McJesus
freigebigen Land Menschen in Armut und Obdachlosigkeit endeten? Seit er vor einem Jahr die Spots für den United Way gemacht hatte, kannte er die Statistiken. Er wusste, wie viel Geld dort draußen herumschwirrte. Er wusste, dass für die vierhundert besten wohltätigen Einrichtungen in den USA jährlich insgesamt rund 145 Milliarden Dollar gespendet wurden. Dazu kam das Geld der Regierung. Nicht nur für die Sozialhilfe zahlte der Staat 365 Milliarden Dollar pro Jahr, sondern auch das Ministerium für Gesundheit und Soziales gab einschließlich Lebensmittelmarken und Kindergeld jährlich 354 Milliarden Dollar aus. Und es war nicht so, als gäbe es diese Spendenfreudigkeit und die staatlichen Leistungen erst seit gestern. Sie waren seit Jahrzehnten vorhanden.
Wo ging dieses ganze Geld hin? Gut, der Präsident von United Way war 1992 wegen Unterschlagung von Spendengeldern verurteilt worden, aber nicht alles Geld, das aus Spenden zusammenkam, wurde gestohlen. War die Not so groß, dass es einer halben Billion Dollar im Jahr bedurfte, damit die Zahl der in Armut lebenden Kinder nicht über vierzehn Millionen stieg? Und warum, fragte sich Dan, schienen aus Spenden finanzierte Gesundheitseinrichtungen regelmäßig Fortschritte zu erzielen – zum Beispiel mit der Entdeckung erfolgreicher Behandlungsmethoden für Krebs und Aids, aber nie sah man eine Schlagzeile wie. »Armutsproblem gelöst!« oder »Alle haben zu essen!« Man sollte annehmen dürfen, dass man das Problem inzwischen im Griff hatte; tatsächlich aber wurde es nur immer schlimmer. Wie war das möglich? Übersah er vielleicht etwas? Reichte eine Billion Dollar nicht mehr so weit wie früher? Wenn die Bewohner des Care Centers als Opfer eines Autounfalls mitten auf dem San Diego Freeway stünden und Hilfe bräuchten – sie würden sie bekommen. Die Leute würden anhalten, um zu helfen. Krankenwagen würden kommen. Der Unterschied, dachte Dan, bestand darin, dass es hier im Care Center kein Blutbad, keine umgestürzten Autos gab, nichts, was die Nachrichtensender reizte. Es lag daran, dass niemand wirklich so aussah, als bräuchte er Hilfe, und deshalb erhielten sie keine Hilfe. Das, dachte Dan, war die Kehrseite der »Image ist alles«-Medaille.
Dan überlegte, ob er auf die Knie fallen und um eine göttliche Intervention oder die Fürsprache eines Heiligen bitten sollte.
Doch er versprach sich nichts davon. Wenn Beten die Antwort wäre, gäbe es keine Fragen mehr. Er wusste, dass nur er eine Lösung für das Care Center finden konnte, und genauso gut wusste er, dass er versagt hatte. Viel mehr als wieder hineingehen und packen konnte er im Moment nicht tun. Doch gerade als er aufstehen wollte, hörte er eine kleine Stimme. »Pater, wo ziehen wir hin?« Es war Alissa. Sie trug eine Einkaufstüte mit ihren wenigen Habseligkeiten. Es war das erste Mal, dass Dan sie etwas sagen hörte.
Er zögerte. Er wollte sie ebenso wenig anlügen wie ihr die Wahrheit sagen; aber irgendeine Antwort musste er ihr geben. Er entschied sich für einen Mittelweg. »Es ist eine Überraschung«, sagte er.
Alissa setzte sich neben Dan. »Pater, könnten wir nicht dorthin ziehen, wo die Leute alle schön angezogen sind und wo uns Schwester Peg hingebracht hat und ich wie Aschenputtel war?«
Dan legte den Arm um sie. »Ich weiß nicht, wo das ist, Alissa. Aber ich frage Schwester Peg, wenn ich sie besuche.«
»Es war da drüben«, sagte Alissa und wies in die ungefähre Richtung von Los Angeles. »Es war wirklich schön. Sie haben schöne Musik gespielt mit Geigen, und es hat so viel zu essen gegeben, dass man gar nicht alles aufessen konnte. Und Schwester Peg hat ihre Freunde vom Fernsehen mitgebracht, und ich habe sogar mit ihnen getanzt.« Sie schien immer noch erstaunt zu sein – als hätte sie es nicht verdient, etwas so Schönes erlebt zu haben.
Und Dan merkte plötzlich, dass es bei ihm klingelte. Freunde vom Fernsehen? Er kratzte sich am Kopf und wandte den Blick von Alissa ab. In sein Denken war unverhofft Bewegung gekommen. Image ist alles. Dans Gedanken begannen, sich zusammenzufügen. Nichts, was die Nachrichtensender reizte? Dan stand auf und begann wie ein Verrückter mit den Fingern zu schnippen. Schnippschnappschnippschnapp. Keiner von ihnen sah aus, als würde er Hilfe brauchen … Alissa sah den fingerschnippenden Dan argwöhnisch an. »O mein Gott«, sagte er. »Und es war die ganze Zeit vor meiner Nase!«
»Pater, ist alles in Ordnung?«
Dan bückte sich
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