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McEwan Ian

McEwan Ian

Titel: McEwan Ian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbitte
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nachzusehen, wer an der Tür stand, und um sich die Mühe zu sparen, in diesem unschicklichen Auf zug ganz nach unten zu gehen. Cecilia brauchte einen Moment, bis sie ihre Schwester erkannte. Dann ging sie langsam die letzten drei Stufen hinab.
»Ach herrje.«
Sie setzte sich und verschränkte die Arme. Briony blieb stehen, einen Fuß auf dem Gartenweg, den anderen auf der Haustürstufe. Im Wohnzimmer der Vermieterin wurde ein Rundfunkempfänger angestellt, und mit den warm werdenden Röhren schwoll das Lachen eines unsichtbaren Publikums an. Dann folgte die schleimige Stimme eines Kabarettisten, die zum Schluß, ehe ein fröhliches Orchester einsetzte, von Beifall überdeckt wurde. Briony tat einen Schritt in den Flur und murmelte: »Ich muß mit dir reden.«
Cecilia wollte schon aufstehen, änderte dann aber ihre Absicht. »Warum hast du mir nicht geschrieben, daß du kommst?« »Du hast nicht geantwortet, deshalb bin ich hier.« Sie zog den Morgenmantel enger um sich und klopfte die Taschen ab, wahrscheinlich in der Hoffnung auf eine Zigarette. Ihre Haut war dunkler, sogar die Hände waren braun. Sie hatte nicht gefunden, was sie suchte, doch sah es für den Augenblick nicht so aus, als ob sie aufstehen wollte.
Eher um Zeit zu gewinnen, als um das Thema zu wechseln, sagte sie: »Du bist eine Lernschwester.«
»Ja.«
»Welche Station?«
»Die von Schwester Drummond.«
Es ließ sich nicht sagen, ob Cecilia diesen Name kannte oder ob sie sich über ihre jüngere Schwester ärgerte, weil sie im selben Krankenhaus ausgebildet wurde. Und es gab einen auffälligen Unterschied – Cecilia hatte früher stets in einem eher mütterlichen oder herablassenden Ton zu ihr gesprochen. Schwesterchen! Nichts mehr davon. In ihrer Stimme lag eine Härte, die Briony davor warnte, Cecilia nach Robbie zu fragen. Sie ging noch einen Schritt weiter hinein in den Flur, vergaß aber nicht die offene Tür in ihrem Rücken.
»Und wo bist du?«
»In der Nähe von Morden. Ein EMS .«
Eine Station der Emergency Medical Services, vermutlich in einem requirierten Haus, eine Notaufnahme, die sicher die Hauptlast, den ersten Ansturm der Evakuierung auszuhalten hatte. Es gab zuviel, was nicht gesagt, zuviel, das nicht gefragt werden konnte. Die beiden Schwestern schauten sich an. Obwohl Cecilia so verwuschelt aussah, als ob sie gerade aus dem Bett käme, war sie schöner, als Briony sie in Erinnerung hatte. Ihr langes Gesicht hatte immer etwas merkwürdig gewirkt, verletzlich, ein Pferdegesicht, hatte es oft geheißen, selbst im schönsten Licht. Jetzt sah es bemerkenswert sinnlich aus, waren die vollen, purpurn angehauchten Lippen betont geschwungen. Vielleicht war es die Müdigkeit, die ihre dunklen Augen größer wirken ließ. Oder der Kummer. Die lange, schmale Nase, die zierlich gebogenen Nasenflügel – das Gesicht strahlte etwas Maskenhaftes, Geschnitztes, sehr Stilles aus und war schwer zu deuten. Das Äußere ihrer Schwester verstärkte Brionys Unbehagen noch und sorgte dafür, daß sie sich irgendwie linkisch fühlte. Sie kannte diese Frau kaum, die sie seit fünf Jahren nicht gesehen hatte; nichts konnte sie bei ihr als selbstverständlich voraussetzen, also suchte Briony nach einem weiteren neutralen Gesprächsthema, doch alles, was ihr einfiel, hätte zu den heiklen Punkten geführt – zu jenen Dingen, denen sie sich sowieso stellen mußte –, und nur weil sie das Schweigen und ihren Blick nicht länger ertragen konnte, sagte sie schließlich: »Hast du vom alten Herrn gehört?«
»Nein, hab ich nicht.« Der abfällige Ton deutete an, daß sie auch nichts von ihm hören wollte und daß es sie, sollte sie es doch tun, weder kümmern würde, noch sie ihm dann antworten wollte. »Hast du?« fragte Cecilia.
»Vor ein paar Wochen, ein flüchtig hingekritzelter Brief.« »Gut.«
Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Nach einer weiteren Pause versuchte Briony es erneut.
»Und von daheim?«
»Kein Wort. Ich will nichts mit denen zu tun haben. Und du?« »Emily schreibt dann und wann.«
»Aha? Was gibt’s Neues, Briony?«
Die Frage war ebenso sarkastisch wie der Gebrauch ihres Vornamens. Und während Briony ihre Erinnerung anstrengte, fühlte sie sich als Verräterin an der Sache ihrer Schwester bloßgestellt.
»Sie haben Flüchtlinge aufgenommen, und Betty haßt sie allesamt. Der Park wird umgepflügt, um Korn anzusäen.« Sie verstummte. Es war einfach albern, hier herumzustehen und diese Einzelheiten aufzulisten.
Doch unnachgiebig verlangte

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