Mayra und der Prinz von Terrestra (German Edition)
sie. „Ich bin entehrt!“
„Bitte?“ Mit diesem Begriff konnte Mayra nichts anfangen. „Entschuldige“, wandte sie sich daher an das Mädchen. „Ich bin nicht von hier und ich spreche eure Sprache nicht gut. Entehrt, was meint das?“
Die Terrestranerin starrte mit aufgerissenen Augen vor sich auf den Boden. Sie antwortete so leise, dass Mayra sie kaum verstehen konnte: „Er hat mir die Ehe versprochen. Versprochen. Und nun will er mich nicht mehr sehen.“
„Wer?“ Mayra war nun völlig verwirrt.
„Der Mann, den ich liebe!“, hauchte Doreena. „Ich bin schwanger!“, gestand sie plötzlich und sah Mayra ängstlich an.
„Das ist natürlich nicht schön, ein Kind aufzuziehen, wenn der Vater nicht da ist. Aber ist das so schlimm?“ Es war klar, dass das für Doreena ein echtes Problem war, aber Mayra verstand nicht ganz welches.
„Eine Edle kann kein Kind haben, ohne verheiratet zu sein! Das geht einfach nicht! Das gibt es nicht!“, rief Doreena. Mayra versuchte diesen Gedankengang nachzuvollziehen, aber es fiel ihr schwer. Das Mädchen merkte, dass Mayra ihr nicht folgen konnte. „Wie soll mein Vater seinen Platz im Stadtrat einnehmen, wenn erst alle in der Stadt wissen, dass seine Tochter ein Kind bekommt, ohne verheiratet zu sein?“, versuchte sie ihre Lage zu erklären.
„Weiß er es denn schon, dass du schwanger bist?“, fragte Mayra.
„Nein. Aber er wird es bald wissen, denn meine Mutter weiß es. Sie hat es heute Morgen herausbekommen! Sie wird es ihm sagen!“
„Weißt du was, Doreena?“ Mayra sprach bewusst langsam und deutlich, damit es auch bei dem verzweifelten Mädchen ankam. „Wir lösen jetzt ein Problem nach dem anderen. Erst bringen wir dich nach Hause. Dann kümmern wir uns um deinen Arm und dann machen wir uns Gedanken, was in Zukunft passiert.“ Energisch stand Mayra auf und holte Halda heran. „Komm!“, forderte sie Doreena auf und streckte ihr die Hand entgegen. „Wir können nicht ewig hier bleiben, oder?“ Nach einem kurzen Moment nahm Doreena Mayras Hand und ließ sich nach oben ziehen.
Mit geübtem Schwung hob die Terrestranerin sich, ohne dafür Hilfe zu brauchen, in den Sattel. Doreena ritt nicht zum ersten Mal. Mayra setzte sich hinter sie. Sie hielt Doreena mit dem rechten Arm und hatte die Zügel in der Linken. Ruhig ging Halda unter ihnen und ließ sich von dem Gewicht auch von zwei Personen nicht irritieren. Mayra erinnerte sich daran, dass genau so Djuma sie bei ihrer Begegnung nach Hause gebracht hatte, zu zweit auf einem Pferd. Nur war sie es damals gewesen, die schützend gehalten wurde. Damals, vor kaum mehr als einer Woche, war noch alles in Ordnung gewesen.
Kurz vor dem Stadttor fing Doreena an, lautlos an zu weinen. Sie erregten Aufmerksamkeit, zwei Mädchen auf einem Pferd, eine „Sternenfrau“ und eine weinende Terrestranerin, noch dazu eine aus edlem Hause. Die Leute auf den Straßen drehten sich nach ihnen um und fingen an zu tuscheln. Das war Mayra richtig, richtig unangenehm. Womöglich dachten die Terrestraner noch, dass sie selbst die Edle verletzt hatte. Immerhin war Doreena so weit beieinander, dass sie Mayra leise sagen konnte, welchen Weg sie nehmen sollten. Zu deren Erleichterung standen sie schließlich vor Doreenas Elternhaus.
Mayra schaute an der Häuserfassade nach oben, und obwohl sie auf Unionia natürlich an Bauwerke gewöhnt war, die um ein Vielfaches höher waren, war sie doch beeindruckt von der Pracht dieses Hauses, das eines der reichsten in der Stadt war. Das Erdgeschoss war aus Steinquadern gefügt. Darüber erstreckten sich weitere vier Stockwerke aus Fachwerk. Die Balken waren rot angestrichen und mit kunstvollen Schnitzereien verziert, der Putz dazwischen strahlte in makellosem Weiß. Die Schindeln auf dem geschwungenen Dach waren bunt glasiert. Lautlos schwangen die Türflügel des Eingangstores zurück. Zwei Diener in grüner Uniform wurden sichtbar, die sich verneigten und ihrer Herrin Einlass gewährten. Mayra war ein bisschen beklommen zumute, als sie absaß und dann Doreena aus dem Sattel half.
Mit gesenktem Kopf ging die junge Terrestranerin an den Dienern vorbei. Mayra folgte. Hinter der Tür öffnete sich eine Eingangshalle, von der aus eine Holztreppe mit geschnitzten Balustraden nach oben in den ersten Stock führte. Mit schnellen Schritten stieg Doreena die Stufen nach oben, so als ob sie es jetzt nicht mehr erwarten konnte, die Sache hinter sich zu bringen. Sie öffnete die Tür der Treppe
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