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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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mit einem Mann schlafen könne, denn wenn sie es täte, würde sie ihre Heilkräfte verlieren. Verdammter Eingeborenenblödsinn, sagte er sich verzweifelt. Doch sie glaubte offensichtlich daran.
    Dann dachte er darüber nach, während sie den Maisbrei aßen und ihren herben Sauk-Kaffee tranken, der noch bitterer schmeckte als sonst. Der Gerechtigkeit halber musste er eingestehen, dass auch er sie verschmähen würde, wenn der Beischlaf das Ende seines ärztlichen Praktizierens bedeutete. Gegen seinen Willen musste er die Art bewundern, wie sie die Situation gemeistert hatte. Sie hatte es so eingerichtet, dass das Feuer seiner Leidenschaft gelöscht war, bevor sie ihm offen und ehrlich sagte, wie die Dinge standen. Eine höchst ungewöhnliche Frau, gestand er sich nicht zum erstenmal ein.
    An diesem Nachmittag drängten sich die Sauks in das hedonoso-te, in dem Rob die ganze Zeit gelegen hatte. Pyawanegawa hielt eine kurze, an seine Stammesbrüder gerichtete Ansprache, doch Makwa-ikwa übersetzte sie für Rob.
    »I’neni’wa. Er ist ein Mann«, sagte der große Indianer und verkündete, dass Cawso wabeskiou, der Weiße Schamane, von nun an ein Sauk und einer der Langen Haare sei. Für den Rest ihrer Tage würden alle Sauks Brüder und Schwestern von Cawso wabeskiou sein. Der Läufer von den Tapferen Männern, der ihn bewusstlos geschlagen hatte, nachdem das Stock-und-Ball-Spiel bereits gewonnen war, wurde nach vorne geschoben. Er grinste und scharrte verlegen mit den Füßen. Der Mann hieß Steinhund. Eine Entschuldigung kannten die Sauks nicht, doch sie kannten eine Entschädigung. Steinhund schenkte Rob einen Lederbeutel ähnlich dem, den Makwa-ikwa trug, nur dass er nicht mit einem Federreif, sondern mit Wildschweinborsten verziert war. Makwa-ikwa erklärte ihm, der Beutel diene dazu, sein Medizinbündel aufzunehmen, das sogenannte mee-shome, das nie jemand gezeigt werden dürfe, weil es die Sammlung geheiligter persönlicher Dinge sei, aus der die Sauks ihre Kraft und Stärke zögen. Damit er den Beutel tragen konnte, schenkte sie ihm einen Riemen aus vier gefärbten Sehnen, einer braunen, einer orangefarbenen, einer blauen und einer schwarzen, die sie als Schultergurt an dem Beutel befestigte. »Die Stränge heißen izze«, erklärte sie ihm. »Wann immer du sie trägst, können Kugeln dich nicht verletzen, und deine Anwesenheit wird die Ernte reifen lassen und die Kranken heilen.«
    Er war gerührt und gleichzeitig verlegen. »Ich bin glücklich, ein Bruder der Sauks zu sein.« Es war ihm schon immer schwergefallen, seinen Dank auszudrücken. Als sein Onkel Ranald ihm seinerzeit den Posten eines Operationsassistenten am Universitätskrankenhaus verschafft hatte, damit er während des Studiums chirurgische Erfahrung sammeln konnte, hatte er kaum ein paar Worte herausgebracht. Und jetzt ging es ihm nicht besser. Glücklicherweise lag auch den Sauks wenig an zur Schau getragener Dankbarkeit und ebenso wenig an Abschiedszeremonien, und so machte sich keiner etwas daraus, als Rob hinausging, sein Pferd sattelte und davonritt.
    Zu Hause in seiner Hütte unterhielt er sich damit, Dinge für sein geheiligtes Medizinbündel zusammenzusuchen. Einige Wochen zuvor hatte er im Wald einen kleinen, sauberen, weißen Tierschädel gefunden. Er hielt ihn für einen Stinktierschädel, die Größe schien zu passen. Gut, und was sonst noch? Etwa den Finger eines von der Nabelschnur erdrosselten Neugeborenen? Wassermolchauge, Froschzehe, Fledermauspelz, Hundezunge? Nein, er wollte sein Medizinbündel mit großer Ernsthaftigkeit zusammenstellen. Was waren die Dinge, die sein Wesen berührten, die Schlüssel zu seiner Seele, das mee-shome, aus dem Robert Judson Cole seine Macht bezog? Also legte er in seinen Beutel das geheiligte Erbstück der Cole-Familie, das Chirurgenmesser aus blauem Stahl, das sie Rob J.s Skalpell nannten und das immer an den ältesten Sohn ging, der den Beruf des Medicus ergriff. Was war ihm sonst noch von seinem früheren Leben geblieben? Die kalte Luft des schottischen Hochlandes konnte er nicht in den Beutel stecken, ebensowenig die warme Geborgenheit der Familie. Er hätte gern ein Bildnis seines Vaters besessen, da er dessen Gesicht schon lange vergessen hatte. Seine Mutter hatte ihm zum Abschied eine Bibel geschenkt, die ihm aus diesem Grund sehr viel bedeutete, doch sie passte nicht in sein meeshome. Er wusste, dass er seine Mutter nie wiedersehen würde, wahrscheinlich war sie schon tot. Ihm fiel ein,

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