Meade Glenn
warmen Wintermantel und hatte sich einen dicken Schal um den Hals gewickelt, der sein halbes Gesicht verdeckte. Er wollte nicht erkannt werden.
Nachdem ihm eine Jugendliche mit einem pickeligen Gesicht ein Paket Marlboro Lights durch die Durchreiche geschoben hatten, stieg er in den Wagen. Sein Chauffeur und sein Mercedes standen ihm immer zur Verfügung, doch Rudkin war mit seinem eigenen Volvo Estate unterwegs. Er hatte die Wohnung durch den Hinterausgang verlassen und war mit dem Volvo, der in der Tiefgarage stand, weggefahren, um den Blicken der beiden Leibwächter vor dem Haus zu entgehen.
Rudkin fuhr etwa fünf Minuten und hielt am Gorki-Park an.
Seine Hände zitterten, als er sich eine Marlboro anzündete. Er inhalierte tief den Rauch und drückte die Zigarette sofort wieder aus. Sie schmeckte ekelhaft. Widerlich!
Seit fünf Jahren rauchte er nicht mehr, und er fragte sich, warum er sich Zigaretten gekauft hatte. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Rudkin war unentschlossen. Sein Herz klopfte laut. Er musste es tun und wusste nicht, ob er den Mut dazu hatte. Die Telefonzelle war ein paar Meter entfernt. Das Licht in der Zelle funktionierte nicht. Es war entweder kaputtgegangen oder mutwillig zerstört worden. Rudkin stieg aus dem Wagen, und als er die Zelle betrat, nahm ihm ein unerträglicher Uringestank den Atem. Irgendein Besoffener hatte auf den Boden gepinkelt. Rudkin wischte den Hörer mit dem Ärmel ab und fischte eine Münze aus seiner Hosentasche.
Als seine Hand über dem Schlitz schwebte, fingen seine Beine an zu zittern. Er zog die Hand zurück und drehte sich um.
Mein Gott, wo bleibt dein Mut?, fragte er sich. Er drehte sich wieder um, warf die Münze in den Schlitz und wählte die Nummer.
Washington, D.C.
10.49 Uhr
»Der Anrufer hat den amerikanischen Botschafter in Moskau angerufen.«
Der Verteidigungsminister saß dem Präsidenten im Oval Office gegenüber. »Nach seinen Angaben sind die Bomber vor knapp zwei Stunden gestartet, Sir. Kuzmin hat befohlen, acht der größten al-Qaida-Camps einschließlich Abu Hasims Kommandozentrale außerhalb von Kandahar zu vernichten.«
»Von wem haben wir diese Information?«
»Der Anrufer hat seinen Namen nicht genannt. Es muss sich aber um einen engen Vertrauten Kuzmins handeln. Er weiß, dass der Angriff beschlossen wurde und Hasim die Formel für das Nervengas vor drei Monaten in Moskau stehlen ließ.«
»Hat der Anrufer weitere Angaben zu dem Diebstahl gemacht?«
»Nein, Sir. Um einen Beweis für den Angriff zu erhalten, sollen wir versuchen, die Flieger mittels Radar und Satelliten zu orten. Ich habe General Horton gebeten, uns dabei behilflich zu sein.«
»Und?« Der Präsident starrte den General, der den Verteidigungsminister begleitete, erwartungsvoll an.
»Achtzehn schwere Bomber sind von einem russischen Luftwaffenstützpunkt in Solzy vor einer Stunde gestartet, Mr.
President«, erwiderte der General. »Unsere Radaranlagen in der Türkei und eines unserer AWACS konnten sie orten. Sie fliegen Richtung Südosten und nehmen direkten Kurs auf Afghanistan.
Dem Moskauer Anrufer zufolge hat einer der Bomber eine Luft-Boden-Rakete mit einem 10kt-Nuklearsñrengkoñf an Bord, um Hasims Kommandozentrale in Kandahar zu zerstören. Die anderen sind mit konventionellen 450kg-Bomben und Raketen ausgerüstet. Die Camps sollen dem Erdboden gleichgemacht werden.«
Der Präsident stand benommen auf, stützte sich mit einer Hand an der Wand ab, presste die Stirn gegen seinen Arm und starrte mit leerem Blick auf die dunklen Gärten. Der Schock war ihm so in die Glieder gefahren, dass seine Stimme krächzte. »O
mein Gott! Kuzmin muss verrückt geworden sein. Durch diese Aktion kann er Washington vernichten. Begreift er das nicht?«
»Vermutlich hat er sich zwischen dem Überleben Washingtons und dem Russlands entschieden. Kuzmin wird Angst haben, seine Öl- und Gasfelder könnten als Nächstes bedroht werden. Diese Vermutung ist in der Tat nahe liegend.
Durch diesen Präventivschlag hofft er, den Feind zu vernichten und das zu verhindern.«
»Dieser Mistkerl! Das ist noch lange kein Grund, unsere Stadt dem Tod zu weihen. Und genau das tut er.« Der Präsident drehte sich zu Horton um. »General, wie schnell könnte unsere Luftwaffe Kampfflugzeuge in den Golf schicken, um die russischen Bomber abzufangen?«
»Selbst wenn sie sofort starten würden, wäre die Zeit zu knapp, Sir. Nach unseren Schätzungen müssten die russischen Bomber ihr
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