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Mea culpa

Mea culpa

Titel: Mea culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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Worte ganz gewaltig, aber sie schien ja auch zu wissen, wovon sie sprach.
    »Soll es für Sie selber sein?«
    »Äh, nein, ja, das heißt … Es ist ein Geschenk.«
    Diese Dame hieß mit zweitem Vornamen Diskretion.
    »Ah!«, sagte sie und beugte sich noch ein wenig weiter vor. »Es ist ja auch eine Frage des Alters, meine ich, welche Fassung gefällt. Diese hier zum Beispiel  …«
    Sie zog ein Stück in weißem Gold mit klassischer Fassung und schmaler, diskreter Kette hervor. Ihre Hände waren gepflegt und geübt, sie hatten lange rote Nägel.
    »Das hier wäre am besten für eine etwas reifere Frau geeignet. Für Ihre Mutter zum Beispiel.«
    »Tja«, flüsterte Synne fast (die ganze Kammer zwang ihr einen leisen Respekt vor den ungeheuren Werten auf, die zwischen ihnen lagen). »Es darf ruhig ein wenig jugendlicher sein.«
    »Dann«, sagte die andere viel sagend und lächelte und zwinkerte ihr zu. »Dann habe ich genau das Richtige für Sie.«
    Sie erhob sich und trippelte zu einem weiteren Schrank mit vielen Schubladen. Sie suchte ein wenig, dann brachte sie mit triumphierender Miene eine Halskette und legte sie in Synnes rechte Hand.
    »Fühlen Sie doch nur«, sagte sie. »Fühlen Sie, wie schwer der ist? Er ist prachtvoll. Reine Platinfassung, die Kette ebenfalls Platin. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viel Arbeit in einem solchen Schmuckstück steckt. 0,64 Karat. Ein prachtvoller Anhänger.«
    Damit hatte sie ganz Recht. Der Schmuck kostete zweiundfünfzigtausend Kronen. Die Hälfte des großmütterlichen Erbes.
    »Ich glaube, den nehme ich«, sagte Synne und ließ sich mit erleichtertem Lächeln zurücksinken.
    »Dann schauen Sie sich doch ein wenig um, und ich erledige das mit den Papieren. Es dauert nur einen Moment.«
    Damit war sie verschwunden. Synne saß zwischen Werten von sicher einer Million, und die Diamantenfrau verschwand einfach. Es war unheimlich. Verstohlen schaute sie sich um, es musste hier doch Kameras geben, aber sie konnte keine entdecken. Synnes Beklommenheit steigerte sich noch, sie ließ sich so weit wie möglich zurücksinken und schob den Sessel von den Steinen zurück, um sich auf keinen Fall irgendeinem Missverständnis auszusetzen. Gott sei Dank kam die Frau ziemlich bald zurück.
    Sie hatte alles zurechtgelegt und führte Synne wieder in den Laden.
    Der Schmuck wurde in ein Etui gelegt, dieses wurde auf Goldschmiedeweise verpackt, und das Zertifikat wurde in einen Umschlag gesteckt und Synne mit vertraulicher Miene überreicht.
    »Ich hoffe wirklich, dass es gefällt«, flüsterte die Frau, und Synne schob das Geschenk in die eine und das Zertifikat in die andere Jackentasche. Auf dem Heimweg umklammerte sie beides mit den Händen.
    Rebecca öffnete die Tür mit gereizter Miene und in ein Handtuch gewickelt. Ihre Haare waren nass, und sie schaute auf ihren linken Arm, trug aber keine Uhr.
    »Du kommst viel zu früh.«
    Früh. Früh! Synne war den ganzen Tag im Kreis gelaufen, hatte bei der Arbeit blau gemacht und schon zwei Stunden, ehe sie endlich mit gutem Gewissen zu Rebecca fahren konnte, im besten Putz bereit gestanden.
    »Bin ich nicht fein«, murmelte sie verlegen, mit der Hand auf der Trachtentasche, der Diamant brannte und glühte durch Goldpapier und Wollstoff.
    »Doch. Also komm rein.«
    Die resignierte Stimme. Die Spielverderberinnenstimme. Die immer eine Weile vorhielt.
    »Was ist denn jetzt schon wieder los«, stöhnte Synne. Das hätte sie lieber nicht getan, sie wollte es auch nicht, es war viel besser, sich nichts anmerken zu lassen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und geduldig zu sein, aber das schaffte sie nicht. Nicht an diesem Tag. Nicht an einem solchen Tag.
    »Nichts.«
    »Und warum machst du dann so ein Gesicht?«
    »Es ist alles in Ordnung, habe ich gesagt. Darf ich mich jetzt abtrocknen?«
    »Was ist los, Rebecca?«
    Sie war weit fort. Sie sah Synne nicht mehr an und verzog auf allzu vertraute Weise den Mund. Synne ließ sich auf eine kleine Klappbank fallen und schüttelte den Kopf.
    »Wenn du es unbedingt wissen musst«, sagte Rebecca und bürstete sich mit wütenden Bewegungen die feuchten Haare. »Ich hatte einen anstrengenden Tag im Büro, ich habe einfach nicht alles Dringende erledigen können, und vor einer halben Stunde musste ich zu Christian fahren, weil die Kinder eine Menge Sportsachen vergessen hatten, und da Henrik krank war, wollte er mich nicht wieder weglassen, und das ist wirklich nicht gerade … und du hast mich heute

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