Mea culpa
lesen.«
Eine Antwort ist nicht möglich.
»Er kommt morgen?«, frage ich in der Haustür und deute in Richtung von Petters Zimmer.
»Ja. Und ich auch. Morgen.«
Als ich schon gehen will, überlege ich mir die Sache anders, mir liegt eine Frage auf der Zunge, sie will hinaus, aber ich wage nicht, sie zu stellen, ehe mir aufgeht, dass ich sie irgendwann einmal stellen muss, und ich frage:
»Ist Petter dein Sohn?«
Sie ist aufgestanden, und sie lächelt kurz, es ist fast ein kleines leises Lachen.
»Nein.«
»Dein Enkel?«
»Nein, auch das nicht.«
Es wäre unverschämt, weitere Fragen zu stellen, und ich nicke zum Abschied und öffne die Tür.
Ihre Bewegung hält mich abermals zurück; sie kommt auf mich zu, tritt vor mich, und dann lächelt sie ein ganz neues Lächeln, es ist triumphierend, aber nicht kindisch, ich kann in ihrem Gesicht ein gewisses Entzücken lesen, und sie kann mein Ohr nicht erreichen, ich bin zu groß, weshalb sie meine Hand nimmt und mich anschaut und so leise flüstert, dass ich nicht sicher bin, ob ich richtig gehört habe.
»Er ist weder mein Sohn noch mein Enkel«, sagt Asha. »Ich habe ihn gestohlen!«
37
Ein riesiger, kostbarer Diamant.
Sie konnte ihre Gedanken nicht von diesem Diamanten losreißen. Dass diese beiden Tage zusammenfielen, war bemerkenswert. Ein listiges Lächeln des Schicksals.
Diamanten von einer gewissen Größe können ja nicht einfach nur im Safe liegen. Sie binden eine ungeheure Menge Kapital. Das begriff Synne sehr rasch, nachdem ihr in den ersten vier Geschäften einige armselige, jämmerliche Steinchen in der Dreitausend-Kronen-Klasse vorgelegt worden waren. Sie fühlte sich immer weniger wohl in ihrer Haut. Sie wollte einen richtigen Diamanten, und sie wollte ihn jetzt!
»Versuchen Sie es bei David-Andersen«, sagte eine Verkäuferin in der Storgate bedauernd, als nichts, was sie zeigen konnte, für groß oder teuer genug befunden worden war.
Synne war nicht für David-Andersen angezogen. Das war sie eigentlich nie, und an diesem Tag schon gar nicht. Es ging ihr aber erst auf, als sie in den Laden trat, wo sie von einer achtzehnjährigen Göre angesprochen wurde, die sie mit offenkundiger Verachtung von Kopf bis Fuß musterte und ihr dann ein Tablett vorlegte, das total überfüllt war, in jedem Ritz im roten Samt lag ein Anhänger; ein Diebstahl würde hier sofort entdeckt werden.
»Ich hatte eher in Richtung Fünfzigtausender gedacht«, sagte Synne laut und nicht ohne einen gewissen Triumph in der Stimme, und schwupp, schon erschien eine neue Frau aus dem großen Nichts, eine wohlgepflegte, wohlgebaute, wohlgekleidete Frau von Mitte fünfzig. Sie verscheuchte die Azubi mit einer Handbewegung.
»Dann folgen Sie mir doch bitte«, sagte sie ungeheuer höflich und führte Synne in etwas, das sich wohl am treffendsten als Chambre séparée bezeichnen ließ.
Die Sessel waren weich, die Beleuchtung erlesen. Die Tür wurde hinter ihnen geschlossen, und Synne war mit der Diamantenfrau eingeschlossen, die effektiv über den dicken Teppich schwebte und vor einen Tisch zwischen zwei Sesseln trat; dabei klirrte der Schmuck dieser Frau, und Synne empfand einen Hauch von hilflosem Unbehagen.
Vergessen waren offenbar Synnes ungeschminktes Gesicht und ihre schmuddelige Jeansjacke. Nun wurde ihr ein Vortrag über Diamanten zuteil, der nicht weniger als eine halbe Stunde dauerte. Über Größe, Reinheit, Wert, Schliff, Herkunftsland und Zertifizierung. Die Frau zeigte ihr ein gewaltiges Stück von drei Karat; es war gelb und kostete nur einen Bruchteil der kleineren, leuchtenden, weißen. Sie erklärte Synne, wozu das weiße Gold diente, und führte ihr vor, wie eine Einfassung aus gelbem Gold etwas von der Klarheit und dem Licht eines reinen, schönen Diamanten raubt.
»Aber wir haben ja auch noch die Platinfassungen «, sagte sie vertraulich und beugte sich über den Tisch, als wolle sie mit Synne ein Geheimnis teilen, sie in etwas einweihen, was der Allgemeinheit unbekannt ist, eine Schwesternschaft der Kennerinnen edler Steine. »Platin ist wirklich entschieden vorzuziehen, wenn Sie mich fragen.«
»Warum denn?«, murmelte Synne, sie hatte schon längst gesehen, dass Platin auch entschieden teurer war als Gold.
»Platin ist phantastisch. Zum einen gibt es keine Korrosion, und außerdem ist es so hart, viel härter als Gold, und deshalb zerkratzt es nicht so leicht. Platin altert einfach auf schönere Weise, wenn Sie mich fragen.«
Sie betonte einzelne
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