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Mea culpa

Mea culpa

Titel: Mea culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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Te Kanawa. Sie ist eine halbe Maori und auf Neuseeland geboren. Ob sie noch immer dort lebt, weiß ich nicht. Ihre Schönheit kann sich fast mit der von Liv Ullmann messen. Ich bin Kiri Te Kanawa nicht begegnet, habe ihren Hund nicht gestohlen oder so etwas, aber Rebecca und ich haben einmal in Wien eines ihrer Konzerte besucht. Ihr Gesicht hat etwas Besonderes, Schönheit trotz dieses leicht flachen Zuges mit den engstehenden dunklen Augen. Typisch Maori, denke ich, und will nach Neuseeland.
    Heute wird Petter acht, Rebecca wird fünfzig. Das heißt, eigentlich ist sie erst neunundvierzig, aber das wissen nur sie, ich und ihr Vater. Heute feiert sie Geburtstag. Wenn sie feiert. Heute, und zu Hause in Norwegen ist Hochsommer.
    Petter hat das Boot bekommen, er war stumm vor Begeisterung und musste dazu überredet werden, mir zu glauben: Ich habe mich beim Vermieter erkundigt, Petter kann es hier an einem Pfahl vertäuen. Vielleicht erleichtert das Geschenk ihm den Abschied von mir, er zeigt seine Trauer nicht offen, er zuckt mit den Schultern und glaubt, dass ich irgendwann zurückkehren werde. Den Computer bekommt er erst nach meiner Abreise, das habe ich mit Asha verabredet, die fast ebenso schweigsam ist.
    Als Hervé kommt, hat er sich feingemacht. Er trägt ein Jackett, ich sehe ihn zum ersten Mal in einem solchen Kleidungsstück, und besonders bequem kann es nicht sein. Er lädt mein Gepäck in seinen Wagen, und Asha streckt die Hand aus.
    »Fahr nach Hause, Synne«, sagt sie leise. »Fahr nach Hause und mach einen Versuch.«
    Ich gebe keine Antwort, ich nehme einfach nur ihre Hand und lächele, mein Mund zittert, aber vielleicht sieht sie es nicht, und sie wiederholt:
    »Fahr dahin, wo du hingehörst.«
    Dann lässt sie meine Hand los, und ich gehe auf die andere Seite des Autos und öffne die Tür.
    »Give me five«, bitte ich Petter, und er lacht und knallt seine Handfläche gegen meine.
    Dann läuft er zu seinem Boot hinunter, dem Geschenk der Frau, die von der Nähe des Nordpols stammt.
    »Komm bald zurück!«, brüllt er im Laufen.
    Der Wagen ist heiß, aber ich lasse das Fenster geschlossen. Hervé startet den Motor, und ich sehe Asha durch das schmutzige Fenster an und forme stumm mit den Lippen einige Wörter.
    »Thank you, Asha. Merci.«
    Sie nickt kurz und wendet sich ab. Das Letzte, was ich sehe, als wir bei dem großen Baum um die Kurve biegen, ist Ashas Rücken, der sich dem Jungen am Strand nähert. Sie trägt ein geblümtes Kleid, vom Alter verschlissen, noch von hier aus kann ich ihre Schulterblätter sehen, wie Vogelflügel durch den Stoff, und ihre Arme sind braun und dünn, aber stark wie Bootstrossen.
    »Halte beim Postamt«, bitte ich Hervé.
    Er fährt auf den Bürgersteig, und ich nehme das Paket, das auf meinem Schoß liegt, ein großes graues Paket voller Papier, die Geschichte, die ich hier auf Mauritius geschrieben habe, den Bericht über eine Liebe, die zu groß war und zu viel gekostet hat. Ich reiche es dem Mann hinter dem Schalter, der es weiterbefördern soll, in den Norden.
    Die Geschichte ist mein Geschenk an Rebecca, zum fünfzigsten Geburtstag, obwohl sie es sicher nicht vom Postamt abholen wird. Sie wird im Gefühl haben, worum es sich handelt, wenn die Benachrichtigung kommt, das weiß ich, Rebecca hat magische Hände. Und dann wird das Paket zurückgeschickt, an die Absenderin, ich habe Ashas Adresse angegeben, und Asha kann meinen Bericht für mich hüten. Er kann kein besseres Zuhause finden als bei Asha, dieser alten Frau, die mir ihre Geschichte über Liebe und Schuld geschenkt hat.
    Jetzt bekommt sie im Gegenzug meine.

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