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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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alles vorbereiten. Du weißt ja genau, wie ich es haben will“, meinte Feuerdirk abwesend, ganz in die Betrachtung der Bilder versunken. Joschi wandte sich ab und Kai sah ihm nachdenklich hinterher. Scheiße, der letzte, mit dem ich so etwas wie Mitgefühl haben will, ist definitiv Joschi. Solch edle Gefühle standen diesem nicht zu. Doch dieser dämliche Gedankenvirus hatte sich hartnäckig eingegraben.
    Dirk war Künstler mit Leib und Seele, Joschi schon sehr lange so etwas wie seine Muse und definitiv sein bevorzugtes Model. Sie arbeiteten seit vielen Jahren eng zusammen, reisten quer durch die Welt zu gemeinsamen Shootings. Vielleicht lief da noch mehr? Verdammt, darüber wollte er gar nicht nachdenken. Kai schüttelte sich und legte spontan den Arm um Leon.
    „Du hast es überlebt.“ Grinsend stieß er ihn in die Seite. „War gar nicht so schlimm.“ Ohne Pferd wirkte Leon nur halb so sicher, dennoch lächelte er zurück und nickte. „Habe es mir schwerer vorgestellt.“
    „Na, du hast ja auch immerhin deine Unterhose anbehalten dürfen.“ Kai lächelte und strich Leon eine Strähne zurück. „Trotzdem sahst du unglaublich sexy aus.“
    „Ganz ohne wäre es da oben auch ziemlich unbequem geworden. Ich habe jetzt noch Bens Haare überall hängen. Das juckt ganz schön.“ Kais Gedanken wanderten in sehr gefährliche Regionen und er presste hastig die Lippen aufeinander. Nicht hier, nicht jetzt. Später. Da würde er sich auf die Suche nach jedem einzelnen weißen Haar machen.
    Hinter ihnen erklang ein Schnauben. Susanne hielt Ben an der Hand, dem das Ganze offenbar langweilig wurde.
    „Alles klar? Sind wir fertig? Dirk?“ Susanne riss den Fotografen aus seiner Fotowelt in die Realität zurück. „Hm, ja. Ich glaube, ich habe alles. Ihr könnt das Pferd wegbringen. Und danke.“ Feuerdirk hob den Kopf und lächelte. „Kommt ihr eigentlich heute Abend noch vorbei? Ich organisiere eine kleine Party mit Barbecue.“ Er strich sich die Haare zurück und sah fragend von einem zum anderen. Susanne schüttelte bedauernd den Kopf. „Dirk hat doch morgen einen Wettkampf, da werden wir früh los müssen. Leider ohne uns. Was ist mit euch?“
    Leon schüttelte ebenfalls den Kopf. „Ich fahre noch mit zu Christel, Ben abliefern, muss aber heute Abend wieder auf dem Hof sein.“ Kai sah ihn überrascht an. Er war davon ausgegangen, dass Leon mit ihm heimfahren würde, sie eine weitere Nacht gemeinsam hatten, in der dieser den Tiger rauslassen durfte. Betreten schaute ihn Leon an, hob die Schultern und erklärte entschuldigend: „Meine Mutter ist bei ihrer Schwester übers Wochenende und ich habe ihr versprochen, heute Abend zu füttern.“
    Zwar versuchte Kai die Worte noch aufzuhalten, doch sie kamen viel zu schnell, mogelten sich an seiner inneren Zensur vorbei, die kurzfristig von dem Schillern der geplatzten Seifenblasen irritiert war: „Und dein Vater kriegt den Arsch nicht hoch, selbst zu füttern? Der gönnt dir echt kein bisschen Freizeit.“ Leon zuckte zusammen und blickte ihn betroffen an. Sein Adamsapfel hüpfte, während er heftig schluckte.
    „Es tut mir leid“, meinte er leise. „Aber er vergisst es manchmal, wenn er fernsieht. Da bin ich lieber da. Sonst bekommen die Pferde nichts.“
    Kais Staudämme waren überlastet. Risse zeigten sich in seiner Geduld, Enttäuschung drang hinterhältig in jeden feinen Spalt, weichte seine Vorsätze auf, spülte den Mörtel der Selbstbeherrschung davon. Susanne spürte die Gefahr mit feinen Frauensinnen und zog sich rechtzeitig zurück: „Ich bringe schon mal Ben zum Anhänger. Ihr klärt das bestimmt auch ohne mich.“
    „Kai, es tut mir echt leid. Ich ...“, begann Leon, brach abrupt ab, als ihn dieser hart am Arm ergriff und mit sich zog. Außerhalb der Scheune, sicher vor Zeugen, stieß er Leon an die Wand und umklammerte dessen Oberarme.
    In Kai brodelte es. Die Wassermassen der Enttäuschung prallten gegen seinen wackeligen Staudamm und brachten die Konstruktion endgültig zum Einsturz. Kalte Wut kroch aus seinem Magen und vergiftete sein Denken.
    „Dein Vater ist ein fauler, egoistischer, homophober Mistkerl, der dich nur ausnutzt. Er gönnt dir nichts, macht dich dauernd fertig und trotzdem kriechst du immer wieder hin. Leon, du musst ihm endlich mal die Meinung sagen!“
    Leon schwieg, senkte betroffen den Blick. Sein Unterkiefer mahlte, seine Lippen bebten und Kai spürte die Anspannung unter seinen Fingern. Verdammt noch einmal, wo ist der

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