McDermid, Val
in den Wagen, und sie fahren weg. Ende.« Und damit
hatte sich's auch mit der Brauchbarkeit von Sadiq Ahmeds Zeugenaussage. Sie
ließen ihn noch warten, während sie ihre Notizen mit denen der anderen
Vernehmer verglichen, die nach- ihrer Befragung noch weniger aufzuweisen
hatten. Aber sie hatten keinen Grund, Ahmed oder Mussawi noch länger
festzuhalten, also ließen sie sie gehen. Paula sah ihnen nach, wie sie
angeberisch die Straße hinuntertrotteten, Jeans auf Halbmast, die Kapuzen über
die Köpfe gezogen. »Manchmal habe ich das Gefühl, ich möchte die Tage bis zur
Pensionierung zählen«, sagte sie matt.
»Keine gute Idee«, meinte Sam.
»Es kommen immer zu viele raus. Selbst wenn nur noch einer bleibt.«
Für Tony hatte der Tag nicht
genug Stunden. Carol hatte ihn angerufen, sobald sie von Blake weggegangen war.
Ihr nächster Anruf würde Stacey gelten, um sie anzuweisen, Tony die Unterlagen
des Falls zugänglich zu machen. Sie hatte ihm von Blakes abschließender
Bemerkung berichtet, aber das kümmerte ihn nicht. Wer die Kosten übernahm, war
nie sein Problem gewesen. Das einzig Wichtige war, dass er Zugriff auf die
Informationen hatte, die er brauchte, um ein Profil des Mörders zu erstellen.
Informationen dieser
Größenordnung konnten aber sowohl ein Fluch als auch ein Segen sein. Stacey
hatte ihm die Passwörter zugemailt, damit er direkt auf alle ihre Dateien
zugreifen konnte. Aber die Menge der Daten war enorm, angefallen bei den
Ermittlungen aufgrund von drei Vermisstenanzeigen, aus denen dann Morde
geworden waren. Sie auch nur zu lesen würde Tage dauern. Aber Gott sei Dank
gab es Kurzfassungen der Berichte, die angefertigt worden waren, um Carols
Team die Übersicht über die Fälle zu erleichtern. Der Nachteil war jedoch, dass
bei den Kürzungen wichtige Einzelheiten verlorengegangen sein konnten. Deshalb
musste Tony jedes Mal, wenn er auf etwas stieß, das seine Neugier erregte, auf
den Originalbericht zurückgreifen, um zu sehen, was ursprünglich gesagt oder
getan worden war. Das Schlimmste war, dass er nicht genau wusste, wonach er
eigentlich suchte. Sein Rückschluss, dass diese Morde ihre Wurzeln nicht in
einem sexuellen Motiv hatten, bedeutete, dass er die Aussagen aller den Opfern
nahestehenden Personen überprüfen musste. Weil er nicht wusste, wie die Opfer
zusammenhingen, konnte alles bedeutsam sein. Es führte kein Weg daran vorbei.
Er musste wieder bei null anfangen und die verborgenen Winkel im Leben der
Opfer ausleuchten. Die Opfer waren immer der Schlüssel zur Aufklärung einer Serie.
Aber in all den Jahren, in denen er Profile zu Serientätern schrieb, hatte Tony
nie einen Fall gehabt, für den sie so ausschlaggebend waren wie für diesen. Er
machte sich an die Arbeit und dachte nicht mehr an das Diktiergerät, das nun
unter einem Papierberg vergraben lag.
Zu Carols Überraschung hätte
sich DI Patterson kaum kooperativer verhalten können. Sie wusste aus
Erfahrung, dass höhere Ermittler ihre Mordfälle oft eifersüchtig hüteten und
nicht bereit waren, Einblick zu gewähren. Meistens musste man ihnen die
Informationen Stück für Stück entreißen. Aber es zeigte sich bald, dass Patterson
wirklich glaubte, zwei Köpfe seien besser als einer. Allerdings schien er von
Tony Hills Nutzen für die Ermittlungsarbeit noch nicht ganz überzeugt zu sein.
»Er ist kein gewöhnlicher
Gerichtssachverständiger«, stellte er zugeknöpft fest, als Carol über Tonys
brillante Zusammenschau der Fälle sprach. »Er ist einzigartig«, stimmte sie
zu.
»Das ist wahrscheinlich ganz
gut so. Sie wissen, dass er hier unten fast verhaftet worden ist? Mein Partner
musste ihm aus der Klemme helfen.«
Carol unterdrückte ein
Kichern. »Er erwähnte, dass es etwas Ärger gab, ja. Ich betrachte es als den
Preis, den man zahlen muss, um ihn im Team zu haben.«
»Welches Vorgehen ist also
wohl am einfachsten?« Sie sprachen die Handlungsstrategie durch und legten
fest, wie sie die beiden Ermittlungen in praktischer Hinsicht verbinden
konnten. Stacey spielte in dem Gespräch eine große Rolle, und Carol bemerkte
beim Thema polizeiliche Computerexpertise unwillkürlich eine gewisse
Niedergeschlagenheit in Pattersons Stimme. »Wir haben niemanden mit solch ausgezeichneten
Fähigkeiten«, klagte er. »Ich muss mir dieses Fachwissen einkaufen. Man nimmt,
was man kriegen kann, und es ist nicht immer das, was man sich erhofft hatte.
Ganz zu schweigen davon, dass man ihnen immer Honig ums Maul schmieren
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