Medaillon des Schicksals (German Edition)
Jäger das Wild. Er dachte an seine Versprechungen, alle Schulden zu bezahlen, sobald Isabellas Mitgift zur Verfügung stünde. Wenn sie jetzt abreiste, dann hatte er mehr Probleme, als er bewältigen konnte und auf den Türmen seiner Burg würden in kürzester Zeit die Fahnen einer anderen Familie wehen. Bei diesem Gedanken stöhnte er auf. Er hatte geahnt, dass Isabella Panzacchi eine schwierige Schwiegertochter werden würde, doch hätte er gewusst, wie schwierig, dann ...
Nein, es war falsch, so zu denken. Isabella mochte so schwierig sein, wie sie wollte, und ihre Forderungen töricht – er, Conte Giovanni di Algari, musste sie erfüllen, um den Besitz seiner Großväter und Väter zu retten. Es ging hierbei nicht nur um Geld, sondern um die Ehre des ganzen Geschlechts.
Er seufzte und sagte schließlich ergeben: »Ich bitte Euch, bleibt, Isabella.«
Galant erhob er sich und führte die junge Frau behutsam zu ihrem Stuhl zurück.
»Erzählt, meine Schöne, was Ihr wisst.«
Isabella setzte sich wieder und berichtete: »Die Olivenhändlerin hat den Liebestrank verhext. Giacomo, der mir Minuten vorher seine Liebe gestanden hat, hat Rosaria den Trank gereicht, weil sie ihn verhext hat.«
Der Conte nickte. Er wusste, dass Isabella log, aber was nützte das? Sie hatte ihn in der Hand, und deshalb sagte er: »Eure Erklärung überzeugt mich. Ein Conte lässt sich nicht mit einer Gauklerin ein. Niemals und nicht einmal zum Spaß. Ihr habt Recht, sie muss ihn verhext haben.«
»Verhext, um Euch zu ruinieren«, setzte Isabella hinzu. »Um mich geht es nicht in diesem Spiel. Euch, Conte, will sie vernichten! Habt Ihr nicht seit Jahren eine unerklärliche Pechsträhne? Hat sich Eure Frau nicht von Euch abgewandt? Die Tochter entstellt? Der Besitz verfallen? Man sagt sogar, dass der Wein Eurer Weinberge nach Schwefel schmeckt.«
Ganz weit beugte sich Isabella vor, um dem Conte näher zu sein und ihm dabei einen Blick in ihren Ausschnitt zu gestatten. Sie wusste aus Erfahrung, dass ein solcher Blick zuweilen mehr bewirkte als das mächtigste Wort.
»Hexenwerk«, zischte Isabella. »Das alles ist Hexenwerk. Und nun ist die Hexe gekommen, um Augenzeuge Eures Untergangs zu sein. Ihr könnt es verhindern, Conte, aber sehr viel Zeit bleibt Euch nicht.«
Der Conte nickte. Was sollte er auch sonst tun?
Isabella sprach weiter.
»Denkt an Eure Tochter Daria. Seit Jahr und Tag war ihr Gesicht entstellt. Die besten Arzte und Heiler haben sich an ihr versucht – ohne Erfolg. Und nun kommt ein kleines Kräuterweib daher und vollbringt an ihr ein Wunder. Nein, Conte, das kann nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Auch das ist Hexenwerk.«
Der Conte, der sich nicht besonders für seine Tochter interessierte, hatte deren Veränderung nicht wahrgenommen.
»Sie ist nicht mehr entstellt?«, fragte er deshalb.
»Nein, ihr Gesicht ist glatt und weiß wie das meine. Ein junger Ritter aus dem nahen Chianti, Erbe der besten Weinberge, macht ihr den Hof. Eine gute Gelegenheit für Euch, die Verbindung mit einer stolzen Familie einzugehen. Die Hexe kann Euch auch diese Verbindung zunichte machen, wenn Ihr nicht handelt.«
»Was schlagt Ihr vor?«, fragte der Conte, bereit, auf alle Bedingungen Isabellas einzugehen.
Diese lächelte listig, beugte sich noch näher an Giovanni di Algari heran, sodass ihr duftendes Haar seine Wange streifte und auch den letzten Widerstand in dem Mann zum Erliegen brachte.
Isabella flüsterte in sein Ohr, und auf dem Gesicht des Conte zeichneten sich Überraschung und Anerkennung für die Tücke der Frau ab.
Wenig später verließ Isabella die Kammer des Conte, ging in das eigene Gemach und sank sogleich in einen tiefen, selbstzufriedenen Schlaf.
Der Conte aber wanderte noch lange in seiner Kammer umher, ehe auch er schließlich zu Bett ging. Die Forderung, die ihm Isabella ins Ohr geflüstert hatte, konnte er erfüllen, ohne sein Gesicht zu verlieren. Doch wenn er der jungen, herrischen Florentinerin jetzt nachgab, hatte er bald die Herrschaft über seinen Besitz an sie abgetreten. Unruhig wälzte sich der Conte hin und her, schreckte immer wieder aus einem leichten, von bösen Träumen durchsetzten Schlaf auf. Schließlich, als der Mond sich gerade anschickte, die Nacht zu beenden, und die Dämmerung sich wie ein leichtes Tuch über die Hügel legte, stand der Conte auf.
Er musste Isabella nachgeben, eine andere Wahl hatte er nicht. Dieses eine Mal würde er tun, was sie verlangte, um die
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