McCreadys Doppelspiel
nach dem Vormittagsgottesdienst aus der Kirche, in den weiß behandschuhten Händen Gebetbücher, auf den Strohhüten wippende Früchte aus Wachs. Es war ein (beinahe) normaler Sonntagvormittag auf Sunshine.
Nicht ganz so geruhsam ging es in den Grafschaften rings um die britische Hauptstadt zu. In Chequers, dem Landsitz des britischen Regierungschefs, war Mrs. Thatcher wie gewohnt früh aufgestanden und hatte sich durch vier rote Kuriertaschen mit amtlichen Papieren gearbeitet, ehe sie sich mit Denis Thatcher vor ein lustig prasselndes Kaminfeuer an den Frühstückstisch setzte.
Als sie damit fertig war, wurde leise an die Tür geklopft, und auf ein »Herein!« trat ihr Pressesekretär, Bernhard Ingham, ins Zimmer. Er hatte den Sunday Express in der Hand.
»Hier steht etwas, was Sie vielleicht sehen möchten, Prime Minister«, sagte er.
»Wer fällt jetzt wieder über mich her?« fragte die Premierministerin munter.
»Niemand«, sagte der Sekretär mit den buschigen Augenbrauen, »es geht um die Karibik.«
Sie las den groß aufgemachten Artikel in der Bildmitte, und ihre Stirn begann sich zu runzeln. Sie sah die Fotos: Marcus Johnson auf der Wahlrednerbühne in Port Plaisance und, ein paar Jahre früher, durch eine Vorhanglücke aufgenommmen. Sie sah Fotos seiner acht Leibwächter, alle am Freitag auf dem Parliament Square aufgenommen, und entsprechende Aufnahmen aus der Kartei der Polizei in Kingston. Der Begleittext bestand großenteils aus umfangreichen Erklärungen von Commissioner Foster von der Polizei in Kingston und von
>hochgestellten DEA-Gewährsleuten in der Karibik<.
»Aber das ist ja schrecklich«, sagte die Premierministerin. »Ich muß augenblicklich mit Douglas sprechen.«
Sie ging unverzüglich in ihr Privatbüro und rief Douglas an.
Ihrer Majestät Minister für Auswärtige Angelegenheiten hielt sich zu dieser Stunde mit seiner Familie auf seinem Landsitz auf, einem Herrenhaus, das Chevening hieß und sich in der Grafschaft Kent befand. Er hatte schon Sunday Times, Observer, und Sunday Telegraph durchgelesen, war aber noch nicht bis zum Sunday Express gediehen.
»Nein, Margaret, ich habe es noch nicht gesehen«, sagte er. »Aber die Zeitung liegt neben mir.«
»Ich bleibe am Apparat«, sagte die Premierministerin.
Der Außenminister, ein ehemaliger Romancier von einem gewissen Ansehen, erkannte sofort eine tolle Story, wenn er sie vor sich hatte. Diese hier schien aus besonders guten Quellen zu stammen.
»Ja, Sie haben recht, eine Schande, wenn es stimmt. Ja, ja, Margaret, ich werde mir die Sache gleich morgen früh vornehmen und sie von der Abteilung Karibik nachprüfen lassen.«
Aber Beamte sind auch nur Menschen, was in der Öffentlichkeit nicht allzu oft so gesehen wird, und sie haben Familie und ein Familienleben. Jetzt, fünf Tage vor Weihnachten, war das Parlament in den Ferien, und auch die Ministerien waren nur schwach besetzt. Immerhin würde am nächsten Vormittag irgend jemand Dienst tun, und die Frage eines neuen Gouverneurs für die Barclays konnte dann bearbeitet werden.
Mrs. Thatcher und ihre Angehörigen besuchten den Vormittagsgottesdienst in Ellesborough und kamen kurz nach zwölf Uhr zurück. Um eins setzten sie sich mit ein paar Freunden zu Tisch. Unter ihnen befand sich auch Bernard Ingham.
Charles Powell, ihr politischer Berater, schaltete um ein Uhr die BSB-Sendung Countdown ein. Er schätzte Countdown. Es brachte hin und wieder einige gute Auslandsberichte, und das war seine Spezialität als ehemaliger Diplomat. Als er die Schlagzeilen und die Ankündigung eines Berichts über einen Skandal in der Karibik sah, drückte er den >Aufnahme <-Knopf am Videogerät.
Um zwei Uhr war Mrs. Thatcher schon wieder auf den Beinen - sie sah nie großen Sinn darin, viel Zeit mit Mahlzeiten zu verbringen, hielt sie eher für Zeitverschwendung-, und als sie das Speisezimmer verließ, wurde sie von Charles Powell abgefangen, der schon auf der Lauer lag. In ihrem Arbeitszimmer schob er das Band in ihren Videorecorder und schaltete ihn ein. Sie sah es sich schweigend an. Dann rief sie wieder in Chevening an.
Mr. Douglas Hurd, ein zärtlicher Vater, hatte seine beiden kleinen Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, zu einem flotten Spaziergang über die Felder mitgenommen. Er war gerade zurückgekommen und freute sich auf sein Roastbeef, als das Telefon zum zweitenmal klingelte.
»Nein, das ist mir auch entgangen, Margaret«, sagte er.
»Ich habe eine Aufzeichnung«, sagte
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