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McEwan Ian

McEwan Ian

Titel: McEwan Ian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbitte
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alles.«
»Ja, das hast du schon in deinem Brief geschrieben. Was hält dich auf? Du hattest fünf Jahre Zeit. Warum warst du noch nicht bei ihnen?«
»Ich wollte zuerst mit dir reden.«
Cecilia trat von der Schlafzimmertür zurück, blieb am Tisch stehen und warf ihren Zigarettenstummel in eine der Bierflaschen. Ein kurzes Zischen, dann stieg eine dünne l Rauchspur hinter dem dunklen Glas auf. Während sie ihrer Schwester zusah, wurde Briony wieder schlecht. Sie hatte angenommen, daß die Flaschen leer waren, und fragte sich nun, ob sie etwas zum Frühstück gegessen hatte, das nicht mehr gut gewesen war. Cecilia sagte: »Ich weiß, warum du nicht hingefahren bist. Weil du nämlich dasselbe denkst, was ich denke. Sie wollen nichts mehr davon hören. Diese unangenehme Geschichte ist doch längst vorbei, besten Dank auch. Was geschehen ist, das ist nun mal geschehen. Warum jetzt noch an alte Wunden rühren? Und du weißt auch genau, daß sie die l Geschichte vom alten Hardman geglaubt haben.«
Briony löste sich vom Waschbecken, trat an den Tisch und stellte sich ihrer Schwester direkt gegenüber. Es war nicht einfach, in diese schöne Maske zu blicken.
Sehr bedacht sagte sie: »Ich verstehe nicht, wovon du redest. Was hat er denn damit zu tun? Es tut mir leid, daß er tot ist, und ich bedaure, es nicht gewußt zu haben, aber – «
Ein Geräusch ließ sie zusammenfahren. Die Schlafzimmertür ging auf, und Robbie stand vor ihnen. Er trug Armeehosen, ein Hemd und blankgeputzte Stiefel, die Hosenträger hingen ihm um die Hüfte. Er war unrasiert, das Haar zerzaust, und sein Blick galt ausschließlich Cecilia. Sie hatte sich zu ihm umgedreht, ging ihm aber nicht entgegen. Injenen wenigen Sekunden, in denen die beiden sich stumm betrachteten, hätte Briony sich am liebsten in ihre Uniform verkrochen.
Er sprach mit Cecilia und klang so ruhig, als ob er mit ihr allein wäre: »Ich habe Stimmen gehört und dachte, es hätte was mit dem Krankenhaus zu tun.«
»Ist schon in Ordnung.«
Er schaute auf die Uhr. »Ich sollte mich lieber beeilen.« Er durchquerte den Raum, doch kurz bevor er auf den Treppenabsatz hinausging, nickte er Briony flüchtig zu. »Entschuldigen Sie mich.«
Sie hörten, wie die Toilettentür zugezogen wurde. In die nachfolgende Stille sagte Cecilia, als wenn nichts zwischen ihr und ihrer Schwester wäre: »Er schläft so tief. Ich wollte ihn nicht wecken.« Und dann fügte sie noch hinzu. »Außerdem hielt ich es für besser, daß ihr beide euch nicht begegnet.«
Brionys Knie begannen tatsächlich zu zittern. Sich mit einer Hand auf den Tisch stützend, trat sie aus der Kochnische vor, damit Cecilia den Kessel füllen konnte. Briony hätte sich gern hingesetzt. Doch unaufgefordert würde sie das nicht tun, und sie würde niemals darum bitten. Also blieb sie an der Wand stehen, bemüht, sich nicht anzulehnen, und beobachtete ihre Schwester. Es war erstaunlich, wie schnell ihre Erleichterung darüber, daß Robbie lebte, von der Angst abgelöst worden war, ihm gegenübertreten zu müssen. Jetzt, da sie ihn in diesem Zimmer gesehen hatte, wirkte jene andere Möglichkeit, die, daß er hätte getötet werden können, ziemlich weit hergeholt und abwegig. Dann hätte doch alles keinen Sinn gehabt. Sie starrte auf den Rücken ihrer Schwester, die in der Küche herumhantierte. Briony wollte ihr sagen, wie wunderbar es sei, daß Robbie wohlbehalten zurückgekehrt war. Welch eine Erlösung. Doch wie banal hätte das geklungen. Und es war nicht an ihr, so etwas zu sagen. Sie fürchtete ihre Schwester, ihren Zorn. Briony war immer noch übel, und als ihr auch noch heiß wurde, preßte sie die Wange an die Wand. Die war nicht kühler als ihr Gesicht. Briony sehnte sich nach einem Glas Wasser, wollte ihre Schwester aber um nichts bitten. Cecilia ging inzwischen resolut ihren Aufgaben nach, mischte Milch und Wasser mit Eipulver, stellte ein Glas Marmelade auf den Tisch und deckte drei Teller und Tassen auf. Briony registrierte das dritte Gedeck, konnte ihm aber nichts Tröstliches abgewinnen. Vielmehr wuchs dadurch noch ihre Angst vor dem, was sie erwartete. Glaubte Cecilia wirklich, sie könnten sich zusammen an einen Tisch setzen und Appetit auf Rühreier haben? Oder versuchte sie i nur, sich selbst mit ihrem Tun zu beruhigen? Angespannt wartete Briony auf das Geräusch von Schritten draußen auf dem Treppenabsatz, und um sich selbst abzulenken, fragte sie, da sie den Umhang an der Tür entdeckt hatte, in eher

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