Meade Glenn
über die kalte bronzene Beduinenstatue, als die Tür geöffnet wurde. Leila Horton war fünf Jahre jünger als ihr Ehema nn und die Tochter eines saudiarabischen Diplomaten.
Sie war sehr hübsch und gehörte zu den Frauen, die auch ungeschminkt gut aussahen. Bud Horton hatte Leila vor fast vierzig Jahren als schlaksiger Neunzehnjähriger bei einem Empfang in der Botschaft in Riad kennen gelernt. Es war Liebe auf den ersten Blick. Fünf Jahre später heirateten sie. Ihre beiden Söhne standen schon lange auf eigenen Beinen.
»Bud, du hast bestimmt kaum geschlafen. Ich habe dich gehört, als du um vier Uhr nach Hause gekommen bist.«
»Es geht schon.« Horton küsste sie auf die Stirn.
Leila strich ihm mit dem Handrücken über die Wange. »Ist es so schlimm, Liebling?«
Horton nickte.
Leila Horton, die seine Anspannung spürte, verlangte keine weiteren Erklärungen. »Wann musst du wieder ins Weiße Haus zurück?«
»Ich erwarte den Anruf innerhalb der nächsten Stunde. Du bist mir nicht böse, wenn ich dich heute nicht anrufen kann?«
»Natürlich nicht, Bud. Wäre trotzdem schön… Ich bin den ganzen Tag unterwegs. Du kannst mich auf dem Handy erreichen.« Seine Frau gab ihm einen Kuss und ließ ihn allein.
Horton drehte sich wieder zum Fenster um, trank seinen Kaffee aus und stellte die Tasse mit zittriger Hand auf den Schreibtisch.
Er hatte kaum Geheimnisse vor seiner Frau, doch in dieser Sache konnte er ihr auf gar keinen Fall die Wahrheit sagen. Im Augenblick konnte er nur hoffen, geschickt genug vorzugehen, damit sie beide die nächsten Tage überlebten. Seitdem alles begonnen hatte, quälte ihn seine Angst. Was würde passieren, wenn etwas schief ging? Wenn der Sprengsatz versehentlich gezündet wurde und hunderttausende von Menschen vergiftet wurden? Ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken. Dann klingelte das Telefon.
*
Patrick Todd O’Brien arbeitete immer noch verbissen an dem Katastrophenszenario. Obwohl sein Büro nur anderthalb Kilometer von der FBI-Zentrale entfernt war, ahnte er nichts von der Explosion. Er trank den letzten Schluck Kaffee aus und stellte die leere Tasse auf den Schreibtisch. Die Aufgabe, die ihm der Direktor der FEMA übertragen hatte, war fast unlösbar.
Um überhaupt weiterzukommen, widmete sich O’Brien nacheinander den Maßnahmen, die vor und nach der Katastrophe ergriffen werden mussten.
Da mit dem Giftgasanschlag zu rechnen war, hätte das Krisenmanagement normalerweise eine Menge tun können. In der Regel war der genaue Zeitpunkt einer Katastrophe unbekannt. Mit viel Glück gingen Stunden oder sogar ein oder zwei Tage vor einem Hurrikan, einer Überschwemmung oder einem Schneesturm entsprechende Warnungen ein.
Naturkatastrophen wie Erdbeben und Tornados trafen die Menschen jedoch meist unvorbereitet. Wenn O’Brien vorgewarnt wurde, konnte er auf die enorme Hilfe der zehn regionalen Niederlassungen der FEMA zurückgreifen und sie an den Unglücksort beordern.
Dann konnten die Krisenstäbe die Organisation der Versorgungsgüter, Gerätschaften und Rettungsmannschaften vornehmen. Die Experten, die in der Nähe des Unglücksortes in Position gingen, konnten ihren Aufgaben nachkommen, bevor die Katastrophe geschah. Sie konnten das Katastrophengebiet absperren und evakuieren und die Abstimmung mit den Rettungsdiensten - Feuerwehr, Polizei, Krankenhäuser - und dem FBI, der Nationalgarde und allen staatlichen Behörden, die sie für wichtig erachteten, in die Wege leiten.
In diesem Fall hatte es O’Brien mit besonders ernsten Problemen zu tun. Erstens durfte die Bedrohung durch den Nervengasanschlag nicht an die Öffentlichkeit dringen. Daher konnten potenzielle Opfer nicht aus der Gefahrenzone evakuiert werden. Zweitens durften die Rettungsmannschaften nicht eingeweiht werden. Sie mussten sich in der Nähe der Hauptstadt aufhalten, um schnell reagieren zu können, durften aber erst aktiv werden, nachdem der Sprengsatz gezündet und die tödliche Ladung verbreitet worden war.
Diese Bedingungen bereiteten O’Brien das meiste Kopfzerbrechen. Die entscheidende Phase nach einem Giftgasanschlag waren die ersten sechzig Minuten, wenn es darum ging, so viele Opfer wie möglich zu retten. Wenn die Rettungsdienste warten mussten, bis die Straßen verstopft und mit Toten übersät waren, wurde ihnen ihr Job erheblich erschwert. Die Rettungsmannschaften konnten die Männer, Frauen und Kinder nicht einfach überfahren. Sie mussten die Leichen wegschaffen, sich um
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