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Medaillon des Schicksals (German Edition)

Medaillon des Schicksals (German Edition)

Titel: Medaillon des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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auch der Priester hat schon gefragt. Was soll ich denen sagen? Dass mein Mann seit unserer Hochzeit erst zweimal bei mir gelegen hat?«
    Rosaria nickte verstehend. Dann holte sie von ganz hinten aus dem Wagen ein winziges Fläschchen mit feuerrotem Öl und reichte es der jungen Frau.
    »Gebt ihm davon einen Tropfen am Abend in sein Mahl und seht, dass er nicht zu viel Chianti dazu trinkt.«
    »Was ist das?«
    »Es ist eine Mischung aus Olivenöl und einem Gewürz, welches die Araber Chili nennen. Es ist sehr scharf und geht direkt ins Blut. Ich habe es im letzten Jahr auf der Gewürzbörse in Florenz von einem Händler gekauft, der übers Meer kam. Das Öl habe ich selbst hergestellt. Glaubt mir, es hat schon einigen geholfen.«
    Die junge Frau kramte in ihrer Börse nach ein paar Scudi, um das Öl zu bezahlen, doch Rosaria winkte ab.
    »Kein Geld, kleine Signora. Für die Liebe bezahlt man nicht. Nehmt es und geht schnell nach Hause. Im nächsten Jahr dürft Ihr mir dann Euer Kind zeigen.«
    Dankbar küsste die junge Frau Rosaria die Hand. »Gott segne Euch für Eure Güte!«
    Dann schob sie das winzige Fläschchen unter ihr Brusttuch und lief mit eiligen Schritten in die Dunkelheit.
    Lächelnd sah Rosaria ihr nach, doch als sie daran dachte, was die junge Frau wohl heute Abend noch erleben würde, entrang sich ihr ein Seufzer, und das Lächeln auf ihrem Gesicht verlosch.
    Es war üblich, dass sich die Händler und Gaukler am Abend nach einem langen Markttag am Feuer zusammenfanden. Sie erzählten einander, was sie am Tag erlebt hatten, es wurde gesungen und dazu auf der Laute gespielt. Die Bewohner der kleinen und größeren Städte, ganz besonders die jungen, setzten sich oft dazu, lauschten den Liedern und Erzählungen und berichteten aus ihrem Leben.
    Auch heute versammelten sich die Mitglieder der Wagenkolonne um das Feuer, sobald der letzte Beifall für die Abendvorstellung der Schauspieler verklungen war.
    Raffael hatte seine Laute dabei, und als alle einen Becher Wein in der Hand hielten und sich die Müdigkeit und die sanfte Stille der Nacht ganz allmählich auf die Gemüter senkten, begann Rosaria leise zu singen.
    Wehmütig begrüßte sie den himmlischen Anflug der Nacht und beschwor die Liebe. Hatten am Anfang die Bewohner des Städtchens noch gealbert und geschwatzt, so herrschte nun vollkommene Stille. Alle Blicke hingen wie gebannt an Rosarias Lippen und lauschten ihren Liedern. Paare hielten sich umschlungen, die jungen Mädchen schauten sehnsuchtsvoll in das lodernde Feuer, und die jungen Burschen hatten Mühe, ihre Rührung zu verbergen, und konzentrierten sich auf ihre Weinbecher. Die Alten aber, die das Leben und die Liebe kannten, lächelten still und rückten enger zusammen.
    Schon nach dem ersten Lied waren alle am Lagerfeuer wie verzaubert. Jeglicher Streit und Unbill des Tages waren vergeben und vergessen, einzig die dunklen, köstlichen Geheimnisse der Nacht und der unstillbare Zauber gegenwärtiger, vergangener oder zukünftiger Liebe schwebte über dem Feuer und verwandelte die Gesichter der Versammelten, machte sie weich und schön.
    Jetzt stimmte Rosaria ein sehr bekanntes Lied an, ein Lied, das der toskanische Dichter Francesco Petrarca über hundert Jahre zuvor in Gedenken an seine große Liebe Laura geschrieben hatte. Schon bei den ersten Tönen trat ein Leuchten in die Gesichter der am Feuer Versammelten, denn Petrarca wurde in ganz Italien von Bauern und Adligen gleichermaßen verehrt.
Weh dem schönen Gesicht und weh den sanften Blicken,
weh dem anmutig-hoheitsvollen Gang,
und weh der Rede, die die wildesten und rauesten Gesellen
zähmte und Feige tapfer machte!
 
Weh auch dem süßen Lächeln, aus dem die Pfeile kamen,
die mir den Tod gebracht und alle Hoffnung nehmen.
Seele von Adel, eines Thorns wohl würdig, wäre sie dafür
nicht viel zu spät zu uns gelangt!
 
Für Euch nur will ich brennen, für Euch atmen,
denn Euer war ich, und Ihr wurdet mir genommen:
kein anderes Unglück schmerzt mich so wie dies.
 
In meinem Leben war höchste Lust die Hoffnung
Und das Sehnen, mit dem Ihr mich erfüllt:
Aber die Worte trug der Wind davon.
    Noch eine Weile, nachdem Rosaria ihren Gesang beendet hatte, herrschte Schweigen ringsum. Nur der Wind, der leise in den Bäumen raschelte, das anheimelnde Knistern des Feuers, die Glocken der nahen Kirche, die Mitternacht verkündeten, und so manch heimlicher Seufzer waren zu hören. Alle Anwesenden waren gerührt von der Schönheit der Worte

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