Meagan McKinney
schon zu
lange hier. Ich verstehe hauptsächlich Englisch.«
Sie nickte.
»Ich nicht kann gut sprechen.«
Das hatte
er mittlerweile begriffen. Nach ihrem Akzent mußte sie aus den westlichen
Gebieten Irlands stammen. Frustriert blickte er wieder zur Decke.
»Die Zeit?«
fragte sie.
»Du meinst,
wie lange wir schon hier sind?«
Sie nickte.
Er klappte
seine goldene Taschenuhr auf und schnitt eine Grimasse. »über zwei Stunden.«
Plötzlich kam ihm ein Gedanke, und er fragte hastig: »Stimmt etwas nicht?
Brauchst du etwas? Soll ich etwas für dich tun?«
Sie
verstand nicht alles – er hatte zu schnell geredet.
»Wird
jemand auf dich warten? Dein Mann?«
Das letzte
Wort schien sie offenbar zu verstehen. Sie versteifte sich und legte
verstohlen ihre rechte Hand über die linke, um zu verbergen, daß sie dort
keinen Ehering trug.
Doch Eagan
hatte es bemerkt. Er sah ihr in die Augen und registrierte erstaunt den
Schmerz und die Trauer darin.
Beide
fielen wieder in Schweigen zurück, und so tickten die Minuten in drückender
Stille an ihnen vorüber.
Noch eine Stunde verging, ohne daß sie
etwas von oben hörten. Eagan überlegte gerade, wie er die Luke aufreißen
könnte, damit er hindurchpaßte, als eine vertraute Stimme von oben ertönte.
Eagan
verzog das Gesicht. »Was gibt es denn jetzt, Harper?«
Harper
zögerte, und Eagan schwor sich, den Mann persönlich zu erwürgen, wenn er
endlich aus dem Fahrstuhl befreit war.
»Sir, wir
holen Sie bald da raus. Es dauert nur noch ein kleines bißchen länger. Billy
konnte Mr.
Otis nicht
finden. Er ist wahrscheinlich in New Jersey. Billy hat schon einen Boten
losgeschickt. Er wird ihn holen, und so habe ich Ihnen etwas zu essen besorgt,
das ich Ihnen jetzt ...«
»New Jersey!«
Eagan rieb sich durch das Gesicht. »Himmel, dann sind wir ja die ganze
Nacht hier!«
»Wir holen
Sie, so schnell wir können. Sobald Mr. Otis ...!«
»Lassen Sie
ihn fliegen, Harper! Hören Sie mich? Verpassen Sie ihm Flügel und holen sie
ihn. Ich habe jetzt nämlich genug! Verstanden?«
»Ja, Mr.
Sheridan! Und noch mal... die Verwaltung läßt ausrichten, daß wir die
Unannehmlichkeiten außerordentlich bedauern.«
Eagen stieß
einen verzweifelten Seufzer aus. Er setzte sich wieder, doch dann bemerkte er,
wie hungrig das Mädchen den Korb anstarrte, der hinuntergelassen worden war.
Beschämt reichte er ihr den Korb und bedeutete ihr, daß sie nehmen sollte, was
sie mochte. Er beobachtete, wie sie schüchtern ein Stück Brot nahm, um ihm den
Kaviar, die pastellfarbenen Petit Fours und den Dom Perignon zu lassen. Es war
nicht zu übersehen, daß der Korb ausschließlich für ihn hinuntergelassen
worden war. Wahrscheinlich hätte man sie überhaupt nicht versorgt, wenn sie
allein hier festgesteckt hätte, und der Gedanke machte ihn wütend.
Sie kaute
an ihrem Brot, und man sah, wie peinlich es ihr war, daß ihr Zustand sie zur
Erfüllung ihrer physischen Bedürfnisse zwang. Er konnte den Blick nicht von
ihr, von ihrer Verletzbarkeit abwenden. Sie war so hübsch. Ihr Teint war
typisch irisch – wie die eines Kindes, rosig, weich und makellos.
Das Mädchen
mißverstand seinen permanenten Blick und reichte ihm nervös den Korb. Er
stellte ihn beiseite und überlegte, ob er sich einen Drink gönnen sollte. Er
hatte eine kleine Flasche dabei, aber aus irgendeinem Grund war es ihm nicht
wirklich wichtig. Das Mädchen interessierte ihn weit mehr. Er konnte sich nicht
damit anfreunden, daß irgendein Kerl das Kind in sein Bett gezerrt, ihr ein
Baby gemacht und sie schließlich einfach allein gelassen hatte. Er war sicher
kein Heiliger, er hatte seinen An teil an Frauen gehabt, aber wenn eine von
ihnen in Schwierigkeiten zu ihm gekommen wäre, hätte er alles unternommen, daß
die Mutter des Kindes wohlversorgt gewesen wäre, und nicht bis zum neunten
Monat endlose Marmortreppen schrubben mußte – wie seine eigene Mutter!
Natürlich
war es möglich, daß der Vater dieses Kindes gestorben war, bevor er das Mädchen
vor den Altar hatte führen können. Er hatte von solchen unglücklichen Zufällen
gehört. Doch das war bei ihr nicht der Fall. Obwohl sie nicht viel miteinander
gesprochen hatten, wußte er alles, was er wissen mußte. Der Ausdruck in ihren
atemberaubenden Augen war vielsagend genug gewesen.
»Wie heißt
du? Ich bin Eagan Sheridan«, versuchte er es noch einmal.
Nachdem sie
den Namen als irisch erkannt hatte, schien sie ihm etwas mehr zu vertrauen. Sie
antwortete mit etwas
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