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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Uhr. Es war halb zwölf und die Hitze drückend.
    »Glauben Sie, daß sie um diese Zeit zu Hause ist?«
    Oscar wirkte verwirrt.
    »Natürlich, Sir.«
    »Ich möchte ihr einen Besuch machen. Bringen Sie mich hin?«
    Der Jaguar schlängelte sich aus Port Plaisance hinaus und fuhr an den Abhängen des Spyglass Hill, zehn Kilometer westlich des Ortes, höher und höher. Es war ein alter Mark IX, mittlerweile ein Klassiker, auf die gute, alte Art produziert, nach Leder und poliertem Nußholz duftend. Hannah lehnte sich zurück und schaute hinaus, wo die Landschaft vorüberzog.
    Das Buschwerk im Flachland wurde von der grüneren Vegetation an den höheren Hängen abgelöst. Sie kamen an kleinen Feldern vorbei, bewachsen mit Mais, Mango- und Papayafrüchten. Hütten aus Holz standen ein bißchen abseits der Straße, in den Gärten davor scharrten Hühner im Staub. Kleine, braunhäutige Kinder hörten den Wagen herankommen, tollten auf die Straße und winkten begeistert. Hannah winkte zurück.
    Sie kamen an der gepflegt wirkenden weißen Kinderklinik vorbei, die Marcus Johnson gestiftet hatte. Hannah warf einen Blick zurück und sah Port Plaisance in der Hitze dösen. Er erkannte das Lagerhaus am Hafen mit seinem roten Dach, daneben das Kühlhaus, wo der gefrorene Gouverneur schlief, die sandige Fläche des Parliament Square, den Kirchturm der Anglikanischen Kirche und die Dachschindeln des Hotels Quarter Deck. Dahinter, jenseits des Ortes, schimmerte im Hitzedunst das Mauergeviert um das Government House. Wie in aller Welt, fragte er sich, konnte jemand auf den Gedanken kommen, auf den Gouverneur zu schießen?
    Sie kamen an einem adretten Bungalow vorüber, der dem verunglückten Mr. Barney Klinger gehört hatte, durchführen zwei weitere Kurven und waren auf der Hügelkuppe angelangt. Vor ihnen stand eine rosafarbene Villa - Flamingo House.
    Hannah zog an der schmiedeeisernen Kette neben der Tür, und von irgendwoher war ein leises Klingeln zu hören. Ein halbwüchsiges Mädchen öffnete die Tür; unter dem schlichten Baumwollkleid schauten nackte, braune Beine hervor.
    »Ich hätte gern Missy Coltrane besucht«, sagte Hannah.
    Sie nickte, ließ ihn eintreten und führte ihn in einen großen, luftigen Salon. Offenstehende Türflügel zeigten einen Balkon mit einem prachtvollen Ausblick über die Insel und die funkelnde blaue See.
    In dem Raum war es kühl, obwohl es keine Klimaanlage gab. Hannah bemerkte, daß das Haus überhaupt keinen Stromanschluß hatte. Frische Brisen wehten durch die offene Balkontür herein und durch die geöffneten Fenster auf der anderen Seite wieder hinaus. Den Möbeln war anzusehen, daß es der Salon einer älteren Person war. Hannah schlenderte umher, während er wartete.
    An den Wänden hingen Bilder, dutzendweise, und alle zeigten karibische Vögel, gekonnt mit zarten Wasserfarben gemalt. Das einzige Porträt, das nicht einem Vogel galt, war das eines Mannes in der weißen Uniform des Gouverneurs einer britischen Kolonie. Er blickte starr aus dem Rahmen, mit ergrautem Haupthaar und Schnauzbart, das Gesicht gebräunt, faltig und gütig. Zwei Reihen winziger Orden bedeckten die linke Brust seines Waffenrocks. Hannah guckte näher hin, damit er lesen konnte, was auf dem Messingtäfelchen unter dem Ölbild stand: »Sir Robert Coltrane, K. B. E., Gouverneur der Barclay-Inseln 1945-53.« Sir Robert hielt seinen weißen, mit Hahnenfedern geschmückten Helm in der rechten Armbeuge; die linke Hand ruhte auf dem Knauf seines Degens.
    Hannah lächelte. Er ging weiter an der Wand entlang zu einer Vitrine. Hinter der Glasscheibe waren an der Rückwand die militärischen Trophäen befestigt, gesammelt und zur Schau gestellt von seiner Witwe. Das purpurrote Band des Victoria Cross, der höchsten englischen Auszeichnung für Tapferkeit vor dem Feinde, samt dem Datum der Verleihung, 1917, war zu sehen. Es wurde flankiert vom Distinguished Service Cross und dem Military Cross. Andere Gegenstände, die der Krieger auf seinen Feldzügen mit sich geführt hatte, umgaben die drei Orden.
    »Er war ein sehr tapferer Mann«, sagte hinter ihm eine klare Stimme. Hannah fuhr herum, überaus verlegen.
    Die Gummireifen ihres Rollstuhls hatten auf den Fliesen kein Geräusch verursacht, als sie ins Zimmer gekommen war. Sie war klein und wirkte gebrechlich, hatte glänzendes, weißes Lockenhaar und wasserblaue Augen.
    Hinter ihr stand der Diener, der sie vom Garten hereingeschoben hatte, ein Mannsbild von einschüchternder

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