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Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
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nichts anderes übrig blieb, ließ er den
Mann los und stolperte zurück, wobei er auf dem schlüpfrigen Marmor kaum das
Gleichgewicht zu halten vermochte.
    So sehr
Alana sich auch gegen seine Demütigungen wehren wollte, so konnte sie doch
nicht anders, als ihn erneut anzuflehen. »Bitte, Onkel! Laß mich hier nicht so
stehen!« Doch ihre Worte waren so sinnlos, wie sie es befürchtet hatte. Didier
taumelte durch die Einfahrt und verschwand in einer Mietkutsche, die er auf
der Straße anhielt.
    Verzweifelt
senkte Alana den Kopf und ließ ihren Tränen freien Lauf, doch der Regen spülte
sie genauso schnell wieder fort, wie sie aus ihren brennenden Augen strömten.
    »Miss?«
    Sie sah auf
und sah den Butler, der ihr ein wenig hilflos einen riesigen, schwarzen Schirm
über ihre durchnäßte Gestalt hielt, während er versuchte, sie mit einer Hand
loszubinden. Unglücklicherweise genau in diesem Augenblick sah sie zu den
geöffneten Türen.
    Noch Jahre
später erinnerte sie sich noch ganz genau an dieses erste Zusammentreffen mit
Trevor Byrne
Sheridan. Er stand im Gegenlicht, und sie konnte nur seine Umrisse erkennen,
nichts von seinem Gesicht. Und doch hinterließ jener Anblick einen tiefen,
bleibenden Eindruck in ihr. Sie sah den Spazierstock, den er hielt – ein
ungewöhnlicher Begleiter für einen so großen und muskulös wirkenden Mann.
Seine aufrechte, formelle Körperhaltung war gefällig, doch irgend etwas daran
gab ihr das Gefühl, als wäre ein eisiger Wind durch ihr Herz gefahren. Er
verschränkte die Arme vor der Brust und senkte den Kopf, um auf sie hinunterzublicken,
die fast auf der Marmortreppe kniete. Und in dem Schatten wirkte er genauso
kalt, dunkel und unerbittlich wie diese Nacht, die sie gnadenlos im Regen
frieren ließ. Und in diesem Moment erkannte sie mit einer Gewißheit, die ihren
Körper erbeben ließ, daß dieser Teufel dort ganz sicher noch schlimmer war als
der, den sie gerade losgeworden war.

5
    Nur durch
äußerste Beherrschung konnte Alana ihr Schaudern unterdrücken. Sie fror
erbärmlich, doch sie gab sich jede Mühe, dies durch lange kontrollierte Atemzüge
und über der Brust gekreuzte Arme zu verbergen. Ihr Kleid war triefend naß,
aber der Schurke, der dort hinter seinem übermäßig verzierten Schreibtisch
saß, bot ihr noch nicht einmal ein Handtuch an.
    Sie starrte
Sheridan an, während Zorn, Demütigung und Entschlossenheit in ihr brannte.
Das, was ihr Onkel
ihr angetan hatte, hatte sie getroffen. Und was noch schlimmer war,
Sheridan wußte es. Sie dachte daran, wie er sie angesehen hatte, als der Butler
sie in ein atemberaubendes, marmornes Foyer geführt hatte. Seinen
Gesichtsausdruck würde sie niemals vergessen – es war eine seltsame Mischung
aus Mitleid und Befriedigung gewesen. Es war deutlich, daß er sie als eine der
verhaßten Knickerbocker sah, deren Niedergang ihn nun aufs Höchste amüsierte.
Doch das Mitleid in seinen Augen war weitaus schwerer zu ertragen. Er hatte
ihre von den Fesseln rotgeschwollenen Handgelenke gemustert, und am
liebsten wäre sie vor Scham davongelaufen.
    Doch nun,
da sie in der Bibliothek des Iren saß, schwor sie sich, das durchzustehen. Zwar
hatte sie Mühe, den letzten Hauch von Würde aufrechtzuerhalten, doch
der Gedanke an Christabel gab ihr Kraft. Sie mußte ihre Schwester retten, und
dieser Wunsch war genauso beherrschend, wie es sein Bedürfnis, Mara zu rächen,
gewesen war. Das, und das allein, war jetzt wichtig.
    Doch der
Ire war ein mehr als würdiger Gegner. Sein durchdringender, finsterer Blick und
sein eiskaltes Benehmen jagte ihr mehr Angst ein, als ihr Onkel es je gekonnt
hätte. Sie glaubte zu wissen, wie weit Didier gehen würde, um zu bekommen, was
er haben wollte, doch von diesem geheimnisvollen Mann ihr gegenüber wußte sie
nichts. Sie war ihm ausgeliefert, und ihre und die Zukunft ihrer Schwester lag
in seiner Hand. Das Ende oder die Rettung – so wie er entschied, würde es
geschehen.
    Gedemütigt
und schamerfüllt beobachtete Alana, wie Sheridan Papiere auf dem Tisch zusammenschob.
Seit Sheridan sie in seine Bibliothek gewiesen hatte,
hatte sie versucht, ihre Knickerbocker-Fassade aufrechtzuerhalten, um
wenigstens ein bißchen Stolz nach außen hin zu zeigen. Nun saß sie ihm an dem
massigen Tisch gegenüber und dachte mit niederschmetternder Nüchternheit
darüber nach, was ihr Onkel ihr angetan hatte. Wenn sie geglaubt hatte, ihr
Onkel wäre ein Teufel, dann war dieser finstere, gefühllose Mann vor

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