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McJesus

McJesus

Titel: McJesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Fitzhugh
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Bewerbung mit Lebenslauf zu schicken. Leider hatte Ruben keine Schreibmaschine, und wie man eine Bewerbung schreibt, wusste er auch nicht. Er wusste, dass es Stellen gab, die einem bei Bewerbungen halfen, aber vermutlich kosteten sie mehr, als er besaß.
    Er griff in die Gesäßtasche seiner Jeans und holte seine dünne Brieftasche hervor, in der sich seine letzten vier Dollar befanden, die ganz gewiss nicht für ein Bewerbungsschreiben reichten. Ruben beschloss, das einzig Sinnvolle zu tun. Er faltete die Zeitung zusammen und ging zum kleinen Supermarkt. Seiner Meinung nach waren die Chancen, dass er in der Lotterie gewann, größer als die, dass jemand wie er einen Job bekam.
    Beim Ausfüllen des Lotteriescheins ließ er sich Zeit. Er trug seine besten Zahlen ein – den Geburtstag seiner Mutter, den Todestag seines Bruders, die Hausnummer des Care Centers.
    Es waren Zahlen, die gewinnen mussten. Er küsste den Schein und steckte ihn in die Hosentasche. Auf dem Rückweg ging er in die Kirche der Heiligen Familie, um eine Kerze anzuzünden und ein Gebet zu sprechen. Er versprach, seinen Gewinn zu teilen.
    Die Ziehung war um sieben Uhr. Im Jackpot waren acht Millionen Dollar – genug, um die Probleme von allen zu lösen. Ruben wartete geduldig vor dem Fernseher. Er hatte alles getan, was er tun konnte. Endlich drehte sich die Maschine, und die nummerierten Bälle flogen in der Plexiglaskugel umher wie kleine runde Engel. Ruben wusste, es kam auf die erste Zahl an. Wenn er die erste Zahl nicht hatte, war alles vorbei. Dann konnte er nicht gewinnen. Ruben betete vor der Mattscheibe, als der erste Ball herausfiel. Es war eine von Rubens Zahlen. In diesem Augenblick war noch alles möglich. In diesem Augenblick zwischen der ersten Zahl und der zweiten war die Zukunft hell wie ein Stern im Osten. Ruben kaufte für jeden ein großes Haus und einen neuen Suburban und Unmengen zu essen und einen neuen Fernseher, und dann kam die zweite Zahl – und der Traum war zu Ende. Das Beste, was jetzt noch geschehen konnte, war ein zweiter Preis im Tausend-Dollar-Bereich. Doch mit der dritten Zahl war auch diese Hoffnung dahin.
     
    Captain Boone lächelte höflich, als Mrs. Gerbracht an seinem Zimmer vorüberschlurfte, aber mit dem Herzen war er nicht dabei. Er fühlte sich gar nicht wohl. War er nur trübsinnig, oder war er krank? Er wusste nicht genau, was mit ihm los war. Auf jeden Fall gefiel es ihm nicht. Bis auf das traurige Geräusch der über den Gang schlurfenden Mrs. Gerbracht war es ganz still im Haus, aber es war eine trostlose und keine friedliche Stille. Es war die stille Verzweiflung der Entrechteten.
    Captain Boone hatte drei Stunden am Telefon verbracht. Er musste eine neue Bleibe finden. Er wollte niemandem zur Last fallen, aber weil er nicht das Geld für eine eigene Wohnung hatte, musste er sich jemandem aufdrängen. Ich brauche nicht viel, wollte er sagen, wenn ihm jemand eingefallen wäre, den er hätte anrufen können. Nur einen Platz zum Schlafen und ein bisschen was zu essen – es wäre ja sowieso nicht mehr für lang, hätte er mit einem kleinen Lachen gesagt. Er wünschte sich nicht mehr als einen einigermaßen anständigen Platz zum Sterben.
    Er nahm seinen Purple-Heart-Orden in die Hand und betrachtete ihn. Er empfand eine schreckliche Leere, und als er so allein in seinem Zimmer saß, machte er Bestandsaufnahme. Er erkannte, was es bedeutete, keine Familie mehr zu haben, völlig allein dazustehen, ohne selbst für sich sorgen zu können. Alle seine Freunde waren entweder tot, in Pflegeheimen oder bei ihren Kindern. Das Veteranenamt konnte seine Unterlagen nicht finden. Captain Boone wusste, dass viele Veteranen auf der Straße lebten. Er hätte nur nie geglaubt, dass er einer von ihnen sein würde.
    Er blickte auf den Orden in seinen Händen, die rot und steif von Arthritis waren. Sie sahen aus wie die knorrigen Wurzeln eines sterbenden Baumes. Er wusste, dass es Zeit war, seinen Verband zu erneuern, aber seine Hände gehorchten ihm nicht. Da begriff er, warum er sich so schlecht fühlte. Genau so hatte er sich gefühlt, als er mit zerfetztem Unterleib in jenem Haus in Frankreich lag. Nun saß er in seinem stillen kleinen Zimmer, allein, unfähig, sich zu helfen. Er sah, was die Zukunft für ihn bereithielt, und er hatte schreckliche Angst.
     
    Dan saß auf der Hintertreppe und fragte sich, wie es zu einer solchen Situation kommen konnte. Wie war es möglich, dass in einem so reichen und so

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