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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Früchten des Landes zu leben. Die Offiziere machten den Schah darauf aufmerksam, daß zweifellos Läufer ausgeschickt worden waren, um Verstärkungen heranzubringen, aber die nächste bekannte indische Garnison befand sich in dem sechs Tagereisen entfernten Sehwan.
    »Ihr müßt den Wald durchkämmen und säubern«, befahl Alã. Die gut fünfhundert Perser wurden in zehn Einheiten von Fußsoldaten zu je fünfzig Mann aufgeteilt. Sie verließen das Dorf und durchstreiften den Busch, um ihre Feinde aufzustöbern, als jagten sie Wildschweine. Wenn sie auf Inder stießen, war der Kampf heftig, blutig und zäh. Alã befahl, alle persischen Gefallenen aus dem Wald zu entfernen, damit der Feind sie nicht zählen und daraus schließen konnte, daß die Stärke des persischen Stoßtrupps abnahm. So wurden also die persischen Toten in den grauen Staub einer Straße nach Kausambi gelegt, um von den Gefangenen aus Mansura in Massengräbern bestattet zu werden. Die erste Leiche, die zu Beginn der Kämpfe aus dem Wald herausgetragen wurde, war die des Stadthauptmanns Khuff. Er war von einem indischen Pfeil, der ihn im Rücken traf, getötet worden. Als strenger, ernster Mann und Stütze des Heeres war er schon zu Lebzeiten eine Legende gewesen. Die Narben auf seinem Körper erzählten die Geschichte der verlustreichen Feldzüge unter zwei Schahs. Den ganzen Tag hindurch defilierten persische Soldaten an seiner Leiche vorbei, um sich von ihm zu verabschieden.
    Zweimal täglich wurden die Verwundeten auf einer Lichtung zusammengelegt, und einer der Feldschere ging mit einer Leibwache hinaus, leistete Erste Hilfe und brachte die Stöhnenden ins Dorf. Die Kämpfe dauerten drei Tage. Von den achtunddreißig in Mansura Verwundeten waren elf gestorben, bevor die Perser den Ort verlassen hatten, und weitere sechzehn hatten auf dem dreitägigen Marsch nach Kausambi ihr Leben ausgehaucht.
    Zu den elf Verwundeten, die dank der Behandlung von Mirdin und Rob überlebten, kamen nun während der drei Kampftage im Wald weitere sechsunddreißig. Siebenundvierzig weitere Perser fielen. Zuerst behandelten Mirdin und Rob die Wunden so, wie Ibn Sma es sie gelehrt hatte: Sie kochten Öl und gössen es so heiß wie möglich in die Wunden, um eine Eiterung zu vermeiden. Aber am Morgen des letzten Tages ging Rob das Öl aus. Er erinnerte sich, daß der Bader Fleischwunden mit Metheglin behandelt hatte. Also nahm er einen Ziegenschlauch mit starkem Wein und wusch jede neue Wunde mit dem alkoholischen Getränk, bevor er sie verband.
    An diesem Morgen hatten sofort nach Sonnenaufgang die letzten erbitterten Kämpfe begonnen. Am Vormittag traf eine neue Gruppe von Verwundeten ein, und Träger brachten einen Toten, der von Kopf bis Fuß in eine erbeutete indische Decke gehüllt war. »Hier kommen nur Verwundete her«, sagte Rob grob. Aber sie legten den Toten nieder und blieben verlegen wartend stehen, bis Rob plötzlich merkte, daß der Tote Mirdins Schuhe trug. »Wenn er ein Soldat gewesen wäre, hätten wir ihn auf die Straße gelegt«, erklärte einer von ihnen. »Aber er ist ein hakim , deshalb haben wir ihn zum hakim gebracht.«
    Sie erzählten, sie seien auf dem Rückweg gewesen, als ein Mann mit einer Axt aus dem Gebüsch hervorgesprungen sei. Der Inder hatte als ersten Mirdin getroffen und war dann getötet worden. Rob dankte den Männern, und sie entfernten sich. Als er die Decke vom Gesicht schob, sah er, daß es wirklich Mirdin war. Sein Gesicht schien verzerrt, es wirkte verdutzt und leicht wunderlich.
    Rob drückte Mirdins gütige Augen zu und band das lange Kinn hoch. Er dachte dabei nicht nach, bewegte sich wie ein Betrunkener. Von Zeit zu Zeit ging er weg, um die Sterbenden zu trösten oder die Verwundeten zu versorgen, er kam aber immer wieder zurück und setzte sich zu dem toten Freund. Einmal küßte er den kalten Mund, glaubte aber nicht, daß Mirdin dies merke. Das gleiche empfand er, als er versuchte, die Hand des Freundes zu halten. Mirdin war nicht mehr bei ihnen. Er hoffte, daß Mirdin eine seiner Brücken überquert habe.
    Schließlich verließ Rob den Toten und versuchte, blindwütig zu arbeiten. Ein Mann mit einer verstümmelten Hand wurde hereingebracht, und Rob führte die letzte Amputation dieses Feldzugs durch; er nahm die Hand dicht über dem Handgelenk ab. Als er gegen Mittag zu Mirdin zurückkehrte, hatten sich bereits Fliegen auf dem Leichnam niedergelassen.
    Er zog die Decke weg und sah, daß die Axt Mirdins Brust

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