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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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stationiert war. Bei Morenz’ letzter Begegnung mit Pankratin in Ost-Berlin war dieser noch Oberst gewesen und hatte den Decknamen Smolensk getragen.)
    »Jetzt essen wir was«, sagte McCready.
    Während des Mittagessens, das ihnen auf dem Zimmer serviert wurde, sprach Morenz gierig dem Wein zu. Seine Hände zitterten heftig.
    »Fühlen Sie sich nicht wohl?«
    »Doch. Es ist nur diese verdammte Sommergrippe. Und ein bißchen Nervosität. Aber das ist nur natürlich.«
    McCready nickte. Nervosität war etwas Normales. Bei Schauspielern, bevor sie auf die Bühne gehen. Bei Soldaten vor dem Kampfeinsatz. Bei Agenten vor einem illegalen Ausflug in den Ostblock.
    »Gehen wir hinunter zu Ihrem Wagen«, sagte McCready.
    In Deutschland passiert nicht viel, wovon die Presse nicht Wind bekommt. Veteran und As unter den Polizeireportern in Köln war und ist noch heute Günther Braun vom Kölner Stadtanzeiger. Er saß zu dieser Stunde beim Mittagessen, mit seinem Kontaktmann bei der Polizei, der erwähnte, daß in Hahnwald helle Aufregung herrsche, weil irgend etwas passiert sei.
    Kurz vor drei traf Braun zusammen mit seinem Fotografen Walter Schiestel vor dem Haus ein. Er versuchte, sich mit Kommissar Schiller in Verbindung zu setzen, aber dieser war oben im ersten Stock und ließ ausrichten, daß er beschäftigt sei. Er verwies Braun an das Pressebüro des Präsidiums. Eine gewisse Chance. Er würde das Polizeikommunique später bekommen. Er begann sich umzuhören, Fragen zu stellen. Dann machte er ein paar Anrufe. Am frühen Abend, rechtzeitig für die Morgenausgabe seiner Zeitung, hatte er seine Story beisammen. Eine gute Story. Rundfunk und Fernsehen würden ihm zwar zuvorkommen und in groben Zügen berichten, aber er wußte, daß er einen Informationsvorsprung hatte.
    Oben im ersten Stock war der Erkennungsdienst mit den Leichen fertig geworden. Der Fotograf hatte die Toten aus jedem erdenklichen Winkel aufgenommen und dazu das Bett, den riesigen Spiegel hinter dessen Kopfende, die Gerätschaften in den Schränken und Truhen. Die Lage der Toten wurde mit Kreidelinien markiert, dann wurden sie in Leinensäcken verstaut und zur Obduktion weggebracht. Die Kriminalpolizei brauchte die Todeszeit und die tödlichen Kugeln - und zwar dringend.
    Die gesamte Wohnung hatte neunzehn verschiedene Gruppen von Fingerabdrücken erbracht. Drei davon schieden aus, die der beiden Toten und von Frau Popovic, die jetzt im Präsidium war, wo man ihre Fingerabdrücke zu den Akten genommen hatte. Damit blieben sechzehn übrig.
    »Vermutlich von den Freiern«, murmelte Schiller.
    »Und vom Killer?« bemerkte Wiechert.
    »Das bezweifle ich. Mir kommt das Ganze ziemlich profihaft vor. Vermutlich hat er Handschuhe getragen.«
    Das Hauptproblem, sinnierte Schiller, bestand nicht im Fehlen eines Motivs, sondern darin, daß es zu viele denkbare Tatgründe gab. War das Mädchen das Opfer, auf das man es abgesehen hatte? Ein empörter Freier, ein Ex-Gatte, eine rachsüchtige Ehefrau, eine Rivalin aus der Branche, ein ergrimmter, abgehalfterter Lude? Oder war sie ein Zufallsopfer und ihr Zuhälter das eigentliche Ziel gewesen? Es hatte sich bestätigt, daß es sich um Bernhard Hoppe handelte, einen Hochstapler, Bankräuber, Gangster, einen ganz üblen Ganoven. War hier eine Rechnung beglichen worden, hatte es sich um ein Drogengeschäft gehandelt, das schiefgegangen war, oder um eine Abrechnung zwischen rivalisierenden
    Schutzgelderpressern? Schiller hatte das Gefühl, daß das ein haariger Fall werden würde.
    Den Aussagen der Mitmieter und der Nachbarn war zu entnehmen, daß niemand von Renate Heimendorfs geheim gehaltenem Gewerbe gewußt hatte. Sie hatte männlichen Besuch empfangen, das schon, aber immer seriöse Leute. Keine nächtlichen Partys, keine lärmende Musik.
    Der Erkennungsdienst gab immer mehr Bereiche der Wohnung frei, und so konnte sich Schiller ungehinderter bewegen. Er ging ins Badezimmer. Irgend etwas stimmte nicht damit, aber er kam nicht dahinter, was es war. Kurz nach sieben war das Team des Erkennungsdienstes mit seiner Arbeit fertig, und die Leute riefen ihm zu, daß sie jetzt nach Hause gingen.
    Er stöberte eine Stunde lang in der Wohnung herum, während Wiechert jammerte, daß er nach Hause zum Abendessen wolle. Kurz nach acht machte Kommissar Schiller für diesen Tag achselzuckend Schluß. Er wollte sich den Fall am nächsten Morgen im Polizeipräsidium wieder vornehmen. Er versiegelte die Wohnungstür, ließ einen

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