McQuade - Der Kopfgeldjäger, Teil 1-12 der Saga (Western) (German Edition)
ihn!«, brüllte jemand.
»Hau ab, Boulder!«, gebot McQuade und seine Stimme duldete keinen Widerspruch.
Nat Boulder stieß sich von der Wand ab und eilte zur Tür. Wenig später schlug sie hinter ihm aus. Seine schnellen Schritte erzeugten ein trockenes Poltern auf dem Vorbau, dann versanken die Geräusche in der Stille.
»Leid können einem nur seine Eltern tun«, rief ein Mann. »Solch eine Ratte als Sohn zu haben ist geradezu ein Schicksalsschlag, eine Strafe des Himmels.«
McQuade holte sein Gewehr und sagte: »Der Marshal liegt draußen auf seinem Pferd. Jemand muss dem Totengräber Bescheid sagen. Und das Büro des U.S. Marshals in Phönix muss benachrichtigt werden.«
»Was haben Sie vor, McQuade?«, fragte der Keeper.
»An meinem Vorsatz, Doug Nolan zu stellen und dem Gesetz zu übergeben, hat sich nichts geändert. Doch ich konnte nicht ahnen, dass ich es am Ende mit vier Gegnern zu tun haben würde. Ich muss mir eine Strategie ausdenken. Planlos vorzugehen wäre wahrscheinlich tödlich.«
*
Es klopfte gegen die Tür von McQuades Hotelzimmer. Der Kopfgeldjäger lag auf dem Bett und hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Den Mantel hatte er ausgezogen und über einen Stuhl geworfen, sein Stetson lag auf dem Tisch, die Stiefel standen neben dem Bett. Die Lampe auf der Kommode brannte und spendete vagen Lichtschein.
»Wer ist draußen?«
»Ray Boulder.«
McQuade erhob sich, ging zur Tür, sperrte sie auf und öffnete. Der riesenhafte Fuhrunternehmer kam ins Zimmer, ging zu einem Stuhl und ließ sich darauf fallen. Er vermittelte den Eindruck eines Menschen, der nicht mehr ein noch aus wusste. »Nat hat sich ein Pferd aus dem Stall genommen und die Stadt verlassen.« Die Stimme Boulders klang regelrecht verzweifelt. Nach einem tiefen Atemzug fuhr er fort: »Ich schätze, dass er zu den Nolans reitet. Was ist bloß in den Jungen gefahren? Er ist wie umgewandelt, seit er gehört hat, dass Doug Nolan nach Hause zurückgekehrt ist.« Der große Mann schlug beide Hände vor das Gesicht. Seine Schultern zuckten. Seine Psyche spielte nicht mehr mit.
»Wissen Sie, was sich im Saloon zugetragen hat?«
»Natürlich. Es ist mit der Schnelligkeit eines Steppenbrandes durch Tonto Basin gegangen. Mein Gott, wenn ich daran denke, dass Nat den Tod eines Menschen verschuldet hat …« Ray Boulders Hände sanken kraftlos nach unten. »Was haben wir nur falsch gemacht bei seiner Erziehung?«
»Die Antwort auf diese Frage muss ich Ihnen schuldig bleiben«, murmelte McQuade. Er verspürte Mitleid mit dem enttäuschten Mann. Seine Stimme hob sich ein wenig. »Nat wird die Nolans aufklären. Für sie wird es keine Rolle spielen, ob es ein U.S. Deputy Marshal oder ein Kopfgeldjäger war, den sie mit einer Kugel aus dem Sattel holten, für sie ist nur maßgeblich, dass sich noch jemand in der Gegend herumtreibt, der es auf einen von ihnen abgesehen hat. Und sie werden nicht warten, bis ich komme. Im Vorteil ist immer der, der Zeitpunkt und Ort bestimmt. Dieser Grundsatz wird sie leiten.«
»Sie denken, dass die Nolans nach Tonto Basin kommen?«
»Es ist nicht auszuschließen.«
»Gott bewahre die Stadt vor dieser Heimsuchung«, flüsterte Ray Boulder mit zittriger Stimme, die ganz und gar nicht zu diesem wuchtigen Mann passte, der hartbeinige Fuhrknechte befehligte und ein knallharter Geschäftsmann war.
»Ich werde versuchen, die Nolans von Tonto Basin fernzuhalten«, versprach McQuade. »Gehen Sie nach Hause, Boulder. Und beten Sie, dass sich ihr Sohn heraushält. Wenn nicht, kann ich für nichts garantieren.«
*
McQuade starrte durch die Finsternis auf die Nolan-Farm hinunter. Nirgendwo brannte ein Licht. Im Corral befanden sich keine Pferde. Der Buggy fehlte. Der Kopfgeldjäger befand sich wieder auf dem Hügel, von dem aus er schon am frühen Nachmittag die Farm beobachtet hatte. Mond und Sterne boten ausreichend Licht, um alles gut erkennen zu können.
Nach einer Stunde entschloss sich McQuade, nachzuschauen. Er lief, das Gewehr in der linken Hand und jede Deckung ausnutzend, die sich ihm bot, den Abhang hinunter. Im Schutz eines Schuppens, der ihn vor Blicken aus dem Farmhaus bewahrte, bewegte er sich auf die Farm zu und blieb schließlich im Schatten des Stalles stehen.
Nichts rührte sich. Nur das leise Säuseln des Windes war zu vernehmen.
McQuade glitt um die Ecke des Stalles herum, huschte zum Tor und erkannte, dass es sperrangelweit offen stand. Im Stall war es finster wie in
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