines Kind eingenommen. Es beruhigte sie irgendwie, wenn es ein bisschen dunkler wurde – und das, ohne dass man den Raum wirklich in Dunkelheit versetzen musste.
Ihr ganzes Inneres war in Aufruhr. Sie hatte sich bei Djuma so wohl, so sicher gefühlt. Was Mayra Angst machte, war der Ausdruck in Djumas Gesicht, als er sich von ihr abgewandt hatte. Da war so viel Trauer in seinem Blick gewesen. Und dann hatte er ihr auch noch Halda geschenkt. Im Nachhinein wirkte das wie ein Abschiedsgeschenk. Mit einem Ruck setzte Mayra sich auf. Das konnte doch gar nicht sein! Sie
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