Meagan McKinney
Sie dies alles wirklich tun. Für
Mara oder... für sich selbst?«
»Ich gebe
keinen Penny auf Leute wie Sie, Miss van Alen.« Er sah sie kalt an. Sein
Spazierstock verursachte auf dem dicken Teppich ein gedämpftes Geräusch, als
er sich vom Feuer abwandte. »Aber Sie können eine Sechzehnjährige nicht davon
überzeugen, daß Menschen wie Sie bedeutungslos sind. Sie und
Ihresgleichen sind Götter für meine Schwester, die zu jung und zu naiv ist, um
es besser zu wissen. Wenn sie es also nun will, dann treibe ich diesen ganzen
Haufen Ihrer besseren Gesellschaft zusammen und
serviere ihn ihr auf einem Tablett, nur um sie glücklich zu machen.«
Alana schob
die pitschnasse Tournüre beiseite und sank in ihren Stuhl zurück. Eine
plötzliche Müdigkeit überfiel ihre Glieder, und für einen Moment senkte sie
erschöpft den Kopf.
Er
beobachtete sie mit einem triumphierenden Leuchten in seinen Augen. »Sind wir
fertig? Kann ich meine Kutsche rufen, um Sie nach Hause zu bringen, Miss van
Alen?«
In seiner
Stimme lag eine Endgültigkeit, die ein letztes kleines Feuer in ihr entflammte.
Sie hob den Kopf, und ihre Wut gab ihr die Kraft, fortzufahren. »Nein, wir sind
nicht fertig.« Sie schob sich auf die Füße und stellte sich direkt vor ihn.
Diesmal war kein Tisch als Schutz zwischen ihnen. »Ich muß Sie davon
überzeugen, Mr. Sheridan, wie wichtig es in meinem Fall ist, mir mein Vermögen
wiederzubeschaffen. Sie haben mir unrechterweise Geld abgenommen, Geld, das
ich verzweifelt brauche.« Sie hoffte, daß sie zuversichtlich genug klang. Um
das zu unterstützen, hob sie den Kopf und sah ihm ins Gesicht. Plötzlich
bemerkte sie, wie zierlich sie neben seinem hohen Wuchs wirkte und war
entsetzt, wie sehr er sie einschüchterte.
»Sie sind
nicht die einzige der Gesellschaft, die sich in einer unangenehmen Lage
befindet«, bemercte er lässig. »Warum sollte ich ausgerechnet Ihnen helfen?«
Sie öffnete
den Mund, um ihm zu sagen, daß sie es für ihre Schwester brauchte. Aber dann
besann sie sich anders und sah ihm flehend in die Augen. »Ich muß es haben.
Andere hängen von diesem Geld ab. Andere, denen es nicht so gut geht wie Ihnen
oder mir.«
»Mr.
Baldwin Didier?« Er trat an seinen Tisch und nahm wieder ein Papier auf. »Ah,
ja, das ist doch der Name des Gentlemen, der so freundlich war, Sie auf meiner
Türschwelle abzuladen. Ist er es, dem es nicht so gut geht? Ich muß zugeben,
das hätte ich nicht gedacht. Besonders nicht, nachdem er Sie im strömenden
Regen an mein Geländer gebunden hat.«
Seine Worte
entsetzten sie aufs neue. Sie begann wieder zu zittern, und in ihrem Inneren
brannte sie vor Scham über die Demütigung ihres Onkels. Aber Didier war nicht
der einzige, der für ihre Lage verantwortlich zu machen war.
Sie
begegnete Sheridans belustigtem Blick. »Ich muß mein Geld haben, Mr. Sheridan.
Es war unrecht von Ihnen, es mir zu nehmen, und ich schwöre Ihnen, ich werde
nicht eher gehen, bis ich Sie überzeugt habe!«
»Tja, es
tut mir leid, Miss van Alen von Petrus Stuyvesant und vom Washington
Square... Sie werden sich schon etwas anderes einfallen lassen müssen, um
mich zu überzeugen!« Er lehnte sich an die Ecke seines schweren Tisches.
Alana
fühlte sich, als wäre sie in ein riesiges Faß Öl gefallen. Und wenn sie nicht
schnell etwas zu fassen bekam, würden ihre Schwester und sie darin versinken.
Impulsiv griff sie nach den seidigen Revers seines Hausmantels. »Sehen Sie,
Mr. Sheridan«, flehte sie. »Es tut mir leid für Mara. Ehrlich und entsetzlich leid. Aber
mein Gott! Was hat Sie nur zu so einer Wahnsinnstat getrieben? Wir haben alle
Angehörige, für die wir sorgen müssen. Wir können nicht jeden einzelnen
ruinieren, der sie verletzt hat!«
Zorn
verhärtete seine Züge. Er sah zur Seite und sagte: »Aus irgendeinem für sie
untypisch idiotischen Grund hat meine Schwester Ihre Gesellschaft für würdig
befunden.« Er wandte sich wieder ihr zu, und der Rachedurst in seiner Miene
raubte ihr fast den Atem. »Mara ist eine wunderschöne, warmherzige und sanfte,
junge Frau. Die Knickerbocker werden sie akzeptieren, und wenn es mich meine
letzte Münze und meinen letzten Atemzug kosten sollte.«
Alana war
sprachlos. Sheridans wildes Bestreben, seine Schwester zu schützen, verblüffte
sie. Sie begriff, daß sie vorsichtig sein mußte, wenn sie aus dem Haus dieses
Mannes unbeschadet davonkommen sollte.
Sie
versuchte, sich zu beruhigen und wechselte die Strategie. »Wir beide
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