Meade Glenn
war. Der Oberst war für seine Grausamkeit bekannt. Er und seine Männer haben dreizehnjährige Jungen gefoltert und Dörfer zerstört, obwohl es überhaupt keinen Grund dafür gab.
Viele wurden von unschuldigen Zivilisten und nicht von Rebellen besetzt gehalten. Meinen Kameraden, die Novikov in die Hände fielen, erging es noch viel schlechter. Eine Kugel war humaner als die Behandlung, die er seinen meisten Opfern zukommen ließ.« Gorev schnippte die Asche von der Zigarette.
»Die Sache ist erledigt, und jetzt geht es weiter. Spätestens in einer Woche fliegst du mit Rashid nach Washington, um alles vorzubereiten. Wahrscheinlich ist er nicht gerade die angenehmste Gesellschaft für dich, aber ich komme bald nach.«
Karla Sharif setzte sich schweigend auf einen Felsen.
»Was ist los, Karla?«
Sie schaute ihn an. »Ich muss an den Tag denken, an dem du mich in Sur besucht hast. Du hast mir nie gesagt, warum du eingewilligt hast, hier mitzumachen. Vielleicht solltest du es mir jetzt sagen.«
Gorev zuckte mit den Schultern. »Es gibt viele Gründe. Vor allem muss ich mich für etwas revanchieren.«
»Und wofür?«
»Als die Russen vor drei Jahren in Grosny einmarschiert sind, hatten die Tschetschenen kaum Waffen, um sich zu verteidigen.
Ein paar gestohlene russische Waffen und kaum Möglichkeiten, an Nachschub zu kommen. Du kannst dir nicht vorstellen, was da los war. Wir wurden Tag und Nacht bombardiert und wie Bestien durch die Berge gehetzt. Wir waren am Ende. Dann kam Mohamed Rashid mit seinen Freunden und bot uns alles an, was wir brauchten. Waffen, Nachschub und die beste Ausrüstung und Kampfausbildung, die man sich vorstellen kann. Wir nahmen das Angebot an.«
»Und jetzt musst du dich revanchieren?«
»So ungefähr.«
»Und warum gerade du? Warum nicht einer deiner Kameraden?«
»Dafür gibt’s verschiedene Gründe. Ich spreche gut englisch und sehe nicht aus wie ein Araber. Das sind bei unserer Operation beides entscheidende Vorteile.« Gorev warf die Kippe weg. »Und du, Karla? Als ich dich in Sur besucht habe, wolltest du mit der ganzen Sache nichts zu tun haben. Warum hast du deine Meinung geändert? Wegen Josef?«
Karla zögerte. »Ja, wegen Josef.«
»Du musst ihn sehr lieben.«
»Mehr, als du dir vorstellen kannst.« Der Gedanke an ihren geliebten Sohn stimmte sie traurig. »Du hast nie geheiratet, Nikolai, nicht wahr?«
Gorev schüttelte den Kopf. »Wer hätte mich schon genommen? Es muss aber schön sein, einen Sohn zu haben.«
Karla erhob sich und versuchte, ihren Kummer zu bezwingen.
»Ich sollte mich wieder hinlegen.«
Gorev strich ihr über die Schulter. »Ich möchte dir etwas sagen, Karla. Es war nicht mein Vorschlag, dich in diese Sache hineinzuziehen. Falls du glaubst, es wäre meine Idee gewesen.«
»Und wessen Idee war es dann?«
»Rashid und seine Freunde haben dich vorgeschlagen.
Eigentlich nicht weiter verwunderlich. Es gibt nur wenige arabische Frauen mit deinen Fähigkeiten, die für eine so gewagte Sache infrage kommen. Dein Name stand auf einer ganz kurzen Liste ganz oben. Ich hätte dich da nicht hineingezogen. Verstehst du? Das solltest du wissen. Es ist mir wichtig.«
Sie nickte, ging ein paar Schritte und blieb noch einmal stehen. »Tust du mir einen Gefallen? Bring mich zum Flughafen, Nikolai.«
»Gibt es einen bestimmten Grund dafür?«
»Ich würde mich einfach freuen, wenn mir ein Freund auf Wiedersehen sagt und mir Glück wünscht.«
»Hast du Angst, Karla?«
»Mehr denn je.« Sie zögerte und biss sich auf die Lippen.
»Und du musst mir etwas versprechen. Versprich mir, dass sich jemand um Josef kümmert, falls mir etwas passieren sollte und ich diese Sache nicht überlebe.«
»Natürlich.« Gorev musterte sie. »Hast du deswegen Angst?«
Sie nickte. »Ja, das macht mir große Sorgen. Der Gedanke, ich würde sterben und Josef allein zurücklassen. Dieser Gedanke ist mir unerträglich.«
»Ich hab dir schon einmal gesagt, die ganze Sache wird problemlos über die Bühne gehen. Du wirst überleben, Karla.
Wir werden beide überleben. Und Josef wird frei sein.«
Sie schaute ihn gerührt an. »Hoffentlich hast du Recht, Nikolai. Das hoffe ich sehr.«
Gorev streichelte lächelnd ihre Wange. »Ich verspreche es dir.«
Karla stieg den Berg zu ihrem Quartier hinunter. Nikolai Gorev sah ihr nach, bis sie aus seinem Blickfeld verschwand, und steckte sich eine neue Zigarette an. Plötzlich hörte er Schritte hinter sich. »Dann muss es wohl
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