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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Männerfaust, Nase und Kinn waren anmutig, aber nicht zart.
    Gesicht und Arme hatte sie voller Sommersprossen, und Rob war nicht daran gewöhnt, dass eine Frau so groß war.
    Während er zu entscheiden versuchte, ob sie schön war, kam Fritta vorbei und sprach kurz zu Seredy.
    »Er möchte, dass Master Cole heute nacht die Wache übernimmt«, sagte der Dolmetscher.
    In der Dämmerung begann Rob daher, seine Runde zu machen, die bei Cullens Lager begann und acht Lager nach dem seinen aufhörte. Während er seine Runden drehte, sah er, aus was für einer merkwürdigen Mischung die Karawane bestand. Neben einem gedeckten Planenwagen stillte eine Frau mit olivenfarbiger Haut und blondem Haar ein Baby, während ihr Mann beim Feuer hockte und die Geschirre einfettete. Zwei Männer reinigten ihre Waffen. Ein Junge fütterte drei fette Hühner in einem primitiven Holzkäfig. Ein leichenblasser Mann und seine dicke Frau starrten einander an und stritten in einer Sprache, die Rob für Französisch hielt.
    Beim dritten Rundgang um sein Gebiet sah er, als er beim Lager der Juden vorbeikam, dass sie beisammen standen, hin und her schwankten und etwas sangen, was offenbar ihr Abendgebet war. Der Mond stieg groß und weiß aus dem Wald hinter dem Dorf. Rob fühlte sich gut aufgehoben und selbstsicher, denn er gehörte plötzlich einer Gemeinschaft von über hundertzwanzig Männern an, und das war etwas anderes, als allein durch ein fremdes, feindseliges Land zu reisen.
    Im Lauf der Nacht rief er viermal jemanden an, stellte aber jedes Mal fest, dass es nur ein Mann war, der das Lager verließ, um sein Bedürfnis zu erledigen.
    Gegen Morgen, als er unerträglich schläfrig wurde, kam Cullens Tochter aus dem Zelt ihres Vaters. Sie ging nahe an ihm vorbei, ohne seine Anwesenheit zu bemerken. Er sah sie deutlich in dem weißen Mondlicht. Ihre Kleidung wirkte sehr schwarz, und ihre großen, taunassen Füße sahen besonders weiß aus.
    Er ging möglichst geräuschvoll in die entgegengesetzte Richtung, doch gab er von ferne acht, bis sie unversehrt zurückkehrte, dann setzte er seine Runde fort.
    Beim ersten Licht verließ er seinen Posten und verzehrte rasch zum Frühstück etwas Brot und Käse. Während er aß, versammelten sich die Juden vor ihrem Zelt zum Gebet bei Sonnenaufgang. Vielleicht würde die Nachbarschaft noch anstrengend werden, denn sie schienen außerordentlich religiöse Leute zu sein. Sie schnallten sich kleine schwarze Büchsen an die Stirn und wanden dünne Lederriemen um ihre Unterarme, bis diese den Baderpfosten auf Robs Wagen ähnelten, dann versanken sie beängstigend in Tagträume und bedeckten ihre Köpfe mit Bettüchern. Er war erleichtert, als sie fertig waren. Da er die Stute zu früh eingespannt hatte, musste er warten. Obwohl die Gruppen an der Spitze der Karawane kurz nach Tagesbeginn aufbrachen, stand die Sonne schon ziemlich hoch, als schließlich er an die Reihe kam. Cullen ritt auf einem grobknochigen Schimmel voran, gefolgt von seinem Diener Seredy auf einer schmuddeligen grauen Stute, die drei Packpferde anführte.
    Warum brauchten die beiden Leute drei Packpferde? Die Tochter saß auf einem stolzen Rappen. Rob fand, dass nicht nur die Hinterbacken des Pferdes, sondern auch die der Frau großartig waren, und folgte ihnen gern.

Parsi
    Alle lebten sich schnell in die Routine der Reise ein. Während der ersten drei Tage betrachteten ihn die Schotten und die Juden höflich, ließen ihn aber in Ruhe. Vielleicht beunruhigten sie sein zerschlagenes Gesicht und die merkwürdigen Bilder auf seinem Wagen. Es hatte ihn nie gestört, allein zu sein, und so gab er sich zufrieden seinen Gedanken hin.
    Das Mädchen ritt ständig vor ihm, und er beobachtete sie unvermeidlich auch dann, wenn sie das Lager aufgeschlagen hatten. Sie schien zwei schwarze Kleider zu besitzen, von denen sie eines wusch, wann immer es möglich war. Sie war sichtlich ans Reisen gewöhnt und ließ sich von Unbequemlichkeiten nicht stören, aber ihrem Vater und sie umgab eine Aura von kaum unterdrückter Melancholie. Aufgrund ihrer Kleidung nahm Rob an, dass sie in Trauer waren. Manchmal sang Margaret leise. Am vierten Morgen, als die Karawane nur langsam vorankam, stieg sie ab und führte das Pferd, um sich die Füße zu vertreten. Rob sah auf sie hinunter, als sie neben seinem Wagen ging, und lächelte ihr zu. Ihre Augen schienen riesig, die Iris war tiefblau. Ihr flächiges Gesicht mit den hohen Backenknochen ließ auf Empfindsamkeit

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