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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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schließen. Der Mund war groß und blühend, wie alles an ihr, doch merkwürdig bewegt und ausdrucksvoll. »In welcher Sprache singt Ihr?«
    »In Gälisch, was wir Erse nennen.«
    »Das habe ich mir gedacht.«
    »Ach. Wie erkennt ein Sachse das Erse ?«
    »Was ist ein Sachse?«
    »Es ist unser Name für alle, die südlich von Schottland leben.«
    »Ich habe das Gefühl, dass das Wort kein Kompliment ist.«
    »Allerdings nicht«, gab sie zu, und diesmal lächelte sie. »Mary Margaret!« rief ihr Vater scharf. Sie ging sofort zu ihm, eine gehorsame Tochter.
    Mary Margaret!
    Sie musste ungefähr in dem gleichen Alter sein wie Anne Mary, wurde ihm beklemmend klar. Doch dieses Mädchen ist nicht Anne Mary, rief er sich ins Gedächtnis. Er musste aufhören, in jeder jungen Frau seine Schwester zu sehen, denn aus dieser Marotte konnte eine Art von Wahn werden.
    Ihr Vater war offenbar entschlossen, ihm in einem Gespräch noch einmal eine Chance zu geben, vielleicht weil Rob nicht wieder mit den Juden gesprochen hatte. Am fünften Abend, den sie unterwegs waren, kam James Cullen mit einem Krug Gerstenbranntwein zu Besuch, und Rob begrüßte ihn und nahm einen freundschaftlichen Schluck aus der Flasche.
    »Kennt Ihr Euch mit Schafen aus, Master Cole?« Cullen strahlte, als Rob verneinte, und war bereit, ihn aufzuklären. »Es gibt solche Schafe und solche Schafe. In Kilmarnock, dem Ort, an dem sich der Besitz der Cullens befindet, sind Mutterschafe oft nicht schwerer als zwölf Stone. Ich habe gehört, dass wir im Osten Schafe finden werden, die doppelt so schwer sind und langes Haar statt des kurzen haben - ein dichteres Vlies als die Tiere in Schottland, das so voll Fett ist, dass die Wolle, wenn sie gesponnen und zu Kleidung verarbeitet ist, den Regen abstößt.«
    Cullen wollte Zuchttiere kaufen, sobald er die besten fand, und sie nach Kilmarnock bringen.
    Das erforderte Geld, ein stattliches Betriebskapital, begriff Rob, und ihm wurde klar, warum Cullen drei Packpferde brauchte. »Ihr befindet Euch auf einer weiten Reise. Ihr werdet lange Zeit Eurem Besitz und Euren Schafen fernbleiben.«
    »Ich habe alles in der Obhut verläßlicher Verwandter zurückgelassen. Es war ein schwerer Entschluß, aber...
    Sechs Monate bevor ich Schottland verließ, habe ich meine Frau begraben, mit der ich zweiundzwanzig Jahre verheiratet gewesen war.« Cullen verzog das Gesicht und hob den Krug zu einem langen Zug an den Mund. Das erklärt ihren Gram, dachte Rob. Der Baderchirurg in ihm stellte die Frage, woran sie gestorben sei.
    Cullen hustete. »Sie hatte in beiden Brüsten Gewächse, harte Klumpen. Sie wurde blaß und schwach, verlor den Appetit und den Lebenswillen. Schließlich litt sie schreckliche Schmerzen. Es dauerte lange, bis sie starb, aber sie verschied doch, bevor ich mich darauf eingestellt hatte. Sie hieß Jura... Ich war sechs Wochen lang betrunken, doch das half mir nicht weiter. Jahrelang hatte ich davon geredet, dass ich in Anatolien erstklassige Zuchttiere kaufen wollte, aber nie gedacht, dass es dazu kommen würde. Nun beschloss ich einfach, mich auf den Weg zu machen.«
    Er bot Rob den Krug an und war nicht beleidigt, als dieser den Kopf schüttelte. »Zeit zu pissen.« Er lächelte freundlich. Da er bereits einen großen Teil vom Inhalt des Kruges getrunken hatte, musste Rob ihm beistehen, als er mühsam versuchte, auf die Füße zu kommen.
    »Eine gute Nacht, Master Cullen! Bitte, kommt wieder!«
    »Eine gute Nacht, Master Cole!«
    Während Rob ihm nachsah, fiel ihm ein, dass Cullen kein einziges Mal seine Tochter erwähnt hatte.

    Am folgenden Nachmittag wurde ein französischer Kommissionär namens Felix Roux, der achtunddreißigste in der Marschlinie, abgeworfen, als sein Pferd vor einem Dachs scheute. Er stürzte ungeschickt mit seinem vollen Gewicht auf den linken Unterarm und brach sich die Elle, so dass sie schief wegstand. Karl Fritta ließ den Baderchirurgen holen, der den Knochen einrichtete und den Arm ruhigstellte, was ein schmerzhafter Vorgang war. Rob versuchte, Roux klarzumachen, dass ihm der Arm beim Reiten zwar höllische Schmerzen bereiten, er aber dennoch imstande sein würde, mit der Karawane zu reisen. Schließlich musste er Seredy holen lassen, um dem Patienten zu erklären, wie er mit der Schlinge umgehen solle.
    Als Rob zu seinem Wagen zurückkehrte, war er nachdenklich. Er hatte sich bereit erklärt, mehrmals wöchentlich kranke Reisende zu behandeln. Obwohl er Seredy ein großzügiges

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