Medaillon des Schicksals (German Edition)
errichten. Aber er hatte keine andere Wahl, Isabella hatte ihn gezwungen. Wenn seine Frau das nicht einsehen konnte, bitte, dann war das ihre Sorge.
»Die Hexe brennt, Donatella. Es gibt nichts, das meinen Entschluss daran ändern könnte. Und Ihr werdet die notwendigen Papiere unterschreiben. Eure Unterschrift wird neben der meinen stehen, so, wie es sich gehört. Wagt bloß nicht, Euch meinem Wunsch zu widersetzen.«
Er drehte sich um und verließ wütend das Zimmer. Als die Tür hinter ihm ins Schloss krachte, ließ sich die Contessa auf ihr Bett sinken und weinte die bittersten Tränen ihres Lebens.
Doch dann sprang sie entschlossen auf. Sie hatte keine Zeit zum Weinen, keine Zeit für Bedauern oder Reue. Sie musste handeln. Jetzt! Rosaria, ihre Tochter, war in Gefahr, und sie war die Einzige, die sie aus dieser Gefahr retten konnte.
Schnell zog sie sich an, huschte durch die noch immer stillen Gänge der Burg, über den Burghof bis hin zum Wagendorf der Gaukler. Sie brauchte nicht lange, um Rosarias Wagen zu finden.
Behutsam öffnete sie die Tür und kletterte in den engen Raum, der noch in vollkommener Dunkelheit lag. Beinahe wäre sie gestolpert, als sie an ihre Bettstatt stieß.
Donatella di Algari beugte sich über die Liegende und rief sie leise beim Namen: »Rosaria, Rosaria, wach auf, schnell!«
Rosaria schreckte hoch und sah sich verwundert um.
»Contessa Donatella, Ihr?«, fragte sie und konnte dabei ihre Überraschung nicht verbergen. Was wollte die Contessa von ihr? Kam sie, um sie wegen ihrer Einmischung bei der Ankunft Isabellas zu schelten? Kam sie, um ihr Vorwürfe wegen des Liebestrankes zu machen?
Aber nein, die Contessa sah nicht aus, als wollte sie schelten. Besorgnis war in ihrem Gesicht zu lesen, Besorgnis und Verzweiflung.
»Du musst fliehen, mein Kind. Pack deine Sachen, so schnell es geht. Gut wäre es, fändest du einen Mann, der dich begleitet.«
»Warum? Was ist geschehen?«, fragte Rosaria.
»Isabella ... Sie ist rachsüchtig. Und sie weiß, dass Giacomo dich liebt.«
»Er liebt mich? Hat er das gesagt?«
Die Contessa schüttelte den Kopf.
»Nein, gesagt hat er nichts. Aber wer in seinen Augen lesen kann, hat es darin gelesen.«
Rosaria nickte. Ja, sie hatte es auch gelesen.
»Komm, eile dich, du hast nicht mehr viel Zeit.«
»Aber ich weiß noch immer nicht, warum ich von hier fort muss. Unsere Kolonne verlässt doch ohnehin am Vormittag die Burg. Warum kann ich nicht mit ihnen ziehen?«
»Isabella hat dich der Hexerei bezichtigt und verlangt, dass dir der Hexenprozess gemacht wird. Bald schon wird der Scheiterhaufen im Burghof errichtet. Der Conte hat nach dem Inquisitor geschickt.«
»Ein Hexenprozess? Mir? Aber ich habe doch nichts Unrechtes getan!«
»Ich weiß, mein Kind. Doch für Fragen ist jetzt nicht die Zeit. Eil dich, die Sonne geht schon auf.«
Das Drängen in der Stimme der Contessa ließ Rosaria ahnen, dass ihr Leben tatsächlich in Gefahr war. In fliegender Hast kramte sie ein paar Sachen zusammen. Doch plötzlich hielt sie inne. Sie wandte sich an die Contessa, hielt dabei ein Unterkleid in der Hand und fragte: »Warum tut Ihr das? Weshalb seid Ihr hergekommen und habt mich gewarnt?«
Die Contessa schloss für einen Moment die Augen. Das Leid auf ihrem Gesicht war so maßlos, dass sich Rosaria gequält abwandte.
»Frag nicht«, flüsterte die Contessa. »Geh so schnell wie möglich.«
Sie nahm Rosaria in den Arm und küsste sie zärtlich auf die Stirn. Dann ließ sie die junge Frau los, griff nach dem Medaillon an ihrem Hals und strich behutsam mit einem Finger darüber. Daraufhin drehte sie sich abrupt um und verließ in aller Eile den Wagen.
Rosaria stand reglos da. Noch immer hielt sie das Unterkleid in der Hand und schaute der Contessa nachdenklich hinterher. Vom nahen Wald drangen Geräusche zu ihr. Rosaria hörte, wie sich Äxte ins Holz schlugen.
Der Scheiterhaufen!, dachte sie angstvoll. Gehetzt sah sie sich im Wagen um. Plötzlich bekam sie Angst. Sie begriff, dass dies hier kein Spiel mehr war, sondern blutiger Ernst, der ihr das Leben kosten konnte.
Sie nahm nur eine Decke und einen kleinen Beutel, in dem sie ihre Kostbarkeiten aufbewahrte, dann verließ sie hastig den Wagen.
Geduckt rannte sie durch das Wagendorf. Vor Raffaels Unterkunft hielt sie inne, sah sich nach allen Seiten um und schlüpfte schließlich schnell ins Innere.
Raffael war schon wach. Grinsend hob er seine Decke und klopfte mit der Hand auf den Platz neben
Weitere Kostenlose Bücher