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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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trafen, den Sie schon kannten. Und übrigens, denken
Sie an die unzähligen Momente jedes einzelnen Tages zu Hause, wenn Sie
niemanden treffen, den Sie kennen. Mathematisch gesehen besteht die Chance,
dass Sie überall, wohin Sie gehen, schließlich einen Bekannten treffen. Die
Welt ist eine schrumpfende Kontaktzone. Mit jedem Jahr, das vergeht, wachsen
unsere Chancen für diese vermeintlich bedeutsamen Begegnungen. Aber sie sind
nicht bedeutsam. Es sei denn, Sie werden tatsächlich von einem Stalker verfolgt,
und in dem Fall sollten Sie alles, was ich gesagt habe, vergessen und die
Polizei rufen.
    Wenn also Ihre Patienten eine
Variante ihrer Mission vorbringen, die darauf beruht, dass zufälligen
Ereignissen Bedeutung zugeschrieben wird, dann vergessen Sie nicht, dass der
Zufall keine Bedeutung hat. Er passiert eben. Akzeptieren Sie das, und beachten
Sie ihn nicht weiter.«
    Sein Computer piepste und
kündigte eine neue E-Mail an. DI Patterson handelte offenbar schnell, vermutete
er. Tony richtete sich auf dem Stuhl auf, öffnete die Augen und seufzte.
»Akzeptiere das, und beachte es nicht weiter«, sagte er laut zu sich selbst.
     
    10
     
    In weniger als dreißig
Sekunden konnte Paula einschätzen, dass außer dem Chef niemand bei der Kripo
des Bezirks Nord es für eine gute Idee hielt, die Sondereinsatzgruppe in die
dortige Vermisstenermittlung einzubeziehen. Man hatte ihr gesagt, sie solle
sich bei DS Franny Riley in der Einsatzzentrale zu einer Lagebesprechung
melden. Als sie dort eintraf, zuckte die erste Person, mit der sie sprach, mit
den Achseln und zeigte mit dem Daumen über die Schulter: »Der große Kerl da
drüben mit dem Glimmstengel.« Rauchen war natürlich in den Räumen der Polizei
seit Jahren verboten. Der muskulöse Kollege, an den sie verwiesen worden war,
hatte trotzdem eine Zigarette im Mundwinkel hängen. Sie war nicht angezündet,
aber in den übellaunigen dunklen Augen, die zu ihr hochschauten, lag die
trotzige Drohung, dass er bei der geringsten Provokation sein Feuerzeug entzünden
werde. Er sah aus, als wäre er in den schlimmsten Zeiten der Rugby League zur
Polizei gewechselt, dachte Paula, als sie den Raum durchquerte. Die
zusammengeschlagene Nase war nicht gut gerichtet worden, die Ohren schienen ungleich,
und von einem Hals war nichts zu sehen. »Ich bin DC Mclntyre«, stellte sie sich
vor. »Paula Mclntyre.« Sie streckte ihm die Hand entgegen. Franny Riley zögerte
einen Moment, dann umschloss er sie mit einem festen Händedruck, aber seine
Haut war überraschend weich.
    »Franny Riley. Ich dachte, eure
Gruppe wäre so eine spitzenmäßige Einheit. Ich weiß nicht, was zum Teufel der
Chef sich denkt. Verschwendet eure Zeit, stellt uns als verflixte Schwachköpfe
hin.« Seine frustrierte Miene wurde noch finsterer. Paula fragte sich, wie er
mit seinen überhängenden Augenbrauen und den schlaffen Tränensäcken unter den
Augen überhaupt etwas sehen konnte. »Hoffen wir's mal.«
    Er neigte verwirrt den Kopf
zur Seite. »Was?«
    »Es würde mich freuen, wenn es
für uns beide Zeitverschwendung wäre, weil das hieße, dass Daniel Morrison
gesund und munter wieder auftaucht und ihm ins Gesicht geschrieben steht, dass
er gerade ein Liebesabenteuer hinter sich hat. Wollen Sie das nicht?« Paula
ließ ihren Charme spielen und nahm ihre Zigaretten aus der Jackentasche. »Wo
müssen wir denn hingehen, dass wir hier rauchen können?« Das Dach der
Bradfielder Polizeizentrale für den Bezirk Nord bot eine der besten Aussichten
auf die Stadt. Da sie auf dem Colliery Hill erbaut worden war, überschaute man
die umgebenden Stadtteile. An einem Tag mit guter Sicht konnte man sowohl die
Wahrzeichen im Stadtzentrum erkennen als auch das weit entfernte
Bradfield-Victoria-Stadion und die Parks, die schon seit der industriellen
Revolution als grüne Lunge dienten. Im Norden breiteten sich am Horizont die
Moore aus, und zwischen ihren runden Kuppen wanden sich die Straßen in
Schlangenlinien hindurch. Irgendwie hatte ein Bushäuschen aus Plexiglas seinen
Weg hierher gefunden, das Raucher vor Wind und Regen schützte und ihnen die Raucherecke
mit dem wohl malerischsten Blick in ganz Bradfield bot.
    »Nett hier«, meinte Paula und
setzte sich auf die Kante der schmalen Plastikbank an der hinteren Wand des
Unterstands. »Hat schon jemand sein Wartehäuschen vermisst gemeldet?«
    Riley lachte schnaubend. Es
war ein sonderbarer Laut, wie ein verstopfter Abfluss, der freigespült wird.
»Von wegen!« Er

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