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Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
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zu
entschuldigen. Das würde sie schon weichkochen, dachte er in lustvoller
Vorfreude, denn schließlich war Miss de la Plume nicht sehr verschieden von
den Nymphen, nur war ihr Preis vielleicht etwas höher, und sie ließ
sich länger bitten.
    Er nahm
sich eine Mietkutsche zur Last Twentieth Street, bis er vor dem unglaublichen
fünfstöckigen Warenhaus mit der schmiedeeisernen Front hielt. Im ersten
Stock waren Topfpalmen und französische Spiegel zu finden, die vergessen
ließen, daß dieses altehrwürdige Haus einst einen Zaumzeugladen beherbergte.
Die Gemälde, Fresken, Kronleuchter und besonders die endlosen Meilen aus kaltem
Marmor, erinnerten ihn fast schmerzhaft an zu Hause. Wenn es da nicht die
farbigen Reihen der Hüte und Handschuhe gegeben hätte, die auf Mahagonitheken
und in Regalen ausgestellt waren, hätte es wirklich keinen besonderen
Unterschied zu seinem Heim gegeben.
    Er
schlenderte durch das Kaufhaus, während er überlegte, ob er eine Smaragdbrosche
nehmen oder sich einfach einen Pelz einpacken lassen sollte. Schließlich
entschied er sich für den Pelz – es würde einen größeren Eindruck auf Miss de
la Plume machen, die sie dann vielleicht beide darauf liegen lassen
würde –, und wanderte also zu den verzierten Türen, um den Fahrstuhl zum
fünften Stock zu rufen.
    Plötzlich
schlug die Uhr fünf, und Kunden strömten aus den Glastüren. Das Haus wollte
schließen, doch Eagan drückte dennoch erneut auf den Liftknopf, in der
Hoffnung, man würde ihn trotz Ladenschluß noch bedienen, wenn man ihn erst
einmal erkannt hatte. Doch Minuten verstrichen, ohne daß der Fahrstuhl kam.
Ungeduldig klopfte er mit dem Fuß auf den Boden, und das Geräusch hallte in der
leeren Halle wider.
    Gelangweilt
und fast entschlossen, die Treppen hinaufzueilen, bemerkte er eine Gestalt aus
den Augenwinkeln. Im Glauben, es handelte sich um einen Verkäufer, der ihm
helfen könnte, wandte er sich um, hielt jedoch plötzlich wieder inne.
    Es war kein
Verkäufer. Es war ein Mädchen, eine Putzfrau, wenn man von dem Eimer und dem
Wischmop in ihren Händen ausging. Sie stand am Fuß der Marmortreppe, nah
genug, daß er sie genauer betrachten konnte. Sie hatte blondes Haar, das in ihrem
Nacken in einem Knoten zusammengehalten wurde. Ihr Gesicht war trotz der
Schmutzflecken auf den Wangen sehr hübsch, und sie war sehr klein. Sie trug
graue, abgetragene Kleider, die schon oft geflickt worden waren, doch bis auf
die kurze Schleppe, die sie durch die kleinen Pfützen zog, wirkten sie sehr
sauber.
    Normalerweise
hätte er sie kein zweites Mal angesehen, denn in den Jahren, die er in New
York lebte, hatte er schon Tausende von solchen Mädchen gesehen. Doch sie
hielt nun am Fuß dieser gewaltigen Treppe an, sah zögernd die Hunderte von
Stufen hinauf und hielt sich dabei ihren gewaltigen Bauch. Sie war
hochschwanger.
    Die Glocke
ertönte, als der Fahrstuhlführer die Türen des Käfigs aufschob. Der kleine,
dünne Mann erkannte Eagan sofort und rückte würdig seine Fliege zurecht.
»Welcher Stock, Mr. Sheridan? Kaufen wir heute Schmuck oder Pelze?«
    Eagan
wirbelte herum und sah den Mann an. »Pelze, denke ich. Bringen Sie mich in den
fünften, Billy.«
    »Sehr wohl,
Sir.« Der Diener trat zur Seite, um Eagan hineinzulassen.
    Doch Eagan
rührte sich nicht. Er sah zu dem zierlichen Mädchen, die sich nun ihren Rücken
rieb und immer noch auf die bedrohliche Treppe starrte. Obwohl sie kaum älter
als achtzehn sein konnte, war ihr Gesicht durch die Not gealtert. In ein paar
Jahren würde von
ihrem hübschen Aussehen nicht mehr viel übrig sein, dachte er, und die zarte
Gestalt rührte ihn irgendwie. Impulsiv rief er: »Madam.« Seine Stimme erklang
laut in der Halle, als er noch einmal rief, bis sie endlich begriff, daß er sie
meinte.
    Sie drehte
sich um und sah ihn mit den klarsten blauen Augen an, die er jemals gesehen
hatte. Sie hatten die Farbe des Himmels von Ballinlough aus einer vergrabenen
Kindheitserinnerung. Eagan hielt den Atem an. »Madam, möchten Sie mitfahren?«
fragte er feierlich und machte eine einladende Geste zum Fahrstuhl.
    Diese
unglaublichen Augen weiteten sich, und obwohl er sicher war, daß sie sehr gern
wollte, schüttelte sie den Kopf und blickte sich unruhig um, als würde sie
Ärger erwarten.
    »Kommen
Sie.« Er winkte sie heran.
    Schließlich
tat sie, wie ihr geheißen, während sie ihren Eimer und den Mop ängstlich
festhielt.
    »Wollen Sie
denn nicht lieber fahren als laufen?« Er nahm ihren

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