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Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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Chancen um einhundert Prozent verbessern“, seufzte Kai, während sie nach oben gingen. Angie lachte und boxte ihn in die Seite. „Ich würde dir zutrauen, dass du in nur einem Tag den Süßen mit meinen weiblichen Vorzügen bezirzt und es trotzdem schaffst, ihn derart zu verschrecken, dass er nie wieder mit einer Frau was zu tun haben und sich am kommenden Tag lieber in dein Bett verirren würde.“ Erneut lachte sie auf.
    Kai lächelte schief, zuckte scheinbar verlegen die Schultern. „Verdammt! Was hat mich verraten? Genau das war mein Plan.“
    „Weibliche Intuition“ Angie nahm ihre Jacke vom Garderobenständer. „Ach Kai. Es gibt so viele Typen. Warum müssen wir immer an den Falschen geraten?“
    „Gute Frage“, brummte dieser und zog sich ebenfalls an. „Mein Schwarm gehört auch noch zu der verschwindend geringen Anzahl an Heteros da draußen, wohingegen du einer überwältigend großen Masse an Schwulen gegenüberstehst. Ziemlich unfair würde ich sagen.“
    „Sei bloß nicht so sarkastisch. Finde du mal unter den Heteromännern auch nur einen, der halbwegs nett und umgänglich ist. Scheint bei Schwulen öfter vorzukommen.“
    „Du kannst eben nicht alles haben“, konterte Kai feixend.
    Sie verließen das Studio und Kai schloss ab. Es war wieder eisig kalt geworden, die Luft voller Eiskristalle, die sich augenblicklich scharfkantig in die ungeschützte Haut krallten. Im Licht der Straßenlaternen glitzerten sie kurz auf, um sich dann hämisch zu dem Rest der weißen Massen zu gesellen. Es roch nach weiterem Schnee.
    „Ich hasse Winter“, wiederholte Kai genervt und zog den Kragen höher. „Es muss ja irgendwann Frühling werden“, kam es undeutlich von Angie, die ihr Gesicht fast vollständig verhüllt hatte. Nur ihre Augen blitzten durch den schmalen Streifen unbedeckter Haut. Fröstelnd zog sie den Schal noch enger.
    „Sobald es über null Grad ist, erkläre ich den Frühling für angebrochen“, antwortete Kai, zog sich seine Handschuhe an und klopfte die Hände aneinander. „Ab zehn Grad haben wir dann Sommer.“ Angies Lachen klang gedämpft. „Bis Montag, Kai. Genieße dein Wochenende.“
    Kai ging seufzend zu seinem eingefrorenen Auto und verbrachte fünf Minuten damit, die Windschutzscheiben abzukratzen. Es war auch im Auto viel zu kalt und erst auf der Landstraße weit hinter Ludwigslust, kroch die Wärme der auf Hochtouren laufenden Heizung an seinen Beinen nach oben.
    Genieße dein Wochenende , dachte Kai zynisch. Einsam, langweilig und nur mit deiner Hand als Kamerad und Bildern im Kopf. Tolle Aussichten. Warum nur ist das Leben so grausam zu mir?  
    Ob Leon sich überhaupt noch bei ihm melden würde? Immerhin waren sie nur Zufallsbekanntschaften. Im Grunde hatten sie nicht viel gemeinsam und Leon hatte gewiss andere Freunde, mit denen er Zeit verbringen konnte. Vielleicht wollte er keinen Kontakt mehr zu Kai haben?
    Hartnäckig kursierte der Gedanke, dass Leon sehr wohl interessiert war. Zumindest so ein winziges, kleines bisschen. Einfach noch ein paar Tage abwarten und dann melde ich mich bei ihm. Wenn er kein Interesse hat, nun gut, muss ich damit leben, dass dieser Süße tatsächlich ein unerreichbarer Hetero war. Gay Radar hin oder her, es hat mich auch schon vorher mal getäuscht.  
    Gegen 18 Uhr hielt Kai vor seinem Haus. Es hatte erneut angefangen zu schneien, wie beinahe jede Nacht in diesem endlosen Winter. Seufzend griff Kai nach seiner Tasche und holte tief Luft, bevor er sein warmes Auto verließ. Nahezu lautlos rieselten die Schneeflocken herab und bedeckten bereits auf dem Weg zur Haustür sein Auto. Montag würde er es freischaufeln müssen. Kai wollte seine Tasche abstellen und hangelte nach dem Schlüssel, als er eine Bewegung im Hauseingang wahrnahm. Der Bewegungsmelder sprang prompt an und entgeistert starrte Kai auf die Gestalt.
    „Leon?“ Tatsächlich. Eingehüllt in Daunenjacke und Schal, dennoch mit blau verfrorenen Lippen und schlotternd. „Hey Kai.“ Selbst seine Stimme schien zu zittern.
    „Was zur Hölle machst du hier in der Kälte?“ Fassungslos sah Kai ihn an. „Hast du etwa auf mich gewartet? Warum hast du nicht angerufen?“ Sieht so aus, als ob er hier schon eine ganze Weile herumhockt. Er muss völlig ausgekühlt sein.  
    Leon senkte schuldbewusst den Blick. „Ich ...“, begann er zögernd, doch Kai unterbrach ihn resolut: „Moment, lass uns erstmal reingehen.“ Verdammt, er zittert so sehr, dass seine Zähne klappern. Er muss

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