Meade Glenn
sogar Raum 4-Nord, selbst die Spinde der Beamten vom Sicherheitsdienst. Nichts. Alles war sauber. Keine Spur von Sprengstoff, es sei denn, Wiglinskis Männern wäre etwas entgangen. Das bezweifelte er allerdings.
Der Mann war extrem gründlich, und die Sprengstoffexperten hatten das ganze Grundstück und das Gebäude in drei Teams durchkämmt, eins nach dem anderen. Sie hatten schnell, aber sehr gründlich gearbeitet.
Wenn auch keine Bombe benutzt werden konnte, wie sollte das Attentat vonstatten gehen?
Bargel hatte dem Polizeichef zugehört, hatte alle Sicherheitsmaßnahmen durchdacht, hatte den grimmigen Gesichtsausdruck des Mannes gesehen und bemerkt, wie die Ader an seiner Schläfe pochte. Das war die Nervosität, der Streß.
Dann war der Polizeichef zu seinen Leuten gegangen und hatte noch einmal mit Axel Wiglinski konferiert.
Dann plötzlich heulten die Sirenen auf, und Bargels Herz machte einen Satz. Eine Kolonne aus drei Mercedes-Kraftfahrzeugen und einer Eskorte Motorradpolizei bog in die Scheidemannstraße ein. Noch mehr Minister, die mit besorgten Mienen aus ihren schwarzen Limousinen stiegen. Ihr Atem dampfte in der Luft, und die Wagen wurden sofort von Polizisten umstellt. Die Helikopter schwebten in der Luft über ihnen, die Funkgeräte knisterten.
Die drei Kabinettsmitglieder stiegen schnell die Treppe hoch, und Axel Wiglinski begrüßte sie an der Tür. Achtzehn bewaffnete Männer warteten drinnen, und einer sollte die Minister mit einem ihrer Leibwächter in den Raum 4-Nord führen.
Noch mehr Sirenen und Blaulichter. Vier weitere Ministerlimousinen, dann noch zwei.
Im letzten Mercedes saß Konrad Weber.
Die Gesichter wirkten noch gestreßter, als Weber ankam.
Die Männer der GSG 9 umstellten schützend seinen Wagen, als trauten sie nicht einmal ihren Kollegen von der Polizei.
Bargel betete zum Himmel, daß keiner von den GSGlern ein verkappter Terrorist war, der Weber umlegen wollte.
Sie umgaben Weber in einer vier Mann tiefen Phalanx, und als der Vizekanzler die Treppe erreichte, knöpfte Bargel das Jackett unter seinem Mantel auf, wo die SIG-Sauer P6 an ihrem Gürtelhalfter hing. Er war bereit, aber irgendwie wußte er, daß hier draußen nichts passieren würde. Er wartete an der Glastür, bis Weber die Treppe heraufgekommen war. Der dunkle Wintermantel schlug dem Minister gegen die Beine. Ein grimmiger Ausdruck stand ihm auf dem kalkbleichen Gesicht, und seine beiden Leibwächter flankierten ihn, als trauten sie niemandem, nicht einmal dem Berliner Polizeichef, der voranging.
Kaum war Weber durch die Glastüren getreten, nickte er Bargel ernst zu.
Der Verfassungsschützer deutete auf den langen Flur, der zum Lift und zum Raum 4-Nord führte, und stieß erleichtert die Luft aus. Jetzt, wo Weber im Reichstagsgebäude war, fühlte er sich sicherer.
Einen Moment stutzte Bargel. Wie sollte er Weber jetzt ansprechen? Als Vizekanzler oder Kanzler? Er entschied sich, auf Nummer sicher zu gehen.
»Hier entlang, Herr Minister«, sagte er gemessen.
Bargel ging durch die Marmorhalle, und Weber, seine Leibwächter und Axel Wiglinski folgten ihm.
Meyer verließ das Haus und ging über den beleuchteten Pfad zum Betongebäude.
Er trat ein und schaltete das Licht an. Gleißende Helligkeit durchflutete den kalten Raum. Er schloß die Tür hinter sich und ging zu der Konsole mit dem Telefon. Dabei glitt sein Blick unwillkürlich auf die Abschußrampe in der Mitte der Halle.
Während er den Hörer abnahm, bemerkte er seine Beunruhigung.
Er hatte Brenner vom Haus aus anrufen wollen, aber die Leitungen waren tot. Dasselbe bei der Telefonleitung im Obergeschoß.
Brenner hatte zwanzig Minuten vorher angerufen und die Nachrichten aus Berlin durchgegeben. Döllmann war nicht der einzige Tote. Meyer hatte die Beunruhigung in Brenners Stimme gehört, und während er zuhörte, war er leichenblaß geworden.
Und Grinzinger war auch erledigt.
Kesser und seine Freundin waren verschwunden, ihre Wohnung durchwühlt.
Brenner hatte angekündigt, daß er in zehn Minuten noch einmal anrufen wollte, während seine Leute Kessers Wohnung durchsuchten. Sie hofften, einen Anhaltspunkt zu finden, und er wollte weitere Informationen über Grinzinger einholen.
Aber bis jetzt hatte er nicht angerufen.
Und nun waren die Leitungen tot.
Meyer fluchte, als er die einzige übriggebliebene Amtsleitung versuchte. Sein Gesicht war schweißnaß. Die anderen warteten im Haus auf seine Rückkehr, bevor Krüger zum Tor gehen
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