Mecklenburger Winter
erlaubt.“ Kai öffnete den Mund, war für einen Moment sprachlos und sicher, er hätte sich verhört.
„Erlaubt? Er hat es dir erlaubt?“ Beinahe verschluckte er sich. Hamburg! Mit Leon. Ein ganzes Wochenende. Er konnte sein Glück kaum fassen. „Grandios. Riesig. Oh Mann, ich freue mich“, sprudelte er hervor. „Dann telefonieren wir noch, wann wir losfahren, ja? Freitagabend wäre klasse. Wir können bei Susanne und Dirk übernachten, Samstag vormittags zu Christel fahren und abends Hamburg unsicher machen. Hach, das wird richtig toll werden. Wir zwei erobern die Reeperbahn.“
„Okay, ich komme, wenn ich mit dem Füttern durch bin. Ich freue mich auch.“ Das leise Leonlachen streichelte Kais überstrapazierte Nerven, klang ihm noch in den Ohren, lange, nachdem er aufgelegt hatte und ins Bett gegangen war. Ein ganzes Wochenende Hamburg. Was sie alles unternehmen würden …
Kai konnte den Freitag kaum erwarten. Seine Pläne wurden kurzfristig von Feuerdirk ein wenig durcheinandergebracht, der vormittags anrief und fragte, ob Kai sein Auto noch benötigte. Schlechtes Gewissen ließ Kai sofort anbieten, es ihm im Zuge ihres Hamburgbesuches vorbeizubringen. Dann würden sie eben mit zwei Autos hinfahren und zurück mit Leons. Dirk war begeistert, als Kai erzählte, dass er das Wochenende mit Leon ohnehin in Hamburg verbringen wollte und lud sie herzlich zu sich ein. Schmunzelnd nahm Kai Dirks echtes Interesse an Leon wahr. Der Fotograf hatte nicht vergessen, welche Bilder er mit ihm machen wollte und vielleicht würde sich Leon tatsächlich überreden lassen, nun wo er volljährig war.
Eine große Ernüchterung hingegen ergab sein Gespräch mit Susanne.
„Dein Engagement in allen Ehren Kai, aber du hast nicht die geringste Ahnung, was ein gutes Springpferd kostet“, nahm sie ihm die Hoffnung, als er ihr von seinen Plänen bezüglich des Rückkaufs von Bella erzählte. Eigentlich hatte er ihre Kenntnisse der Reiterszene nutzen wollen, um den Käufer der Stute ausfindig zu machen, um Leon wirklich ein besonderes Geschenk zu machen.
„Sag es mir und ich breche heulend zusammen oder lache wahlweise über meine Naivität“, erklärte er zynisch. Susanne seufzte. „Du kannst mit einer Summe mit mindestens vier Nullen dahinter rechnen.“
„Oh.“ Kai riss die Augen auf. „Oh.“
„Ja, oh“, gab Susanne wenig diplomatisch zurück. „Ich fürchte, du würdest dich damit übernehmen. Zudem muss das Tier dann ja auch irgendwo untergebracht werden, Schmied, Tierarzt kommen auch noch dazu.“
„Oh.“ Kai biss sich verstimmt in die Wange. Er hatte sich schon gesehen, wie er mit Leon zu Christel fahren und ihm stolz sein echtes Geburtstagsgeschenk zeigen würde. Das war wohl nichts. Seine Reserve hatte definitiv weniger Nullen dahinter. Aus der Traum.
„Kai, dein Herz ist viel größer, als dein Verstand“, erklärte Susanne nachsichtig. „Egal wie verschossen du in den feschen Reiter bist, mach keine Dummheiten.“ Kais Wangen brannten. Susanne hatte ihn eindeutig durchschaut. War ja nicht schwer. Offenbar erkannte jede Frau Verliebtheit schon auf zehn Meter Entfernung. „Ich freue mich auf jeden Fall, wenn ihr kommt“, schloss sie das Gespräch. „Das tut Leon bestimmt gut. Er wirkte ein wenig verschlossen. Wir können abends ja noch in eine Szenebar oder irgendwo tanzen gehen, wenn ihr wollt.“
„Mal sehen, was Leon will“, wandte Kai nachdenklich ein. „Ich habe keine Ahnung. Er war noch nie in Hamburg und ich glaube, noch nicht einmal in einer größeren Stadt. Ich will ihn da nicht gleich überfordern.“
„Kai!“, empörte sich Susanne lachend. „Ich dachte auch nicht ans Gaytronic oder einen dieser ominösen schwulen Tanzschuppen. Da würden die mich wohl ohnehin kaum reinlassen, oder?“
„Hey, es gibt auch jede Menge heiße Lesben“, gab Kai zurück und grinste, als er Susannes empörtes Schnauben hörte. „Dirk würde vor Eifersucht sterben, wenn mich nur eine nett ansehen würde. Dem würde wohl ein schwuler Club gerade recht sein. Da droht keine Gefahr.“ Sie lachte hell auf. Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile, bis im Hintergrund ein hungriger Dirk auftauchte und sein Recht auf ein warmes Mittagessen einforderte.
Kai telefonierte gleich darauf mit Leon und fragte, ob es okay wäre, wenn sie mit zwei Autos hinfahren würden. Im Hintergrund vernahm er die üblichen Stallgeräusche.
„Klar, warum denn nicht?“ Leon macht ein beruhigendes Geräusch.
Weitere Kostenlose Bücher