McJesus
Dealer!«
In seinem ganzen armseligen Leben hatte Scott kein Haschisch geraucht, geschweige denn Kokain geschnupft. Nicht, dass er grundsätzlich etwas dagegen hatte – er hatte nur viel zu viel Angst, um so etwas zu tun. Scott wusste, dass die Sicherheitsleute keinen Grund hatten, ihm das Kokain unterzujubeln, folglich konnte es nur Dan gewesen sein. Nun war Scott wegen der Fujioka-Sache schon reichlich aufgebracht, aber das hier gab ihm den Rest. Er wurde so wütend, dass er seine Wut nicht mehr artikulieren konnte. Er lief puterrot an und sah schlicht psychotisch aus.
Die Sicherheitsleute zogen Scott an den Armen hoch und trugen ihn aus dem Saal. Da fand Scott endlich die Sprache wieder. »Der Mistkerl hat mich reingelegt! Es war meine Idee! Ich bring dich um, Steele! Verlass dich drauf! Du bist ein toter Mann!«
Oren sah zu, wie sich der immer noch auf dem Boden sitzende Dan den Kaviar aus dem gepflegten Haar kämmte. Es schien glaubhaft, dass Dan Scotts Idee gestohlen hatte. Ob das mit den Drogen stimmte, konnte er nicht beurteilen, aber er hegte den Verdacht, dass Dan dem armen Kerl den Koks in dem ganzen Durcheinander zugesteckt hatte. Ist das mein neuer Geschäftspartner? Oren verschränkte die Arme und setzte ein strahlendes Lächeln auf. Er sah aus wie ein stolzer Vater.
Pater Michael fühlte sich immer noch so, als brüte er eine Krankheit aus. Er hatte schmerzhafte Bauchkrämpfe und wäre am liebsten sofort zu einem Arzt gegangen. Aber er musste zuerst nach Van Nuys, um bei Ruths Zurechnungsfähigkeitsprüfung und ihrer Vorführung beim Haftrichter dabei zu sein. Dan sprach davon, sie einfach im Gefängnis zu lassen, aber Michael konnte ihn dazu bewegen, einen Scheck für ihre Kaution auszustellen.
Ein vom Gericht bestellter Psychiater bestätigte, dass Ruth ohne ihre Medikamente keine Kontrolle über ihre Handlungen hatte. Seine Beurteilung stützte sich auch auf die Geiselaffäre und etliche andere Vorfälle. Der Richter schloss sich der Meinung des Psychiaters an, dass Ruth strafrechtlich nicht verfolgt werden konnte. Die zivilrechtlichen Klagen auf Schadenersatz konnten damit aber nicht ausgeschlossen werden. Ruth wurde in Michaels Obhut entlassen.
An diesem Tag sah Michael seine Mutter nach fünf Jahren zum ersten Mal wieder. Er hatte sich auf ein fröhliches Wiedersehen gefreut, aber nach der Nacht im Gefängnis war Ruth erschöpft und niedergeschlagen, und Michael konnte sagen, was er wollte – seine Mom sprach nicht mit ihm. Er wusste nicht, ob sie sich aufgrund eines Stimmungstiefs so verhielt oder ob sie immer noch böse auf ihn war, weil er nach Afrika gegangen war.
Er wusste, dass sie sich von ihm verlassen fühlte, als er ging, aber inzwischen, so hoffte er, war sie doch sicher darüber hinweggekommen. Er wünschte sich, dass sie sagte: »Ich liebe dich, Sohn.« Gerade jetzt hätte er ein solches Wort dringend gebraucht.
Michael dehnte seine steifen Halsmuskeln, während er Ruth aus der Polizeistation führte. Er fragte sich, warum sein Hals so verspannt war. »Ich habe hinter dem Haus geparkt«, sagte er.
Sie gingen langsam über den Parkplatz zu Michaels altem VW-Bus, den er bei einem Freund untergestellt hatte, während er in Afrika war. »Wir fahren nicht mehr ins Altenheim«, sagte er. »Wir fahren nach Sylmar, wo ich arbeiten werde. Deine Sachen werden dir nachgeschickt.« Er öffnete die Wagentür, damit Ruth einsteigen konnte.
Ruth kletterte in den Bus. Michael beugte sich vor, um ihr den Gurt anzulegen. Ruth sah ihn an. »Du siehst schrecklich aus«, sagte sie. »Du solltest zum Arzt gehen.«
Sylmar, ein Stadtteil mit überwiegend Spanisch sprechender Bevölkerung, lag auf der anderen Seite der Schienen, die parallel zur San Fernando Road verliefen, ziemlich genau dort, wo die Ausläufer der Santa Susanna Mountains auf die San Gabriels treffen. Sylmar war an drei Seiten von Schnellstraßen umgeben; es war schmutzig und staubig, es gab zwar viel Grün, aber auch das war schmutzig und staubig. Im Lauf der Jahre hatte sich die Gegend zu einem Wirrwarr aus billigen Wohnhäusern und kleinen Betrieben entwickelt. Aus dem früheren Rancherland und den Zitrus- und Olivengärten war eine verlotterte Vorstadt geworden – vielleicht nicht unbedingt eine Hölle, aber gewiss nicht Pacific Palisades. Pater Michael verließ den Freeway an der Polk Street und bog an der Adventistenkirche rechts ab. Ein paar Querstraßen weiter, nach der Kirche der Mariae Unbefleckte Empfängnis und
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