McCreadys Doppelspiel
Vormittags mit Gesprächen zu, die er über sein mobiles Telefon mit London und Washington führte.
In London erreichte er den Chef der Antiterroreinheit Special Air Service Regiment, SAS, in der Kaserne des Duke of York in der King’s Road im Stadtteil Chelsea. Der junge General hörte sich McCreadys Ersuchen an.
»Zufällig ja«, sagte er. »Zwei von ihnen sind im Moment in Fort Bragg und halten dort Vorträge. Ich muß die Sache genehmigen lassen.«
»Dafür fehlt die Zeit«, sagte McCready. »Haben die beiden noch Urlaub gut?«
»Ich glaube, ja«, sagte der General.
»Schön. Dann biete ich den beiden an, sich hier ein paar Tage zu entspannen, einen Erholungsurlaub in der Sonne zu machen.
Als meine persönlichen Gäste. Was könnte fairer sein als ein solches Angebot?«
»Sam«, sagte der General, »Sie haben es faustdick hinter den Ohren. Ich werde sehen, was ich tun kann. Aber die beiden machen Urlaub, okay? Nur Sonnenbaden, nichts sonst.«
»Gott behüte!« sagte McCready. »Was denken Sie denn von mir?«
Es war nur noch eine Woche bis Weihnachten, und die Bürger von Port Plaisance beschäftigten sich an diesem Nachmittag mit den Vorbereitungen für die Festtage.
Trotz der Hitze wurden zahlreiche Schaufenster mit Darstellungen von Rotkehlchen, Stechpalmen und Weihnachtsscheiten sowie mit Styropor-Schnee geschmückt. Nur ganz wenige der Inselbewohner hatten jemals ein Rotkehlchen oder eine Stechpalme, geschweige denn Schnee gesehen, doch die alte viktorianische Tradition in England will, daß Jesus inmitten einer solchen Dekoration geboren worden war.
Vor der anglikanischen Kirche schmückte Mr. Quince, umgeben von einem Schwarm eifriger kleiner Mädchen, gerade eine Krippe unter einem Strohdach. In der Krippe selbst lag eine kleine Plastikpuppe, und die Kinder verteilten Ochsen, Schafe, Esel und Hirten malerisch drumherum.
Am Ortsrand leitete Reverend Drake eine Chorprobe für seinen Weihnachtsgottesdienst. Sein tiefer Baß war nicht ganz auf der Höhe. Unter seinem schwarzen Gewand waren seine gebrochenen Rippen mit Dr. Jones’ Bandagen umwickelt, um ihm Erleichterung zu verschaffen, und seine Stimme hörte sich keuchend an. Seine Gemeindemitglieder warfen einander bedeutsame Blicke zu. Jedermann wußte, was mit ihm am Donnerstagabend geschehen war, denn in Port Plaisance blieb nichts lange geheim.
Um drei Uhr kam ein zerbeulter Transporter auf den Parliament Square gefahren und hielt an. Dem Fahrzeug entstieg die massige Gestalt Firestones. Er ging nach hinten, öffnete die Tür und hob Missy Coltrane samt ihrem Rollstuhl heraus. Langsam schob er sie die Main Street hinunter, wo sie ihre Einkäufe machen wollte. Journalisten waren nicht in der Nähe. Die meisten von ihnen waren, gelangweilt, nach Conch Point gefahren, um dort im Meer zu schwimmen.
Missy Coltrane kam nur langsam voran, immer wieder von Begrüßungen aufgehalten. Sie dankte für jeden Gruß und rief Ladenbesitzer und Passanten bei ihren Namen, ohne einen einzigen auszulassen.
»Tag, Missy Coltrane.«
»Guten Tag, Jasper. Guten Tag, Simon. Guten Tag, Emmanuel.« Sie erkundigte sich nach Frau und Kindern, gratulierte einem jungen Vater, drückte ihr Mitgefühl für jemanden aus, der sich den Arm gebrochen hatte. Sie machte ihre gewohnten Einkäufe, und die Ladenbesitzer brachten ihre Waren an die Tür, damit Missy Coltrane sie sich ansehen konnte.
Sie zahlte aus einem kleinen Geldbeutel, den sie im Schoß liegen hatte, während sie aus einer größeren Handtasche einen anscheinend unerschöpflichen Vorrat von Süßigkeiten an Kinder austeilte, die sich in der Hoffnung auf eine zweite Ration erboten, ihre Einkaufstüten zu tragen.
Sie kaufte frisches Obst und Gemüse, Kerosin für ihre Lampen, Zündhölzer, Kräuter, Gewürze, Fleisch und Öl. Ihr Weg führte sie durch das Viertel mit den Ladengeschäften zum Kai, wo sie die Fischer begrüßte und zwei Fische und einen zappelnden Hummer kaufte, den eigentlich das Quarter Deck bestellt hatte. Wenn Missy Coltrane etwas wollte, bekam sie es auch. Punktum. Das Quarter Deck mußte sich mit den Garnelen und den Muscheln begnügen.
Auf dem Rückweg zum Parliament Square begegnete sie Chief Superintendent Hannah, der gerade die Stufen vor dem Hotel herabkam. Er war in Begleitung von Detective Inspector Jones und einem Amerikaner namens Favaro. Sie wollten zum Flugplatz, um dort zu sein, wenn die Vier-Uhr-Maschine aus Nassau landete.
Sie grüßte sie alle, obwohl sie zwei von den
Weitere Kostenlose Bücher