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die technische Entwicklung anzuschließen und die digitale Spaltung nachhaltig und zukunftssicher aufzuheben. Wenn sich – als Nebeneffekt – mehr Menschen vorstellen könnten, aufs Land zu ziehen, ist das doch positiv.“ Vorausgesetzt, diese pendelten nicht zweimal pro Woche wieder in die Stadt, dann seien die Vorteile selbst umweltfreundlicher Technologie wieder aufgebraucht.
Derweil erfinden sich überall auf der Welt derzeit Dörfer mithilfe von schnellem Internet in malerischen Häusern oder rustikalen Bauernhöfen neu – als Lebensmittelpunkt nomadischer Überallarbeiter, die abseits der Großstädte Naturfrieden mit Leistungseffizienz verbinden wollen. Coletta di Castelbianco, ein mittelalterliches Städtchen an der italienischen Riviera, gilt schon seit einiger Zeit als Vorzeigebeispiel der komplett breitbandig angebundenen Idylle, in der die aus den Großstädten geflohenen Wissensarbeiter das Landleben mit hoch qualifizierten Jobs verbinden. Zevillage in der Normandie hat sich sogar auf dem Ortsschild in „zevillage.net“ umbenannt und rühmt sich, Frankreichs erstes Onlinedorf zu sein. Zwischen Kühen und Treckern leben hier Telearbeiter, die dem hektischen Paris entkommen sind.
Die Kreative Klasse siedelt sich also nicht nur in großstädtischen Szenevierteln an, wie das der Wissenschaftler Richard Florida in seiner These der „Spiky World“ behauptet, sondern mag durchaus ins Grüne ziehen. Ländliche Regionen und Dörfer können mitmachen beim Kampf um gut ausgebildete Wissensarbeiter. Vorausgesetzt, sie sind online. Sonst passiert, wovon Hans-Heinrich Jordan erzählt: „Aktuell gibt es in meinem Wahlkreis den Fall, dass ein Architekturbüro umziehen muss, da die verfügbare Internetbandbreite auf dem Land nicht mehr ausreicht. Solche Unternehmen würden sicherlich im ländlichen Raum bleiben, wenn die Voraussetzungen stimmen.“
Stadt oder Land? Eine alte Frage, neu verhandelt
Um besser zu verstehen, was wirklich dran ist am neu erwachten Interesse Digitaler Nomaden für die deutsche Provinz, habe ich kürzlich ein Wochenende auf dem Lande verbracht. Für jemanden wie mich, der in Berlin Mitte wohnt, ist das durchaus ungewöhnlich. Ich wurde zwar in einer kleinen Stadt im Münsterland geboren und habe als Kind direkt neben Bauernhöfen gelebt – trotzdem oder vielleicht gerade deshalb zieht es mich heute in der Regel nicht in Dorfkneipen, wenn ich stattdessen in urbanen Cafés sitzen kann.
Allerdings beobachte ich seit einigen Jahren den Trend zum Sommer-/Ferienhaus unter jungen Großstädtern: In meinem Bekanntenkreis ist es gerade irrsinnig schick, sich ein Häuschen in der Märkischen Schweiz oder der Uckermark zu suchen (für Nicht-Berliner: Das sind idyllische Regionen etwa eine Stunde außerhalb der Hauptstadt). Und so war ich also am Wochenende bei Freunden in Buckow, bin am See spazieren gegangen, habe das 80-Quadratmeter-Appartement in der alten Villa am Waldrand bewundert und nicht zuletzt die Miete von schlappen 400 Euro
Zum angesagten Lifestyle einer modernen bürgerlichen Klientel gehört heutzutage nicht selten die Stadtflucht. Im Grünen gärtnern oder am Eigenheim werkeln – das hat in begüterten ehemals urbanen Kreisen nicht selten die Diskussion um das neueste Restaurant, den besten Klub oder die schickste Boutique abgelöst. Manch früher überzeugter Großstädter sucht das gute Leben nun im nahe gelegenen Dörfchen oder in der Datsche mit Autobahnanschluss zur City.
„Why we’re going back to the farm“ titelte die Zeitschrift Monocle , die ansonsten eher globale Großstadttrends thematisiert, im Juni 2009 und schrieb über japanische Hipster, die das Landleben entdecken, neue Konzepte für israelische Kibbuzim, libanesische Ökobauern und ein junges Turiner Paar, das in den Hügeln des Piemont eine Farm gekauft hat, um künftig Schafskäse zu produzieren: „Wir schauen uns an, wie das Bestellen des Landes nicht nur eine Lifestyleoption ist, sondern ein solides Geschäft“, so Herausgeber Tyler Brûlé im Vorwort.
Auch näher am Mainstream operierende Medien befördern den Trend zum lauen Landleben. In Deutschland gilt die Zeitschrift Landlust mit einem bukolischen Themenmix rund um Natur, Garten und dörfliches Wohnen als derzeit weitaus größter Branchenerfolg bei Lesern und Anzeigenkunden. Nicht selten legen die neu konvertierten Provinzapologeten dann auch selbst Hand an, wenn es um das neue Heim im Grünen geht: „Baumärkte erleben einen Ansturm auf
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