Mayra und der Prinz von Terrestra (German Edition)
„Dinge schweben lassen, das können doch nur Königssöhne!“
Mayra beobachtete ihr Blatt, das sie oben in der Luft leicht hin- und herwiegte, und antwortete leise: „Dann haben es die Töchter von Nicht-Königen bisher nicht versucht.“
Mayra spürte einen leichten Zug an ihrem Blatt, ließ los, und Djuma ließ das Blatt zu sich schweben. Mayra gab ihm eine Rechtskurve, und eine ganze Weile ließen sie zusammen das Blatt tanzen. Schließlich zog es Djuma ganz zu sich und steckte es Mayra als Schmuck hinter die Ohren. „Schön!“, kommentierte er.
Forschend sah Djuma sie an. „Du kannst Gegenstände durch Magie bewegen. Und du beherrschst Telepathie. Du kannst Gedanken lesen, sie erahnen. Deswegen wusstest du auch so genau, welche Figuren wann kommen bei dem Tanz auf dem Ball.“ An den Tanz konnte sich Mayra nur sehr vage erinnern. Aber es stimmte. Sie hatte nie gezögert, hatte immer sicher ihre Schritte gesetzt, und das bei einem Tanz, den sie noch nie im Leben gesehen hatte. „Deswegen reitest du auch so gut“, fuhr Djuma sie weiter aufmerksam ansehend fort. „Weil du in der Lage bist, dich auf die Pferde einzustellen, ihnen gedanklich mitzuteilen, was du willst, nicht nur mit Gewicht oder Zügeln. Die Tiere wissen, was du von ihnen willst. Sie wissen es ohne Gewalt. Deswegen vertrauen sie dir und tun, was du willst.“
„Und genau deswegen bist du so geschickt darin, junge Pferde einzureiten“, stellte Mayra fest.
Djuma nickte nachdenklich. „Es ist eine feine Grenze dazwischen, mit anderen zu reden, in Gedanken, mit Tieren oder auch Menschen, mit ihnen zu reden und ihnen deinen Willen aufzudrücken. Sei vorsichtig, falls du je meinen Bruder Silvio triffst. Es könnte sein, dass er genau das bei dir probiert.“
„Und wie merke ich das?“ wollte Mayra wissen.
„Du wirst es merken!“ Djuma war sich da sehr sicher.
Plötzlich spürte Mayra, wie Djuma sie wortlos drängte aufzustehen. Instinktiv wehrte sie es ab, wie wenn sie eine Steinmauer vor dieses Drängen setzte. „Genau!“, lächelte Djuma.
„Uh, das ist aber kompliziert!“, entfuhr es Mayra.
„Nicht eigentlich kompliziert“, widersprach ihr Djuma. „Der Trick daran ist, möglichst entspannt zu sein – und dann genau zu wissen, was man will, ein starkes inneres Bild zu schaffen. Die Wirklichkeit folgt dann nach!“
„Zauberei!“, murmelte Mayra.
Djuma fing wieder an, Nüsse zu knacken. „Nenn es Zauberei, Magie, psychische Kräfte. Letztlich sind Gedanken etwas sehr Wirkliches.“
„Man kann sie sogar messen. Als elektrische Impulse“, bestätigte Mayra.
„Aha? Das wusste ich nicht. Aber passt doch!“
Mayra zeigte auf die Nüsse. „Kannst du die nicht mit Magie knacken?“
Djuma lachte. „Das könnte ich schon. Aber manche Sachen lassen sich immer noch einfacher von Hand erledigen.“ Er legte die Nüsse zur Seite. „Morgen muss ich den ganzen Tag auf unseren Reitplatz, um unsere neuen Pferde auszubilden. Von der Mission aus gesehen auf der anderen Seite der Stadt. Kommst du?“, fragte er mit einem Blick, der Mayra ganz durcheinanderbrachte! Schüchtern nickte sie.
Myrddin ritt auf die auf die Lichtung. Es war Zeit für Djuma aufzubrechen und Mayra wunderte sich nicht wirklich darüber, dass Myrddin genau zum richtigen Zeitpunkt zurückkam. Djuma stand auf, legte seinen Umhang wieder um und steckte das Goldband in eine Tasche. Inzwischen war Myrddin herangekommen. Djuma wandte sich seinem Mentor zu. „Mayra beherrscht Magie! Sie lässt Gegenstände schweben, beherrscht Gedankenübertragung, blockt mentale Angriffe ab. Unglaublich oder?“ Fassungslosigkeit schwang in Djumas Stimme mit.
Myrddin sagte darauf zunächst nichts. Er brachte erst das Pferd zum Stehen und saß ab. Dann sah er Mayra aufmerksam an. Die merkte, wie sie unruhig wurde unter Myrddins forschendem Blick und hatte Angst, dass sie schon wieder rot wurde. Doch dann sagte Myrddin: „Ja, warum nicht?“
„Aber das gab es noch nie! Das gab es noch nie, dass jemand außerhalb der Königslinie über magische Fähigkeiten verfügt!“, warf Djuma ein.
Myrddin wandte den Blick nicht von Mayra. Er lächelte und sagte: „Und dann auch noch eine Frau!“
Mayra fing an sich zu ärgern. Sie schaute von einem zum anderen und meinte: „Das ist doch aber auch logisch, oder? Wenn ein Mensch etwas kann, dann ist es wahrscheinlich, dass andere Menschen es auch können. Und dass nur Männer oder nur Frauen über eine bestimmte Begabung verfügen,
Weitere Kostenlose Bücher