Meagan McKinney
jetzt
hast du nichts mehr. Verstehst du? Nichts! Und du bist mir für meine
Großherzigkeit einiges schuldig!«
Sie starrte
ihn an. Er mußte verrückt geworden sein. Ja, es stimmte, daß sie ihren Onkel
niemals besonders gemocht hatte, aber bis zu dem Abend, an dem der Ball hätte
stattfinden sollen, hatte sie sich zumindest bemüht, das Beste von ihm zu
denken, allein schon wegen Christabel. Nach dem Brand war es ihr Onkel
gewesen, der die Dinge zusammengehalten hatte. Er war derjenige gewesen, der
das »Landhaus« für ihre Schwester gefunden hatte. Er hatte sogar mit der
Polizei gesprochen. Aber der Mensch, der sich nun vor ihr aufgebaut hatte,
besaß nichts Versöhnliches mehr. Alles, was jemals gut in und an ihm gewesen
war, war ausgelöscht.
»Ich
schulde dir gar nichts, Onkel«, sagte sie wie betäubt. »Unsere Eltern haben
meiner Schwester und mir genug hinterlassen. Sie haben gut für uns gesorgt.«
Sie stand auf. »Es mag heute abend eine Tragödie gegeben haben. Aber so werden
wir nichts daran ändern. Ich muß dich bitten, in dein Hotel zurückzukehren.«
Er schlang
seinen Arm um ihre Taille, und sie glaubte, er wollte ihr jede einzelne Rippe
zerquetschen. »Du sprichst ja so erhaben und vornehm, aber ich würde zu gerne
wissen, wie du dich da wieder herausholen willst, Alana. Wie gefällt es wohl
einer kleinen, edlen Knickerbocker-Lady, Straßen zu kehren, um sich ernähren
zu können?«
Sie hätte
ihn am liebsten geschlagen. Mit zusammengebissenen Zähnen sagte sie: »Laß mich
los.«
»Du bist an
all dem schuld!« Er begann sie zu schütteln.
»Das bin
ich nicht! Ich wollte auf den Ball gehen!«
»Meine Entscheidung war richtig.
Woher hätte ich wissen sollen, daß Sheridan so etwas tut?«
»Nun, er hat es getan, und vielleicht hat die Sache auch ihre guten Seiten.« Der Blick,
den sie ihm zuwarf, war voller Verachtung. »Endlich erkenne ich dich als das
bösartige Wesen, für das ich dich schon immer heimlich gehalten habe, Onkel.
Also geh, und laß dich hier nie wieder blicken!«
Er lachte.
»Und wie willst du zurechtkommen?«
»Morgen
werde ich mit Sheridan reden. Er kann mir nichts Böses wollen, da ich ihm auch
nichts Böses wollte. Ich habe seine Schwester kennengelernt. Ich wollte
bestimmt nicht, daß man sie so verletzt.«
Didier
starrte sie einen Augenblick an. »Du glaubst im Ernst, daß dieser
Kartoffelbauer Gnade haben wird? Und wieso ausgerechnet mit dir? Denkst du
nicht, alle Leute werden jammern, sie hätten ja eigentlich zu dem Ball kommen
wollen, nur um ihre Millionen zurückzubekommen?« Seine Augen glitten erneut
über ihre Erscheinung – das kostbare Kleid, die farblich passend bezogenen
Schuhe, die Holländischen West India Company-Perlen. Mit angewiderter Miene
zog er sie brutal auf die Füße. »Wie willst du ihn überzeugen, hm? Willst du in
dieser teuren Aufmachung, die ich dir bezahlt habe, zu ihm gehen und dich ihm
anbieten?«
Seine Worte
und sein ganzes Wesen ekelten sie an. Sie würde ihm diese unwürdige Frage
bestimmt nicht beantworten. Statt dessen versuchte sie, seine Finger von ihrem
Arm zu lösen.
»Wie willst
du ihn überzeugen?«
»Ich werde
an seine Menschlichkeit appellieren.«
»Sheridan hat keine.«
»Das muß er
haben, wenn er sich so sehr um seine Schwester kümmert.« Ihre Stimme brach.
»Aber er
wird sie dir nicht zeigen, Alana. Nicht dir!« Mit diesen Worten stieß er sie
zurück auf das Sofa. Seine Hand strich aufgeregt über seinen Bart, und er
begann zu fluchen. »Ich habe ein Vermögen ausgegeben, um dich zu unterhalten.
Und wofür das alles? Um am Ende ein armer Schlucker zu sein?« Wieder sah er auf
ihr Kleid, was ihn nur noch wütender machte. »Alle meine Pläne sind hierdurch
zunichte gemacht worden. Was bist du denn noch wert, jetzt, da alle Leute, die
ich beeindrucken wollte, ebenfalls ruiniert sind? Was ist mir geblieben? Du
und deine verdammten Klamotten haben mich meine letzten Zehner gekostet, und
nun besitze ich nichts mehr, um zu investieren!«
»Ich bin
keine Investition«, brauste sie auf. »Diese Kleider wurden von meinem Geld
gekauft. Von meinem Geld, hast du gehört?«
Er packte
sie, und ein unterdrückter Schrei entrang sich ihrer Kehle, bevor er sie noch
geschüttelt hatte. »Aber nun hast du kein Geld mehr, Alana! Willst du es einmal
eine Woche in den Straßen von Gotham Court ausprobieren? Willst du sehen, wie
dir das gefällt?«
Sie machte
sich von ihm los. Sie war sicher, daß er sie am liebsten geschlagen
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