Mecklenburger Winter
Laufmasche.“ Kai verzog den Mund. Den Spitznamen hatten ihm seine Freunde vor einer Ewigkeit gegeben. Leon blickte überrascht hoch und grinste prompt. „Laufmasche?“ So was von klar, dass der Kleine darauf anspringt.
Susanne schenkte ihnen Wasser ein und lächelte. „Kais Spitzname. Ich glaube sein damaliger Freund hat mal irgendwann behauptet, er hätte eine totale Macke wegen dem Laufen und aus der Laufmacke, ist dann irgendwie Laufmasche geworden.“ Sie und Dirk lachten. Kai grinste schief, registrierte sehr wohl, das Leon ihm einen hastigen Blick zuwarf und sich sofort über sein Essen hermachte.
Störte es ihn, zu wissen, dass Kai einen Freund gehabt hatte? Das war nichts Neues. Kais unvorsichtiges Herz wollte gerne glauben, dass Leons Mundwinkel aus Eifersucht zuckten. Aber was wusste schon sein Herz? Das steckte zu gerne mit den Hormonen unter einer Decke und heckte Intrigen aus.
„Was macht denn dein Training?“ Susanne unterbrach seine Gedankengänge. „Bei dem Wetter bist du doch bestimmt nicht so gut vorangekommen, wie du wolltest, oder? Wann ist dein erster Wettkampf?“
„In zwei Wochen“, gab Kai zerknirscht zu. „Und ich hänge verdammt hinterher. Nun ja, es ist nichts Wildes, nur ein einfacher Marathon. Ich nutze ihn als Training. Mit dem Radfahren hänge ich total hinterher und zum Schwimmen muss ich immer nach Schwerin fahren, da habe ich mich tatsächlich etwas vor gedrückt.“
Bald schon unterhielten sie sich über die kommende Saison. Susanne band auch Leon immer wieder ins Gespräch ein, der jedoch sehr einsilbig antwortete. Kai beglückwünschte sich dazu, dass er Susanne informiert hatte und sie das Thema Pferd und Turniere geschickt umging. Erst als er ihr in der Küche mit dem Aufräumen half, während Leon im Bad verschwunden war, sprach sie ihn drauf an.
„Da läuft was zwischen euch“, stellte sie fest und Kai war sich nun ganz sicher, dass Frauen einen siebten Sinn hatten. Zumindest was schwule Männer anging. Er tat erstaunt, doch sie winkte ab. „Ach Kai, man sieht dir an deiner frechen Nasenspitze an, dass du völlig verliebt bist. Du lässt ihn kaum aus den Augen, küsst ihn mit jedem deiner Blicke.“ Grinsend nahm sie ihm einen Teller ab, der sich gefährlich der Tiefe entgegen bewegte und seufzte: „Ich habe dich lange nicht mehr so erlebt. Nicht seit Paolo dich verlassen hat.“ Kais Mund wurde augenblicklich zu einer harten Linie. An den wollte er gar nicht mehr denken. Das war Vergangenheit. Und ein Reinfall.
„Außerdem: Wer, der nicht hoffnungslos verknallt ist, würde für einen Freund ein Pferd zurückkaufen wollen? Das kann nur dir einfallen. Es ist eine tolle Geste, auch wenn sie völlig verrückt ist“, fuhr Susanne fort.
„Und leider auch dumm, weil ich es mir nicht leisten kann. Ja, streu Salz in meine Wunden. Mann, ich hätte ihm so gerne seine Bella zurückgegeben. Ich habe gesehen, wie sehr er an ihr hängt.“ Kai seufzte. „Dieser Vater ist so was von gefühlskalt, dass er ihm gerade seinen Liebling verkauft. Du hättest Leon erleben sollen, wie er mit diesem Pferd umging. Das war mehr als ein Tier. Das war seine Freundin. Dieser Mann hat kaum ein gutes Wort für ihn übrig, putzt ihn ständig runter. Es macht mich irre wütend. Ich könnte ihn ...“ Er brach ab und schluckte den Rest hastig hinunter.
In der Tür stand Leon, seine Kulturtasche an sich gedrückt und sah ihn aus großen Augen betroffen an.
„Ach verdammt“, schimpfte Kai sich selbst aus. Immer so emotional. Er war ein Vollidiot und Leon musste alles mitbekommen. Ganz toll. „Es tut mir leid, aber so denke ich nun mal, Leon“, erklärte er betreten. Dieser nickte nur, machte hingegen keine Anstalten, näher zu kommen.
„Er hatte seine Gründe“, meinte er leise. „So ist das nun einmal im Pferdegeschäft. Manchmal muss man sich auch trennen können. Gute Nacht.“ Er wandte sich ab und ging in ihr Zimmer. Kais Blick folgte ihm betroffen, prallte an den hochgezogenen Schultern ab.
„Mist“, kommentierte er. Susanne legte ihm den Arm um die Schultern und drückte ihn einmal kurz. „Niemand hört gerne was Schlechtes über seinen Vater.“
„Aber er ist wirklich ...“, Kai biss sich auf die Zunge und schluckte die nicht druckreifen Sprüche hinab. „Er weiß gar nicht, was er an seinem Sohn hat.“
„Du schon.“ Susanne lächelte ihn an. „Und ich glaube auch Leon weiß, was er an dir hat. Los, geh ihm nach. Wir sehen uns morgen zum
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