Meade Glenn
in seiner Brust, er hatte die Waffe schußbereit erhoben und nahm drei Stufen auf einmal. Im Nu war er oben auf dem Treppenabsatz.
Als Ozalid in das Schlafzimmer trat, sah er den Mann in dem rosa bezogenen Bett schlafen. Die wunderschöne junge Frau saß in ihrem Morgenrock am Frisiertisch und rauchte.
Sie starrte ihn schweigend an und gab kein Geräusch von sich, aber ihr Blick verriet ihre Angst.
Die ganze Szene erhielt etwas Surreales durch die Opernmusik, von der sie untermalt wurde, und einen Moment hielt Ozalid inne, um die junge Frau anzusehen.
Er erkannte ihr hübsches Gesicht von den Fotos, die er gesehen hatte. Ihre Blicke begegneten sich. Als sie die Beretta mit dem Schalldämpfer in Ozalids erhobener Faust sah, schien die Furcht sie zu überwältigen. Dann glitt ihr Blick nervös zu der Gestalt im Bett hinüber, als wollte sie auf das Ziel weisen.
Döllmanns Körper war halb von dem Laken bedeckt. Seine weißen Schultern, sein Rücken und der halbe Oberkörper waren zu sehen. Das graue Brusthaar und die mächtige Bauchdecke hoben und senkten sich unter seinen Atemzügen.
Ozalid fühlte, wie eine Welle von Haß ihn überschwemmte.
Als er vortrat, die Beretta senkte und zielte, hörte er den Lärm auf der Treppe. Er war lauter als die Musik.
Schritte.
Dann noch mehr Geräusche von unten. Splitterndes Holz, eine Tür, die eingetreten wurde …
Ozalid drehte sich um, als die Schlafzimmertür aufflog und der Leibwächter mit der Waffe in der Hand ins Zimmer stürmte.
Ozalid begrüßte den Tod, jetzt, wo er ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Aber vorher mußte er noch etwas erledigen …
Der Leibwächter erblickte die Waffe in Ozalids Hand. Sie schwang herum, und Ritters Miene verriet seinen Schreck und die Erkenntnis, daß er im Nachteil war.
Er ließ sich fallen und rollte nach rechts. Ozalid feuerte rasch zwei Schüsse ab, einer traf Ritter in die Schulter. Der Leibwächter brüllte vor Schmerzen auf, als die Kugel den Knochen durchschlug, aber der Türke kümmerte sich nicht darum. Er wandte sich seinem eigentlichen Ziel zu.
Er zielte genau, als Döllmann plötzlich aufwachte. Verwirrt stemmte er seinen massigen Körper von den Laken hoch …
Ozalid feuerte zweimal, noch bevor der Kanzler ein Wort sagen konnte.
Unmittelbar unter dem Auge erschien ein roter Fleck auf Döllmanns linker Wange. Der Mann wurde zurückgeschleudert, und die zweite Kugel traf ihn mitten in die Brust.
Noch bevor Ozalid ein drittes Mal abdrücken konnte, nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Der Leibwächter hob die Waffe.
Ozalid kam nicht mehr dazu, ein weiteres Mal auf Döllmann zu schießen. Ein lauter Knall ertönte, und er spürte, wie ihm das glühende Blei in die rechte Seite fuhr. Dann wurde er von einer ganzen Reihe schneller Schüsse zur Seite geschleudert – der Leibwächter leerte das Magazin seiner P6 in ihn.
Ozalid flog zurück und erblickte die Frau im rosa Nachthemd
– hörte ihre Schreie.
Und während er von den Kugeln um seine Achse gedreht wurde, löste sich ein Schuß aus seiner Beretta und traf die Frau in den Hals. Sie schlug heftig mit den Händen um sich und schnappte nach Luft. Schmerz und Todesangst verzerrten ihr hübsches Gesicht.
Als die letzte Bleikugel in Ozalid einschlug, stürzte er nach vorn auf die weichen, rosa Laken und landete auf Döllmanns Leiche. Die hastigen Schritte auf der Treppe hörte er nicht mehr, die lauten Stimmen, die Befehle bellten, aber er spürte noch, daß man ihn zurückriß, vom Kanzler herunterzog.
Und als er die schweren Lider schloß, hatte er nur noch einen zähen letzten Gedanken im Kopf: Layla.
Vierzig Sekunden später, um ein Uhr sechzehn, wurde Konrad Weber in seiner Suite im sechsten Stock des Hotels Kempinski am Kurfürstendamm angerufen. Er bekam die Nachricht über sein Handy vom Berliner Landesamt für Verfassungsschutz.
Man bat ihn, sich für eine dringende Nachricht bereitzuhalten.
Trotz der späten Stunde war Weber noch angekleidet und bei der Arbeit. Er setzte sich erwartungsvoll auf und stellte seinen ledernen Aktenkoffer neben sich. Als der Anruf zehn Sekunden später durchgestellt wurde, hörte Konrad Weber bestürzt zu, wie Christian Bauer ihn von dem Anschlag auf den Bundeskanzler in Wannsee unterrichtete. Außerdem umriß er das Szenario, das Bargel ihm mitgeteilt hatte.
Als Bauer ihm endlich alle bekannten Einzelheiten mitgeteilt hatte, herrschte einen Augenblick Schweigen. »Mein Gott!«
stieß
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