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Meade Glenn

Meade Glenn

Titel: Meade Glenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unternehmen Brandenburg
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Das Mädchen hatte ihnen ein Abendessen aus Chipa-Brot und mate bereitet, dann war sie auf der alten Matratze auf dem Boden eingeschlafen.
    Auf dem Tisch stand das Bandgerät, und Hernandez hatte sich die Kopfhörer aufgesetzt. In den letzten sieben Stunden hatte er sich die Aufnahme so oft angehört, daß er die Worte auswendig kannte wie ein Schauspieler seinen Text. Jede Silbe hatte er sich eingeprägt, jede Sprechweise hätte er auf der Stelle wiedererkannt. Das Mädchen war kaum beeindruckt gewesen.
    »Musik, Rudi?« hatte sie lächelnd gefragt, als sie Hernandez mit dem Rekorder sah.
    Er hatte ihr Lächeln erwidert und den Kopf geschüttelt.
    »Nein, etwas Wichtigeres als Musik, Graciella.« Sie hatte nicht verstanden und sich wieder um das Essen gekümmert. Es wäre sinnlos gewesen, es ihr zu erklären. Sie hätte es niemals begriffen.
    Hernandez betrachtete sinnend die Bandkassette und rauchte dabei eine Zigarette. Sonderlich viel gab die Aufnahme nicht her, jedenfalls nicht so viel, wie er gehofft hatte. Immerhin besaß er nun einige Ansatzpunkte. Aber worum ging es bei dem Gespräch eigentlich?
    Er spulte zurück und drückte den Start-Knopf.
    » Die Lieferung …? «
    » Die Ladung wird wie vereinbart in Genua abgeholt. «
    » Und der Italiener? «
    » Er wird beseitigt, aber ich möchte sichergehen, daß wir mit der Fracht keinen Verdacht erregen. Es wäre klug zu warten, bis Brandenburg einsatzbereit ist. Dann wird mit ihm genauso verfahren wie mit den anderen. «
    » Diejenigen, die uns ihre Loyalität versprochen haben … wir müssen uns ihrer absolut sicher sein. «
    » Ich habe sie genau überprüft. Ihre Abstammung steht außerhalb jeder Diskussion. «
    » Was ist mit dem Türken? «
    » Da sehe ich keine Probleme. «
    » Und das Mädchen? Sind Sie absolut sicher, daß wir uns auf sie verlassen können? «
    » Sie wird uns nicht enttäuschen, das versichere ich Ihnen. «
    Pause. » Es gibt keine weiteren Änderungen auf der Namensliste? «
    » Sie werden alle getötet. «
    » Und Ihre Reisevorbereitungen? Ist alles organisiert? «
    » Wir verlassen Paraguay am Sechsten. «
    » Vielleicht sollten wir den Terminplan noch einmal durchgehen. «
    Hernandez drückte die Pausentaste und seufzte.
    Von was für einer Lieferung sprachen die Männer? Ging es um Schnee? Und was waren das für Männer? Käufer aus Frankfurt? Männer, die nach Südamerika kamen, um Drogenverträge auszuhandeln? Oder doch nicht? Hernandez spürte, daß irgend etwas nicht paßte. Etwas an dieser ganzen Geschichte war merkwürdig, und das ließ ihm keine Ruhe. Er dachte wieder an die Lobby im Excelsior und an die Suite, in der die Männer das Treffen abgehalten hatten. An dem älteren Mann war etwas Eigentümliches gewesen, aber Hernandez kam nicht darauf, was.
    Da lief es ihm eiskalt über den Rücken. Er spielte noch einmal den letzten Teil der Unterhaltung ab.
    » Wir müssen Sie jetzt verlassen. Es ist eine lange Reise zurück in den Norden. Der Fahrer bringt Sie in das sichere Haus. «
    Er wartete einen Augenblick und drückte dann die Stop-Taste.
    Hernandez’ Entschluß stand fest: Er müßte Sanchez anrufen, ihm alles berichten, was er wußte, und den Polizisten um Rat bitten. Andererseits würden die Unbekannten ihre Pläne vermutlich ändern. Hernandez schüttelte den Kopf. Er hatte zuviel für so wenig riskiert. Stimmen auf einem Band, die etwas besprachen, das er nicht begriff.
    Er sah auf die Uhr. Es war drei. Sanchez würde nicht vor acht, neun Uhr morgens seinen Dienst antreten. Hernandez fluchte leise. Er wollte, daß Sanchez sich das Band anhörte. Vielleicht konnte der Kriminalbeamte ja etwas damit anfangen.
    Er betrachtete das engelhafte Gesicht des schlafenden jungen Mädchens und verspürte Gewissensbisse. Zwar würden die Verfolger ihn in La Chacarita wohl kaum finden, dennoch bestand diese Möglichkeit, und er brachte Graciella damit nur unnötig in Gefahr.
    Falls man nach ihm suchte, dürfte sie nicht in die Geschichte verwickelt werden. Hernandez beschloß, noch ein paar Stunden zu schlafen und dann aufzubrechen. In der morgendlichen Stoßzeit durch die Stadt zu seiner Wohnung zu fahren, war vermutlich am sichersten.
    Hernandez seufzte und blickte wieder auf den Recorder. Er drückte eine Taste, und das Band sprang heraus. Hernandez hielt es prüfend zwischen zwei Fingern. Vielleicht sollte er es lieber an einer sicheren Stelle verstecken, bis er mit Sanchez reden konnte. So hatte er wenigstens nichts

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