Meade Glenn
noch naheliegender. Mir sieht alles danach aus, als hätte das Landesamt die Finger im Spiel. Sie beobachten ihre Schäfchen, und wenn ihnen jemand folgt, oder es passiert sonst was Ungewöhnliches, dann ermitteln sie genauer. Nur kann ich in meinem Gewerbe keinen Streß mit dem Verfassungsschutz gebrauchen. Man könnte mir die Lizenz entziehen, und dann wäre ich draußen. Deshalb ziehe ich mich lieber zurück und überlasse die Angelegenheit Ihnen.«
Volkmann dachte einen Moment nach. »Angenommen, Kesser arbeitet wirklich für die Regierung und ich fordere vom Landesamt seine Akte an, dann würde ich sie doch wohl kaum einsehen dürfen?«
Iwan Molke sah ihn verblüfft an. »Was wollen Sie damit sagen?«
»Werner Bargel hat mir eine Zusammenfassung von Kessers Werdegang gezeigt. Daten über Forschungspersonal der Regierung unterliegen normalerweise der Geheimhaltung.
Würde Kesser also für die Regierung arbeiten, hätte Bargel mir die Akte niemals zugänglich gemacht.«
Molke zuckte mit den Schultern. »Es sei denn, Bargel hätte vermutet, Sie wären etwas auf der Spur, was auch die Regierung gern wüßte, und Kesser hätte damit zu tun. Hat Bargel Sie gebeten, sich bei ihm zu melden, wenn Sie was rausfinden?«
»Ja.«
»Sehen Sie, vielleicht ist das die Lösung.«
»Vielleicht. Und Sie? Haben Sie Zweifel?«
Molke überlegte kurz. »Weil die Seiten aus dem Notizbuch in Kessers Wohnung nicht dazupassen. Laut Pieber gab es da ein Dutzend Seiten mit Namen von Leuten und ein weiteres Dutzend mit einer Art von Diagrammen. Aber Pieber hatte leider nur Zeit, zwei Seiten zu fotografieren.«
Die Kellnerin hinter dem Tresen ersetzte den vollen Aschenbecher durch einen leeren. Erst als sie gegangen war, zog Molke einen Umschlag aus der Tasche und schob ihn Volkmann zu.
»Vielleicht sollten Sie sich die Fotos mal ansehen.«
Volkmann öffnete den Umschlag und schüttelte den Inhalt heraus. Es handelte sich um zwei Vergrößerungen schmaler, schwach linierter Heftseiten. Auf der ersten standen drei Namen mit einem X dahinter.
Auf der zweiten Seite befand sich der grob gezeichnete Grundriß eines Gebäudes. Daneben eine Karte mit einer Wegbeschreibung. Bei genauerem Hinsehen erkannte Volkmann das Wort ›Kloster‹ in Tinte eingekreist über der Zeichnung.
Volkmann betrachtete wieder die Namen.
Horst Klee.
Jürgen Trautmann.
Friederich Henkle.
Er sah Molke an. »Haben Sie eine Ahnung, wer das sein könnte?«
»Nein. Und wie gesagt, in dem Buch standen noch viel mehr Namen. Dutzende. Mein Mann hatte leider nur Zeit, eine der Seiten mit den Namen darauf zu fotografieren.«
»Und was ist mit dieser Karte?«
»Das hab’ ich heute morgen überprüft.«
»Und?«
»Die Richtungsangaben waren deutlich genug. Es ist ein altes, verlassenes Kloster an der Autobahn nach Salzburg, etwa eine Stunde Fahrt von München entfernt. Es steht schon seit Jahren leer, scheint sich aber noch in einem recht guten Zustand zu befinden. Sie können es sich gern mal ansehen. Ich habe Ihnen eine ordentliche Karte gezeichnet, mit Richtungsangaben, wie Sie am besten dort hinkommen.« Molke zog einen weiteren Umschlag aus der Tasche.
»Wissen Sie, wem das Kloster gehört?« fragte Volkmann und nahm den Umschlag entgegen.
»Nachdem der Orden es vor über zwanzig Jahren aufgegeben hat, wurde es von der Bundesregierung erworben, bis jetzt jedoch nicht weiter genutzt.« Molke zuckte mit den Schultern.
»Wenn Kesser tatsächlich noch für die Regierung arbeitet, dann könnte es sich natürlich um ein Areal handeln, das man heimlich ausbaut und benutzt. An Ihrer Stelle wäre sich sehr vorsichtig, wenn ich dort hinginge, Joe. Die Beamten, die für Spezialprojekte zuständig sind, zeigen sich sehr empfindlich, wenn es um Geheimhaltungsfragen geht.«
Volkmann tippte auf die beiden Fotos aus Kessers Notizbuch.
»Darf ich die behalten, Iwan?«
»Unter einer Bedingung.«
»Und welche?«
»Wenn das Landesamt eines Tages an meine Tür klopft, möchte ich Ihr Wort, daß Sie bestätigen, meine Leute hätten in offiziellem Auftrag gehandelt. Und daß ich für Sie gearbeitet habe.«
»Das haben Sie, Iwan.«
Molke griff in die Tasche und holte einen Ring mit zwei Schlüsseln heraus. »Sie gehören zu Kessers Wohnung. Ich habe sie von den Wachsabdrücken machen lassen, für den Fall, daß Sie die Angelegenheit näher untersuchen wollen. Aber ich steige aus, Joe. Von jetzt an müssen Sie die Sache übernehmen. Und die Schlüssel haben Sie nicht von
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