Mecklenburg-Vorpommern. Anleitung für Ausspanner
grüßt schon Hiddensee majestätisch herüber. Sicherlich, ein Großteil dieser malerischen Küste ist selbst für Segler verboten. Da
hat der Naturschutz ganze Arbeit geleistet. Aber auch mit gebührendem Abstand bleibt der Anblick ein selbst bei Windstille berauschender.
Auf der Seeseite lohnt sich die Tour gleichfalls. Wer einmal die Insel Rügen umrundet hat, wird nie wieder Postkarten von den Kreidefelsen kaufen. Die
erhabenen Kirchtürme der alten Hansestädte entlang der Ostseeküste weisen mit unverkennbaren Silhouetten den Weg. Allerdings nicht nur sie. Nähert man
sich heute Rostock von See her, grüßt einen, kaum dass man den Hafen derdänischen Stadt Gedser verlassen hat, aus großer Ferne der
riesige Kühlturm eines Heizkraftwerks.
Was die nagelneuen Autobahnrastplätze an der A 20 für die Autofahrer darstellen, das sind die vielen neuen Marinas für die Segler. Am Alten Strom von
Warnemünde sieht man im Sommer vor Masten kaum die traditionellen Fischerhäuschen. Und was für die Ostseeküste gilt, das lässt sich auch in allen anderen
Segelrevieren Mecklenburg-Vorpommerns beobachten. Mittlerweile gibt es im Land mehr als 350 gut ausgestattete Stationen für wasserwandernde
Ausspanner. Die Nachfrage ist so groß, dass die Landespolitik einmal sogar auf die Idee verfiel, Arbeitslose zu Segellehrern ausbilden zu lassen. Auch als
Schulfach wurde Segeln zumindest als Pilotprojekt eingeführt.
Gesegelt wird in Mecklenburg-Vorpommern nicht erst seit gestern. Schon 1884 wurde in Rostock ein entsprechender Klub gegründet. Und
als im März 1888 in Hamburg der Deutsche Segler-Verband aus der Taufe gehoben wurde, waren auch Rostocker Skipper mit dabei. Zumindest im Geiste, denn die
Delegation aus der Hansestadt, ein Herr Josephi vom Segelclub »Greif«, blieb auf dem Weg zum Veranstaltungsort im Schnee stecken.
Der deutsche Kaiser Friedrich Wilhelm hatte den Segelport zur Staatsangelegenheit erklärt und die Gründung von Vereinen kräftig angeregt. Das
Staatsoberhaupt segelte selber leidenschaftlich gern. Allerdings legte er dabei nicht Hand an, sondern ließ sich von versierten Skippern in der Kieler
Bucht herumschippern. Das muss furchtbar langweilig gewesen sein für den Kaiser, denn selber segeln macht den allermeisten Spaß.
Es dauerte allerdings eine Zeit, bis sich diese Fortbewegungsart zum Breitensport entwickelte. Bis ins späte 19. Jahrhundert hinein
wurde nur gesegelt, wenn man musste. Und danach war das Herumkreuzen auf See eher eine lukrative Touristenbelustigung. Die ersten Regatten waren
Schauwettbewerbe für Urlauber, und den Fischern ging es schlichtweg ums Preisgeld. Gleichwohl fand der Sport mit der Zeit immer mehr Freunde, und wenn
auch das Volk die kaiserliche Yacht »Meteor« samt Staatsoberhaupt nie vor Warnemünde sichtete – für Skipper in Kiel und anderswo wurde die
mecklenburgische Ostseeküste zunehmend interessant.
Nach der Vereinnahmung der Segelklubs durch die Nationalsozialisten und im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg kam die Segelei vor der mecklenburgischen
und vorpommerschen Küste nur langsam wieder in Fahrt. Was noch schwamm, wurde konfisziert. Offiziell zumindest. Dass nicht alle Boote abgeliefert wurden,
steht auf einem anderen Blatt. Beispiel Warnemünde: 1945 gab es noch drei Yachten und eine kleine Jolle, erinnern sich alte Segler. Man nutzte sie nur, um
zu angeln, von Wassersport war keine Rede. Aber so leicht lassen sich echte Skipper nicht unterkriegen. Durch Eigenbau aus Brettern und Kisten, die Segel
wurden aus altem Bettzeug geschneidert, und durch aufwendige Tauschgeschäfte konnte die Zahl der Boote bald vergrößert werden, so dass man begann, an eine
Fortsetzung der Regatta-Tradition zu denken. Die Warnemünder Woche hatte als Publikumsmagnet seit 1926 Erfolge gefeiert. 1950, nur fünf Jahre nach
Kriegsende, stachen die Warnemünder erstmals wieder gemeinsam für eine Regatta in See. Einen richtigen Sieger gab es allerdings nicht zu vermelden, denn
nach der Ausfahrt bei frischem Wind kamen sämtliche Yachtendemoliert in den Hafen zurück. Aber die Tradition war wieder aufgenommen
worden. Schon im folgenden Jahr organisierten die Segler die nächste Warnemünder Woche, die jedoch in Ostsee-Woche umbenannt werden musste. Wieder war der
Wind frisch, eine Yacht strandete vor Kühlungsborn und musste freigeschleppt werden. Teilnehmer aus Berlin kamen wegen des Weststurms gar nicht am Darßer
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