Meade Glenn
Schluck Mineralwasser. »Ja, danke«, erwiderte er ruhig.
Er war höflich, aber distanziert, als wenn er Schäffer nicht mochte. Der Türke hatte ihn vom ersten Augenblick an verärgert.
Wäre nicht das ausgezeichnete Smörgasbröd gewesen, hätte Schäffer diesen Abend als ausgesprochen langweilig abgehakt.
Fast eine Stunde später hatten sie das Essen schweigend beendet und den Verdauungsschnaps zu sich genommen. Das heißt, Schäffer hatte, denn der Türke trank nur Wasser. Der Kellner brachte ihnen die Mäntel, und Schäffer und sein Geschäftspartner traten hinauf auf die kalte, verschneite Straße.
Eine hölzerne Promenade blickte auf die vereiste See jenseits der Straße. In der Nähe lag ein kleiner, einsamer Hafen. Schäffer verstand, warum der Türke diesen Treffpunkt gewählt hatte, der ganz offenbar nur für den Sommerurlaub taugte. Im Winter wirkte der Ort einsam und unheimlich. Die Straße von Stockholm war beinahe vollkommen menschenleer gewesen.
Ein Fahrzeug, das ihnen gefolgt wäre, hätte sofort ausgemacht werden können.
Schäffer sah dem jungen Türken zu, wie er den Kragen seines ausgefransten Mantels hochschlug und sich Wollhandschuhe überzog. Dann bedeutete er Schäffer mit einer Geste, ihm auf die Promenade zu folgen.
Sie schritten mehrere Minuten die Holzbohlen entlang. Der Türke schwieg, und ihr Atem schlug in der eiskalten Ostseeluft Nebel. Schäffer klapperten nach der Wärme des Kaminfeuers im Restaurant die Zähne. Die Dezembernacht war klar, und weiter südlich strahlten die Lichter Stockholms durch die Finsternis.
Der Türke blieb unter einer Straßenlaterne stehen und schaute auf die glitzernde See hinaus. Seine Miene war ausdruckslos.
Anscheinend wollte er jetzt endlich reden.
»Sind Planänderungen beschlossen worden?« fragte Ozalid förmlich.
»Keine.«
Schäffer zögerte, als der Mann eine Zigarette aus einem zerknautschten Päckchen zog und sie anzündete. Der Türke blies den beißenden Rauch in die eiskalte Luft und sah weiter auf die gefrorene Ostsee hinaus. Sein Gesicht wirkte nach wie vor gehetzt.
»Und Sie?« fragte Schäffer. »Kommen Ihnen noch in letzter Sekunde Zweifel?«
Der Türke schüttelte den Kopf. »Nein.« Seine Stimme klang endgültig, und er blickte Schäffer an. »Halten sich Ihre Leute an die Abmachungen?«
»Selbstverständlich«, gab Schäffer zurück. »Was das Finanzielle angeht, so bin ich autorisiert, das Geld auf das Schweizer Konto zu überweisen, sobald Sie Ihren Teil des Handels erfüllt haben.«
Der Türke nickte geistesabwesend, als wäre das Geld ohne Bedeutung. Schäffer zog einen dicken Umschlag aus der Innentasche seines Mantels und hielt ihn dem Mann hin.
»Alle notwendigen Einzelheiten befinden sich hier drin.
Vernichten Sie es, sobald Sie sich alles eingeprägt haben. Die Flugtickets sind auf den gleichen Namen wie Ihr falscher Ausweis ausgestellt. Sie sollten auf das Paßfoto achten.
Versuchen Sie, möglichst ähnlich auszusehen. Das gilt auch für die Kleidung. Sie sollte zu ihrer falschen Identität passen. Ich habe eine Liste gemacht, und das Geld in dem Umschlag müßte Ihre Unkosten reichlich decken.«
»Meine Identität bleibt also wie abgesprochen?«
Schäffer nickte. »Ja. Sie sind ein Geschäftsmann, der mit einer Berliner Elektronikfirma Geschäfte macht. Sollte es Probleme bei der Einreise geben, können Sie die Nummer der Firma angeben. Sie wird die Geschichte bestätigen.« Schäffer hielt inne. »Sie wissen, was Sie zu tun haben. Aber ich schlage vor, daß Sie sich zuerst mit Ihrer Umgebung vertraut machen. Das Boot bleibt, wie es vereinbart ist, am See zurück. Außerdem benutzen Sie öffentliche Verkehrsmittel, keine Taxis. So ist es weniger wahrscheinlich, daß man sich an Sie erinnert. Haben Sie noch Fragen?«
Diesmal schüttelte der Türke den Kopf.
»Wenn Sie noch weitere Erklärungen benötigen«, fuhr Schäffer fort, »dann können Sie sich jederzeit unter den üblichen Vorsichtsmaßnahmen mit mir in Verbindung setzen.«
Der Türke schob den Umschlag in die Tasche.
»Sobald Sie das sichere Haus erreichen, werden unsere Leute Sie in die Schweiz bringen. Von da an sind Sie auf sich allein gestellt.«
Der Türke lächelte, eine seltene Geste, aber es war kein Funken Humor darin. Er wirkte eher resigniert.
»Vorausgesetzt, daß ich dann noch am Leben bin.«
Schäffer erwiderte das Lächeln. »Das wird schon schiefgehen.«
» Allah ismarladik. «
Schäffer gab die erwartete Antwort. Der
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