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Medaillon des Schicksals (German Edition)

Medaillon des Schicksals (German Edition)

Titel: Medaillon des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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sich.
    »Komm zu mir, Rosaria. Wie schön, dass du mich schon so zeitig am Morgen besuchst. Ja, ja, ich weiß, Morgenstund hat Gold im Mund. Wie es scheint, hast du das jetzt auch begriffen.«
    »Ich muss weg«, unterbrach Rosaria den Redefluss ihres Verlobten. »Der Conte will mir einen Hexenprozess machen. Hör nur, sie schlagen schon das Holz für den Scheiterhaufen.«
    Raffael begriff schneller, als Rosaria gedacht hatte. »Ich komme mit dir, Rosaria.«
    Die Olivenhändlerin nickte dankbar und beobachtete, wie Raffael ein paar Sachen in eine Satteltasche packte.
    »Ich hole die Pferde. Schnell, geh du und sag Ambra Bescheid.«
    Rosaria tat, was Raffael sagte, und schon kurze Zeit später preschten die beiden auf ausgeruhten Pferden den schmalen Weg ins Tal hinunter.
     
    Zur gleichen Zeit erwachte die Burg allmählich aus dem Schlaf. Die Küchentür wurde aufgestoßen, Mägde klapperten mit Töpfen und Pfannen. Knechte räumten die Reste des gestrigen Festes auf, der Kellermeister watschelte über den Hof zum Weinkeller, einen dicken Schlüssel am Hosenbund. Vom nahen Wald war noch immer das Schlagen der Äxte zu hören.
    Die Bediensteten wunderten sich. Wer brauchte mitten im Sommer schon Holz? Scheite für die Küchenfeuer gab es noch genug. Was sollte also der Lärm nur bedeuten?
    Auch Giacomo hörte das Schlagen der Äxte bis in seine Kammer. Die Arme unter dem Kopf verschränkt, lag er auf seinem Bett und betrachtete nachdenklich den samtenen Vorhang und die goldenen Troddeln daran.
    Er dachte an gestern, dachte an Rosaria. Sie war die Frau, die er liebte. Sie war die Frau, auf die er dennoch verzichten musste.
    »Aber ich will nicht auf sie verzichten!«, stöhnte er plötzlich, warf sich auf den Bauch und trommelte mit den Fäusten auf sein Kissen.
    »Ich will Isabella nicht heiraten! Ich will nicht! Warum dürfen Rosaria und ich nicht zusammen sein? Gibt es denn gar keine Möglichkeit? Was bedeutet schon eine Burg gegen die Liebe? Was sind schon Besitz, Macht und Erfolg gegen Verständnis, Treue und lebenslange Zweisamkeit?«
    Er stöhnte wieder und drehte sich dabei auf den Rücken. »Aber ich muss Isabella heiraten um meiner Mutter willen. Um Daria muss ich mich wohl nicht mehr sorgen, der junge Ritter wird um ihre Hand anhalten, da bin ich mir sicher. Aber Mutter! Wenn sie nicht wäre, dann würde ich es wagen. Dann würde ich sofort die Verlobung auflösen und mich mit Rosaria verheiraten. Auch wenn ich dann den Rest meines Lebens in einem alten Wohnwagen verbringen müsste.«
    In diesem Augenblick klopfte es an seine Tür, und ein Knecht trat ein und teilte ihm mit: »Eure Mutter verlangt nach Euch.«
    Giacomo dankte ihm mit einem Kopfnicken und sagte: »Richte ihr aus, ich werde in einer Viertelstunde bei ihr sein.«
    Der Knecht verschwand, und eine Viertelstunde später trat Giacomo seiner Mutter Donatella gegenüber. Als er sie erblickte, schrak er zurück.
    »Mutter!«, rief er erschüttert aus. »Mutter! Was ist geschehen?«
    Donatella di Algari stand vor ihm und schüttelte wortlos den Kopf. Tiefe Falten hatten sich in ihr Gesicht eingegraben, die Schultern hingen herab, der Rücken war gebeugt. Doch das war nicht das Schlimmste, denn die Contessa Donatella di Algari war über Nacht vollständig ergraut. Das lange, noch immer dichte Haar hing in weißen Strähnen an ihr herab. Ja, Giacomo sah richtig: Seine Mutter war im Verlauf einer einzigen Nacht zu einer alten Frau geworden, die dem Tod näher war als dem Leben. Eine Greisin stand vor ihm, eine Greisin von vierundvierzig Jahren.
    Giacomo wusste nicht, was er sagen sollte, doch das Herz in seiner Brust schmerzte bei diesem Anblick und zog sich zusammen. Kaum konnte er die Tränen zurückhalten. Er zog seine Mutter in die Arme und strich ihr über Rücken und Schultern. Er spürte, wie ihr Körper zitterte, fühlte auch, dass sie weinte. Es war ein Weinen, welches tief aus dem Innern kam, ein Weinen ohne jede Erleichterung, sondern ein Ausdruck größten Schmerzes.
    Ganz behutsam hielt er sie in den Armen und schwieg. Es gab keine Worte, die hier trösten konnten. Donatella ließ sich gegen die Brust ihres Sohnes sinken und wäre wohl gestürzt, hätte er sie nicht mit ganzer Kraft gehalten.
    Es dauerte lange, bis sich die Contessa beruhigte, lange, ehe Giacomo sie behutsam von sich lösen und zu einem Stuhl geleiten konnte. Er reichte ihr ein Glas Wasser und fragte erst, als sie getrunken hatte: »Mutter, um der Madonna willen, sagt mir, was

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