Meade Glenn
Murphy interessante Details. Die beiden waren oft außerhalb des Unterrichts zusammen gesehen worden. Gorevs KGB-Kollegen munkelten, es habe sich zwischen den beiden eine enge emotionale Beziehung entwickelt. Sie sollen ganze Wochenenden allein in Gorevs Wohnung verbracht haben. Nach der Ausbildung kehrte Karla Dousad sofort in den Libanon zurück. Drei Monate später verließ Nikolai Gorev das KGB und ging zur Armee.
Interessant waren die zusätzlichen Informationen des israelischen Obersten, die noch vorhandene Lücken füllten.
Karla Dousads Name tauchte zum ersten Mal 1983 in Berichten des Geheimdienstes auf. Mit neunzehn Jahren trat sie der PLO bei, die nach den entsetzlichen Massakern in den palästinensischen Flüchtlingscamps in Sabra und Chatila und dem Einmarsch der Israelis in den Libanon zu militanten Gegenschlägen ausholte. Damals wurden tausende unschuldiger Menschen, wozu auch Karlas Eltern gehörten, niedergemetzelt.
Karla Dousad war eine von zigtausenden aufgebrachter junger Palästinenser, die sich der PLO anschlossen, um Rache zu üben.
Nach dem Bericht von Oberst Rand wurde sie verdächtigt, an mindestens einem halben Dutzend Terroranschlägen gegen Israel beteiligt gewesen zu sein, bevor sie nach Moskau geschickt wurde, um dort ihre Kampfausbildung zu erhalten.
Über diese Zeit wussten die Israelis so gut wie nichts.
Aktenkundig waren lediglich ihre hervorragenden Leistungen an der Lumumba-Universität. Unmittelbar nach ihrer Rückkehr in den Libanon heiratete sie Michael Sharif, einen Lehrer und palästinensischen Aktivisten, und zog an den Stadtrand von Beirut. Im Frühjahr des nächsten Jahres brachte sie ihren Sohn Josef zur Welt. Fünf Jahre später wurde ihr Ehemann bei einer Autoexplosion, die ganz Beirut erschütterte und bei der fünfundzwanzig Menschen ums Leben kamen, getötet.
Seltsamerweise trug die viel versprechende Karriere der Studentin nach ihrer Rückkehr in den Libanon kaum Früchte.
Eine gewisse Zeit bildete sie PLO-Rekruten aus, aber nach dem Tod ihres Gatten schien ihre Verbindung zur PLO abzubrechen.
Für Murphy ergab das keinen Sinn. Eine Frau, die zu einer der gefährlichsten Terroristinnen ausgebildet worden war, ließ ihre Fähigkeiten verkümmern, und Murphy fragte sich, warum. Hatte sie nach dem Tod ihres Gatten entschieden, ein normales Leben zu führen, anstatt auf Rache zu sinnen?
»Glauben Sie, Karla Sharif ist noch in der Szene aktiv, Oberst Rand?«, fragte Murphy den Mossad-Offizier in Tel Aviv.
»Ich glaube nicht, Mr. Murphy. Von unseren Informanten haben wir erfahren, dass sie sich nicht mehr an Terrorakten beteiligt und keine Verbindung mehr zu bekannten extremistischen Organisationen hat. Da sie keine Bedrohung mehr darstellt, haben wir ihre Überwachung vor einigen Jahren eingestellt und ihr erlaubt, ihren Sohn im Gefängnis zu besuchen. Es bestand Einigkeit darüber, dass sie sich von der Szene abgewandt hat. Selbst bei härter gesottenen Terroristen kommt es mitunter zu einer Sinnesänderung. Dürfte ich fragen, warum Sie sich für sie interessieren?«
»Es mag Sie überraschen, aber ihr Name taucht in Verbindung mit einer laufenden Ermittlung auf. Wir sind zwei libanesisch-amerikanischen Geschäftsmännern mit gefälschten Reisepässen auf der Spur.«
»Hört sich interessant an«, erwiderte Rand. »Ich würde gerne mehr darüber erfahren.«
»Sobald wir der Sache auf den Grund gegangen sind, erhalten Sie detaillierte Informationen«, log Murphy, der sich seine Antwort schon zurechtgelegt hatte. Er durfte die Israelis auf gar keinen Fall hellhörig machen. Schon allein seine Erkundigungen waren gewagt. »Keine Sorge, Oberst Rand. Es sieht nicht so aus, als müsste sich der Mossad darüber Gedanken machen.«
Uri Rand schien einen Moment über Murphys Erklärung nachzudenken. «Sie informieren mich, wenn Sie mehr wissen?«
Murphy spürte das starke Interesse des Israeli. »Natürlich«, log er. »Würden Sie mir wohl einen Gefallen tun? Könnten Sie diskret nachprüfen, ob Karla Sharif sich in ihrem Haus in Sur aufhält?«
»Wie schnell brauchen Sie die Information?«
»Am besten sofort.« Murphy fing an zu lachen und tischte dem Israeli eine weitere Lüge auf, um die Dringlichkeit seiner Nachfrage zu vertuschen. »Ich würde die Sache gerne vor meinem Urlaub abschließen. Übermorgen fahre ich zum Golfen nach Florida.«
»Sie Glücklicher. Gut, ich werde versuchen, Ihnen die Informationen bis morgen zu besorgen.«
»Vielen Dank für
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